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Was ist eine Option?
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Optionen
(von lat. optio, »das Recht der Wahl«, »aus freiem Willen gewählt«)
gibt es auf den Finanzmärkten in den mannigfaltigsten Erscheinungsformen.
Dennoch lassen Optionen sich nach ihrer tauschwirtschaftlichen Beschaffenheit
allein in zwei verschiedene Hauptgruppen einreihen: in
Kaufoptionen und in
Verkaufsoptionen. Betrachten
wir sie zunächst nur vom Standpunkt des Käufers der Option:
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Der Käufer einer Kaufoption
("call option") erwirbt gegen Zahlung des Optionspreises
("Prämie") das Recht, entweder innerhalb einer
vorher festgesetzten Zeitfrist oder an einem bestimmten Stichtag
nach Ablauf der Frist vom Verkäufer der Option eine bestimmte Menge
eines zugrunde liegenden Wirtschaftsgutes zu einem bei Abschluss
des Optionsgeschäfts vereinbarten Preis zu kaufen oder vom
Kauf abzusehen und das Optionsrecht verfallen zu lassen.
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Der Käufer einer Verkaufsoption
("put option") erlangt gegen Zahlung des Optionspreises ("Prämie")
das Recht, entweder innerhalb einer genau bestimmten
bevorstehenden Zeitfrist oder an einem bezeichneten Stichtag nach
Ablauf der Frist dem Verkäufer der Option eine bestimmte Menge eines
zugrunde liegenden Wirtschaftsgutes zu einem bei Abschluss des Optionsgeschäfts
vereinbarten Preis zu verkaufen oder vom Verkauf wieder abzusehen
und das Optionsrecht verfallen zu lassen.
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In der oben gegebenen Wortformel für den
Begriff der Optionen liegt erkennbar eine Zweiteilung eingeschlossen.
Diese Zweiteilung stellt ab auf die Fristbestimmung, zu welcher Zeit
die Einlösung der Option dem Berechtigten offensteht. Hiernach lassen
sich zwei ausgebildete Bräuche, sogenannte Stile, in der Ausübung
einer Option unterscheiden ("option style"). Die Stilart in der
Ausübung einer Option, die es ihrem Inhaber in freie Aussicht stellt,
das in den vorstehenden Sätzen angesprochene Recht jederzeit durch die
gesamte Dauer der Optionsfrist hindurch, längstens aber am Verfalltage
("expiration date", "expiry date", "maturity date")
vor Eintritt des Verfalls, nach Belieben durch einseitige Willensäußerung
geltend zu machen, führt bei uns den Namen "Amerikanische
Option" ("American style"). Im Gegenteil dazu kann
sich im Geschäftsstil einer "Europäischen
Option" der Optionshalter allein und ausschließlich am vertraglich
übereingekommenen Verfalltag unmittelbar vor Ablauf der Optionsfrist
darüber erklären, ob er seine Option wahrhaftig auszuüben entschlossen
ist oder nicht ("European style"). Während der Andauer der Frist
ist ihm die Erfüllung gemäß letztbenanntem Optionsstil allemal versagt.
Die erdkundlichen Beiworte "amerikanisch" und "europäisch" sind Attribute
von Optionen altüberlieferter Abkunft. Sie nehmen ausdrücklich Rücksicht
auf die vorerwähnten Ausübungsverfahren ("exercise style"), und
nicht etwa, wie man leicht meinen möchte, auf die Örtlichkeit des Handelsplatzes.


Optionen des Finanzmarktes ordnen sich
allesamt der Klasse der derivativen
Finanzinstrumente ein, der man überhaupt alle Zeitgeschäfte zuweist,
deren Werteigenschaften sich in eindeutig nachvollziehbarer Weise herschreiben
von mindestens einer ihm unterliegenden originären Sache von variablem
Wert ("Derivativgeschäft, Termingeschäft"). Als anerkannte Vertreter
der ersten Reihe von Finanzderivaten sind neben den Optionen namentlich
Futures,
Forwards und Swaps zu berufen.
Das einer jeden Art Finanzderivat zukommende Hauptkennzeichen findet
sich darin, dass die auf einen Geschäftsabschluss folgende wechselseitige
Erfüllung der Vertragsbedingungen zeitversetzt, d.i.
zum Fälligkeitstermin, erst möglich oder nötig wird. Gemeinhin ist der
Fälligkeitstermin von Derivativgeