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Zins-Futures
auf mittel- und langfristige Anleihen
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Zins-Futures
("interest rate futures") lautet der Sammelbegriff, unter dem
eine denkbar breit gefächerte Vielfalt an Zins-Terminkontraktgeschäften
verschiedenster zinsbarer Schuldtitel zusammengefasst wird. Unter dem
Gesichtspunkt der Fristigkeit bis zur Tilgung des unterliegenden Zinsinstruments
zerfallen Zins-Futures in zwei Hauptgruppen: a.) in Zins-Futures auf
ausgesuchte festverzinsliche Wertpapiere des Kapitalmarktes, wie Papiere
mittlerer Andauer und sog. Langläufer es sind, und b.) in Zins-Futures
auf kurzfristige Deckungsunterlagen des Geldmarktes, so etwa auf fungible
Geldmarktpapiere oder auf Zinssätze von Geldmarktkrediten in Form von
Termineinlagen. Im Mittelpunkt der folgenden Erörterungen stehen Futures
der Gattung a.): Terminkontrakte, die
festverzinsliche Wertpapiere
von mäßig bis außerordentlich langer Dauer (d.h.
auf Rentenschuldscheine, "Rentenpapiere", Obligationen, oder kurz: Anleihen;
engl. "fixed income securities", in Gestalt von "bonds"
und "notes") zum Gegenstand haben, so hauptsächlich lang dauernde
Staatsschuldpapiere ("government securities").*
[* Das Genauere
über Futures auf Geldmarktinstrumente
findet sich auf folgender Seite.]
Sämtliche der von den Börsen vorbereiteten
Zins-Futures sind, geradeso wie alle übrigen
Futures, von allem Anfang
an auf ausgedehnte Handelbarkeit zurechtgemacht. Es gilt dies ungeschmälert
von jedwedem börsengehandelten Terminkontraktgeschäft, so auch von Futures
auf Schuldtitel ("debt securities") jeder Artbeschaffenheit,
auf Geldmarktinstrumente gleichwie auf kaufmännische oder auf öffentliche
Leihkapitalien längerer Laufdauer (Anleihen, Notes, Bonds).
Überhaupt setzt ein formvollendeter, möglichst lebhafter und rechtssicherer
Handelsverkehr in Zins-Futures gleich zu Beginn eine weitreichende
Standardisierung voraus, das ist die inhaltliche Vereinheitlichung
der wesentlichen Bestandteile und bezeichnenden äußeren Eigenschaften
von Termingeschäften nach festliegendem Muster (Musterhandel).
Als Bezugsquelle und Maßstab für die Preisbildung
von Zins-Futures zu dienen befähigt sind, wie erwähnt, die Preise der
im Umlauf befindlichen schuldrechtlichen Wertpapiere, deren Zinssätze
so gut wie andere mit diesen in näherem Zusammenhang stehende Wesenseigentümlichkeiten.
Rechtsgrundlage jedes Zins-Futures
auf festverzinsliche Wertpapiere ("fixed-income futures",
Rentenmarkt-Futures, Rentenfutures) ist wieder ein wechselseitig bindendes,
rechtlich klagbares Terminkontraktgeschäft zwischen zwei Vertragsparteien
über den Kauf (= Long-Futures-Position) oder Verkauf (= Short-Futures-Position)
eines in seinen Merkmalen eindeutig umschriebenen zinstragenden Kapitalmarkttitels
von unstrittiger Bonität ("interest-bearing instrument"; "underlier",
Basisinstrument, Basistitel) in einem ganz bestimmten Nominalwert ("Kontraktvolumen",
"face amount", "principal value") auf einen festangesetzten
zukünftigen Zeitpunkt (den "Termin") und zu einem vorliegenden, bereits
bei Vertragsabschluss festgesetzten Preis*, der sich nach allseits
bekannten Regeln aus dem an der Börse ermittelten
Futureskurs berechnet. Die Beziehung zum
effektiv erreichbaren Anlagezinssatz (Anleiherendite) der Rentenpapiere,
die dem Zins-Futures unterliegen und die zu dessen Erfüllung künftig
zu liefern sind, wird nach dieser Begriffsbestimmung implizit hergestellt
durch den börslich festgestellten, regelmäßig in Prozentpunkten vom
Nennwert ("al pari") ausgedrückten Kurs des Futures ("futures
price").
[* Beachtung verdient
überdies die Rolle der Clearingstelle
("clearing house") bei der Abwicklung von Futuresgeschäften,
und im Zusammenhang damit auch die Auswirkungen des "marking
to market" auf die tägliche Wertfortschreibung von Zins-Futures-Kontrakten.]
Gleichviel nun, ob
Trader,
Hedger oder
Arbitrageur: Wer auf
den Terminmarkt tritt in der Absicht, sich auf ein Geschäft in einem
bestimmten Zins-Futures einzulassen, hat wegen der vorgängigen Normierung
aller übrigen Vertragspunkte nichts weiter nötig, als für die erwünschte
Zahl an Futures-Kontrakten im ausgewählten
Monatstermin einen für ihn
annehmbaren Terminkurs zu vereinbaren. Als privater Marktteilnehmer
wendet man sich zu diesem Zweck ganz einfach an ein
Finanzinstitut (Bank, Broker
oder anderer Finanzmittler) seiner Wahl, zunächst mit dem Ersuchen um
Eröffnung eines Handelskontos. Alles, was das Handelshaus nach vollendeter
Einrichtung und ausreichender Dotierung des Kontos jetzt noch zur Ausführung
des Geschäfts vom auftraggebenden Kunden bedarf, ist die eindeutige
Vergabe der betreffenden Orderspezifikationen. Über einen ordnungsgemäß
abgefassten Handelsauftrag (Order),
aus dem die einzelnen noch offen gebliebenen und zu vereinbarenden Bestandteile
eines Börsentermingeschäfts in Zins-Futures eindeutig hervorgehen, erhält
der Broker Kenntnis von der beabsichtigten Transaktion seines Kunden.
Alle übrigen sachlichen, räumlichen und zeitlichen Interessen der an
einem Zins-Futuresgeschäft beteiligten Parteien sind bereits durch den
im Voraus verhandelten Standardvertrag des Futures – mit besonderem
Bedacht auf den Geschäftsbrauch – für einen börsenmäßigen Handel festgeschrieben
und damit auch nicht mehr änderbar. Nach Weiterleitung der Order und
erfolgter Zusammenführung an der
Terminbörse gemäß den Ordervorgaben
des Auftraggebers begründet dies einen offenen Posten in Zins-Futures
zum bestehenden Marktsatz.
Solange nun ein solcher Posten in Zins-Futures
offen und damit noch unvollzogen und ungesichert ist, unterliegt er
dem vollen Kursrisiko: Der Marktwert der Position schwankt mit dem laufenden
Terminkurs des Futures bedingt durch den Hebeleffekt um ein fixes Vielfaches
der Einheit ("leverage"). Der Wert einer
Long-Position steigt
in gerader Linie mit diesem, der einer Short-Position sinkt in eben
diesem Verhältnis um ein entsprechendes. Sämtliche der von zwischenzeitlichen
Kursänderungen herrührenden Vermögensgewinne und -verluste bei den einzelnen
offenen Zins-Futures werden von Seite der der Terminbörse angeschlossenen
Clearingstelle (Liquidationskasse, "clearing house") zum Ende
jedes Börsentages buchmäßig verrechnet ("marking to market")
und den betreffenden Verrechnungskonten (Margin-Konto) gutgeschrieben
bzw. belastet. Ist die Beendigung eines bestehenden Verpflichtungsgeschäfts
in Zins-Futures gewollt, so reicht die Einleitung eines dem entsprechenden
Gegengeschäfts ("reversing-trade",
"offsetting trade") durch Erteilung einer zweiten, schließenden
Order (Gegenorder) zur Börsenzeit aus, um die betreffende Position zu
egalisieren. Nach Lösung von dem Verpflichtungsgeschäft in Zins-Futures
durch Eindeckung einer Short- bzw. Glattstellung einer Long-Position
erfolgt sodann letztmals der finanzielle Ausgleich, woraufhin der fragliche
Posten als endgültig geschlossen gilt. Er ist damit aus dem Markt, weitere
Ansprüche und Verpflichtungen bestehen für den Futures-Händler jetzt
keine mehr. Ein Beispiel:
Am 1. Juli d.J.:
Kauf von 5 September-Euro-Bund-Futures
zu 126,40.
Am 8. Juli d.J.:
Verkauf von 5 September-Euro-Bund-Futures zu 126,96.
Die verwirklichte
Kursdifferenz beläuft sich hiernach auf 0,56 Prozentpunkte bezw.
56 "ticks". Der Wert
je eines "tick" im Euro-Bund-Futures beträgt gemäß der Kontraktausgestaltung
der Eurex stets genau 10€.
Es ergibt sich hieraus ein Spekulationsgewinn von 56 x 10 =
560€ je Kontrakt.
Der Terminhändler hat insgesamt fünf Kontrakte gehandelt. Er
verzeichnet aus seinem Trade mit Zins-Futures folglich einen
Gesamtgewinn von 2800
€ (vor Steuern), welcher, wie üblich, unter börsentäglicher
Verrechnung dem Trading-Konto des Händlers, nach Abzug der gewöhnlichen
Spesen, gutgeschrieben wird.
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Basistitel von Futures
auf festverzinsliche Wertpapiere
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Als Basistitel ("underlying") für
Rentenmarkt-Futures kommen dem Grundsatz nach sowohl tatsächlich begebene
festverzinsliche Wertpapiere von mittelmäßig langer oder langterminlicher
Fristigkeit in Betracht, die zugleich von bester Bonität sind, als auch
die damit zusammenstimmenden rein idealtypischen, künstlichen, die sogenannten
"synthetischen" Anleihen. Unter einer "synthetischen Anleihe" versteht
man im trennenden Unterschied zu den tatbestandsmäßig* (zum Teil
noch in Gestalt von Wertpapierurkunden physisch) verkörperten Schuldtiteln
einen dem inneren Aufbau nach damit verwandten, auch sonst völlig gleichwertigen,
indes abstrakten, in seinen Ausstattungsmerkmalen bereits vordefinierten
Titel (Finanzkonstrukt). Aus finanzwirtschaftlicher Sicht erzeugen beide
Einkleidungen von zinsbaren Finanztiteln bei gleichartiger Ausgestaltung
und bei gegebener Zinsstruktur äquivalente Zahlungsströme. Unter diesem
Blickwinkel wäre es im Wesen der Sache belanglos, ob der einem Zins-Futures
untergeschobene Titel leiblich verkörpert oder bloß von gegenstandsloser
Natur ist.
[* Festzuhalten
ist, dass die begebenen Staatsanleihen der weitaus meisten Länder nicht
mehr in körperlicher Gestalt auf bedruckten papiernen Urkunden unter
Glas und Rahmen vorliegen, sondern zur Kosteneinsparung und zur Beförderung
ihrer Übertragbarkeit lediglich als abgezogene Verfügungsrechte (Schuldbuchforderungen,
Wertrechte) in den Büchern oder nur als Datei ("computer record file")
bestehen und im Transaktionsfall über den Giroverkehr ("wire transfer",
Buchumschreibung) der Finanzinstitute in Austausch treten. Seitdem Wertpapiere
gesetzlich auch auf elektronischem Wege begeben werden können ("elektronische
Wertpapiere"), führen urkundliche Schriftstücke selbst allenfalls noch
als bei einer Sammelverwahrungsstelle hinterlegte Globalurkunden ein
Dasein. Der Anschaulichkeit halber sei hier jedoch weiterhin von Wertpapieren
als Vorstellungsobjekt die Rede.]
Nun hat es sich mit Rücksicht auf tunlichste
Vereinfachung und Vervollkommnung des Geschäftsgangs am Ende als überaus
zweckdienlich erwiesen, Zins-Futures in ihrem "underlying" nach wie
vor zwar mit normierten Anleihen zu versehen, diese aber durch solche
hypothetische ("notionelle") Schuldtitel vertreten zu lassen, die in
Ansehung ihrer beigelegten Erscheinungsmerkmale den wahrhaft vorhandenen
Papieren ansonsten vollkommen gleichgestellt sind. Bezeichnend für die
Verkehrsnatur synthetischer Anleihen dieserart ist der Umstand, dass
es sich hierbei um rein fiktive Anleihen handelt, deren Ausstattungsmerkmale
im Zeitablauf auf ihrem alten Stand bleiben, obschon das Zinsumfeld
– und mit ihm auch die am Rentenmarkt in Umlauf gebrachten Papiere selbst
– sich beständig der tatsächlich gegebenen Lage des Kapitalmarktes anpasst
und sich mit ihr verschiebt. Der besondere Vorteil, der sich aus der
Verwendung gleichlautender synthetischer Anleihen herleitet, liegt nicht
nur in einer erheblichen Vereinfachung des Handelsverkehrs in Zins-Futures,
sondern ebenso in der Vermeidung von Engpässen und anderen Schwerfälligkeiten,
die im Zusammenhang stehen mit der Abwicklung und der bestimmungsgemäßen
Lieferung näher bezeichneter Anleihen zu deren Terminfälligkeit. Zwar
genügen üblicherweise gleich mehrere der zur fraglichen Zeit zirkulierenden
Emissionen hinsichtlich ihrer Ausstattungsmerkmale den Vorbedingungen
für eine physische Lieferung in einen gegebenen Zins-Futures; sollte
jedoch eine davon sich als besonders vorteilhaft herausstellen, so kann
es unter diesem Gesichtspunkt allerdings zu unerwünschten Engpässen
in diesem Titel kommen.
Obwohl fast alle Bond- wie auch Note-Futures
nach heutigen Verhältnissen auf rein abstrakte Grundinstrumente lauten,
sehen die Regelwerke der meisten Börsen nicht ohne Absicht zum Liquidationstermin
eine urkundenmäßige Andienung ganz bestimmter Ausfertigungen von Schuldtiteln
des Kreditmarktes vor, nämlich solche, die diesen in allen Belangen
gleich stehen und gleichwertig sind. Ganz bestimmte Anleihen, die bei
Fälligkeit eines Rentenmarkt-Futures für eine Lieferung in den Kontrakt
infrage kommen, weisen je nach Laufzeittypus des Futures im Falle von
Notes oder Euro-Schatz-Futures für gewöhnlich anfängliche Laufzeiten
auf von nicht weniger als einem Jahr und neun Monaten, bei Bonds hingegen
gewöhnlich von wenigstens 8 bis zu längstens 35 Jahren. Dabei handelt
es sich ausnahmslos um sogenannte "straight bonds", also um Festzinspapiere
herkömmlichen Stils, die überdies keinem nennenswerten Bonitätsrisiko
(Adressenausfallrisiko, Insolvenzrisiko) unterworfen sein dürfen. Zum
Kreis derjenigen zinstragenden Kapitalmarktpapiere, welche unstreitig
eine Tauglichkeit als Basisinstrument für "fixed-income"-Futures zu
erlangen fähig sind, gehören demnach vorzugsweise Staatsanleihen, wie
beispielsweise "short-term", "medium-term" oder "long-term"
T-Notes sowie T-Bonds (Vereinigte Staaten), Long Gilts
(GB), deutsche Bundesanleihen*, Bundesobligationen,
Bundesschatzanweisungen oder Hypothekenpfandbriefe. Im
Verein mit Futures auf Geldmarktinstrumente
lassen sich damit nahezu alle für die Wirtschaft und das Bankwesen wichtigen
Segmente einer Zinsstrukturkurve** bequem abdecken. So können
etwa durch die an der internationalen Terminbörse
Eurex
aufgeführten Euro-Zins-Produkte mit Leichtigkeit entsprechende Laufzeiten
mit einem Zeitfenster zwischen einem Tag und 35 Jahren bedeckt werden.
[* Schuldverschreibungen
der Bundesrepublik Deutschland unterliegen an und für sich keinem Bonitätsrisiko,
womit sie sich in vorzüglicher Weise zur Andienung gegen einen Zins-Futures
eignen.]
[** Eine Zinsstrukturkurve
("yield curve"; "term structure of interest rate") stellt
zu einem gegebenen Zeitpunkt die Höhe der auf Jahresfrist berechneten
Zinssätze (p.a.) über verschiedene
Zinsbindungsfristen plastisch dar. Bei gleichbleibenden Zinssätzen im
funktionalen Zusammenhang mit den verschiedenen Bindungsfristen spricht
man von einer "flachen Zinsstrukturkurve", wachsen sie mit zunehmender
Dauer der Laufzeit an, heißt sie dementsprechend "steigend", nimmt die
Höhe der Zinssätze mit zunehmender Bindungsdauer beständig ab, so handelt
es sich hierbei um eine "inverse Zinsstrukturkurve".]
Die den verschiedenartigen Zins-Futures
auf festverzinsliche Wertpapiere unterliegenden fiktiven Anleihen zeichnen
sich mithin allesamt durch normierte Ausstattungsmerkmale aus: Die Zinsbindungsfristen,
die Volumina der Hauptsummen (Nennwert, "face value") wie auch
die Kupons ("notional coupon") in der betreffenden Währung sind
bereits vorab bindend vorgegeben. Dem Euro-BUND-Futures der Terminbörse
Eurex ("the Bund") – dem, gemessen an den Verkehrsziffern,
mit rund 338 Millionen umgesetzten Kontrakten im Verein mit dem CBOT/CME
Group 10 Year U.S. Treasury Note Futures (gegen 349 Millionen Kontrakte)
im Jahre 2007 einst sogar bedeutendsten Rentenmarkt-Futures weltweit
– liegen bspw. nominal 100000
Euro einer fiktiven langfristigen Schuldverschreibung der Bundesrepublik
Deutschland zugrunde. Ausgestattet wird der Kontrakt mit einem Lieferfenster
der Anleihen von 8 ½- bis
10 ½-jähriger Restlaufzeit
zum Tilgungstermin, zugepasst auf einen gleichbleibenden Kupon ("coupon
rate") von sechs Prozent an Vertragszinsen. Die Einkleidung der
Zins-Futures in einheitliche Kontraktformen ist jedoch im Umkehrschluss
nicht gleichbedeutend mit dem Umstand, dass bei Fälligkeit immer nur
eine einzige ganz bestimmt festgesetzte Anleihe für eine Lieferung in
den Kontrakt in Frage käme, wie im folgenden Unterabschnitt noch gehörig
erläutert werden soll.
Wie schon oben hervorgehoben ist, verschaffen
Geschäfte mit Zins-Futures in festverzinslichen Wertpapieren aus sich
heraus die Möglichkeit einer physischen Andienung von entsprechenden
Basistiteln zur Terminfälligkeit. Auch im tatsächlichen Geschehen stellt
der ganz überwiegende Großteil der Börsen, die Zins-Futures listen,
den Haltern von solchen Kontrakten die Transfermöglichkeit ganz bestimmter
Basistitel in Aussicht. In ihren Kontraktspezifikationen schreiben die
Börsen die Verfahrensart sehr genau und abschließend fest, unter welcher
die Übertragung, Abnahme und Bezahlung effektiver Stücke – die Umbuchung
von registrierten Sammelurkunden ("transfer of registered ownership")
über den Effektengiroverkehr ebenso einbezogen wie die Berichtigung
einer Schuldbuchforderung – in einen terminfälligen Rentenmarkt-Futures
zur Durchführung zu bringen ist. Ist nun ein gegenständlicher Erwerb
von Anleihen aufseiten des Futures-Käufers (Long) gewünscht, so darf
der lieferwillige Futures-Verkäufer (Short) ihm nur vorher ausgewählte
Papiere andienen. Welche der an den Finanzmärkten umlaufenden Anleihen
im Einzelnen zum Korb der lieferbaren zählen und sich damit im Zeitpunkt
der Erfüllung eines bestimmten Zins-Futures gegen diesen leibhaftig
andienen lassen ("basket-delivery"), wird wieder von den betreffenden
Terminbörsen im Vorhinein verbindlich festgelegt und in öffentlicher
Ankündigung zu rechter Zeit allgemein bekannt gemacht.*
[* Anleihen, die
derzeit gegen das Angebot an Zins-Futures der Terminbörse Eurex
lieferbar sind, finden sich in einem namentlichen Verzeichnis zusammen
mit den zugehörigen Umrechnungsfaktoren auf der
Eurex-Website.]
Eine Andienung effektiver Stücke erfordert,
dass die individuell liefer- und empfangbaren Schuldtitel im Wesen der
Sache den gleichen Anforderungen genügen, die auch an das Basisinstrument
eines Zins-Futures gestellt werden, selbst wenn dieses von abstrakter
Natur ist. Dieser Anspruch ist in der Praxis der Kapitalmärkte insofern
nicht durchweg gleich von vornherein erfüllt, als es zu den äußersten
Seltenheiten gehören dürfte, dass eine bestimmte zugeartete Anleihe
am Markt zirkuliert, welche mit eben derselben Ausgestaltung aufwartet,
wie sie in ihren einzelnen Zügen vorformuliert und niedergeschrieben
im Standardvertrag eines Zins-Futures aufzufinden ist. Mithin bedarf
es eines ausgeklügelten Umrechnungsverfahrens, das die verschiedenen
auf den Märkten gegenwärtig auftretenden übertragbaren Schuldverschreibungen
mit ihren je zuweilen unterschiedlich hohen Marktwerten, ihren vom Richtwerte
abweichenden Restlaufzeiten und ihren großenteils auch ungleichartigen
Coupons (Zinsscheinen) untereinander zu vergleichen erlaubt.
Das gängige Verfahren, unterschiedliche
Anleihetypen vergleichbar zu machen, besteht in der Anwendung sogenannter
Umrechnungsfaktoren (Konvertierungsfaktor, Konversionsfaktor,
Preisfaktor, "conversion factor", "delivery factor").
Hierzu wird am Andienungstag eines terminfälligen Zinskontrakts der
maßgebliche Futureskurs ("exchange delivery settlement price"
EDSP) mit einem geeigneten, von der Börse definierten und zugleich allgemein
bekannt gegebenen spezifischen Konvertierungsfaktor der betreffenden
Anleihe multipliziert bzw. dividiert ("adjusted futures price").
Auf diese Weise lässt sich der jeweilig ausmachende, dem Erwerber der
Anleihen (Long) in Rechnung
zu stellende Preis (Andienungspreis, "invoice amount") unter
den Bestimmungen eines Futures haargenau kalkulieren. Der ausmachende
Rechnungspreis schließt noch die vom Käufer der Wertpapiere an den Verkäufer
zu zahlenden Stückzinsen (Marchzinsen, "accrued interest"), die
vom letzten Zinszahlungstermin bis zum Lieferzeitpunkt auflaufen, mit
ein. Diese berechnen sich nach der Formel: Höhe der Kuponzahlung mal
verstrichene Tage nach der letzten Kuponzahlung geteilt durch Anzahl
der Tage der gesamten Zinsperiode zwischen zwei Zahlungsterminen. Der
zu bezahlende Rechnungsbetrag insgesamt ergibt sich somit nach dem folgenden
Ausdruck:
Schlusskurs Futures (dezimal, pro Einheit des Nominalvolumens) x Konvertierungsfaktor
x Kontraktvolumen + Stückzinsen.
Im Zuge einer Andienung von Anleihen gegen
Bond-Futures ist ferner der Tatsache Rechnung zu tragen, dass im Regelfall
nur jene Zinspapiere für eine Lieferung infrage kommen, die jeweilig
ein und derselben Emission zugehören.
Die Andienung
von Anleihen in einen Zins-Futures
ist gewohntermaßen an jedem beliebigen Geschäftstag während der vordefinierten,
auf das Ende seiner Laufzeit gelegten Lieferperiode statthaft – und
das nicht selten noch nach dem letzten Handelstag an der Börse ("timing
option", "wild card option") –, wobei die Dauer der Lieferperiode
von Zins-Futures üblicherweise etwa dem gesamten Terminmonat gleichkommt.
Die Aufgabe, sich unter den verschiedenen möglichen lieferungsfähigen
Anleihen die ihm genehm erscheinende zur
Erfüllung auszusuchen (Qualitätsoption,
"quality option"; "seller's option"), fällt hierbei stets
dem Verkäufer des Zins-Futures
(Short) zu.
Kommt es nun nach einer pünktlich und
vorschriftsmäßig gestellten Ankündigung durch den Inhaber der Short-Position
zu einer effektiven Lieferung gegen einen Rentenmarkt-Futureskontrakt,
so darf dieser als Verkäufer, wie bemerkt, in Ansehung der börslichen
Abwicklungsvorschriften aus der Menge aller umlaufenden Anleihen nur
diejenigen zuliefern, die ganz bestimmten, den Mustervorgaben des Vertrags
entsprechenden Qualitätsmerkmalen tatsächlich Genüge leisten. Die genaue
Bezeichnung der zur Lieferung ausersehenen Schuldtitel ist dem mit der
Abwicklung betrauten Handelshaus rechtzeitig mitzuteilen ("notified
position"). Man spricht in diesem Zusammenhang von der "Notifikationspflicht"
des Inhabers einer Short-Position. Dieser wird, nachdem er gedanklich
die alternativ lieferbaren Anleihen ihrer preislichen Vorteilhaftigkeit
nach geordnet hat, i. d. R.
die derzeit billigst lieferbare Anleihe (die sog. CTD-Anleihe;
CTD = engl. "cheapest to deliver") andienen ("Identitätsrisiko").
Die notifizierte Position wird im Anschluss daran von der Clearingstelle
nach bestimmten Kriterien einer anderen aus den jetzt noch offen gebliebenen
Long-Positionen fest zugeordnet ("allocated position"). Der jeweilige
Halter derselben wird daraufhin umgehend durch das Liquidationsbüro
von der Zuteilung benachrichtigt.
Dem Korb lieferbarer Anleihen beim oben
erwähnten Euro-Bund-Futures beispielsweise gehören nur ganz bestimmte
Schuldverschreibungen an: nämlich Anleihen der Bundesrepublik Deutschland
(ehedem auch die des Fonds Deutscher Einheit und der Treuhandanstalt
– dem Leitgedanken nach allesamt Schuldtitel, die so gut wie keinem
Ausfallrisiko preisgegeben sind) mit einem Mindestemissionsvolumen von
5 Mrd. Euro, deren Restlaufzeit bis zur Fälligkeitsfrist am Tage der
Andienung des Zins-Futures ein Zeitfenster von 8½ bis 10½ Jahren umschließt.
Durch die nach allen Seiten vortreffliche
Bonität des Schuldners der
untergebenen Anleihen wird insbesondere erreicht, dass die Preisentwicklung
von Bond-Futures ausschließlich von der Zinsentwicklung am Kapitalmarkt
abhängig ist, ohne dass es dabei bonitätsbedingt zu Verzerrungen kommt.
Das Erfordernis eines Mindestemissionsvolumens bezweckt hierbei, die
Entstehung marktbeherrschende Stellungen Einzelner ("corner")
tunlichst zu erschweren.
Rücksichtlich ihrer ganzen Wesensart sind
Zins-Futures statt auf Erfüllung durch Lieferung eines bezüglichen Basistitels
zuvörderst auf Wendigkeit und Handel ausgerichtet. Das belegt bereits
ein Blick in die regelmäßig aufgemachten und veröffentlichten Statistiken,
woraus sich deutlich entnehmen lässt, dass bis zu ihrem Fälligkeitszeitpunkt
selten mehr als 3% aller Futuresgeschäfte
in Zinstiteln anders als durch ein Gegengeschäft glattgestellt werden.
Im Unterschied hierzu werden bspw. bei den "over-the-counter (OTC)"
kontrahierten "forward
rate agreements" (FRAs) mehr als 90%
der bilateralen Verträge bis zum vereinbarten Erfüllungstermin gehalten
und auf dem Fuße folgend auch erfüllt. Dieser Sachverhalt bewirkt aus
sich heraus eine Vervielfachung des Handelsvolumens an den Zins-Futuresmärkten
durch bloße Aufrechnung von Kontrakten, ohne dass es am Ende zu einem
wirklichen Vollzug aus Handelskontrakten von festverzinslichen Wertpapieren
in nennenswerter Zahl kommt. Letztlich aber wird hierdurch die
Liquidität in den
Zins-Futuresmärkte nachhaltig gesteigert, ein Umstand, der in den letzten
drei Jahrzehnten den Zins-Futures- und Zins-Optionsmärkten zu einem
Gedeihen ohnegleichen gereichte.*
[* So wurden im Jahre
2020 an den Weltbörsen nicht weniger als 4,15 Mrd. (Vorjahr: 4,76 Mrd.)
Zins-Futures- und Zins-Options-Kontrakte gehandelt.]
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Entstehung,
historische Entwicklung und Bedeutung von Zins-Futures
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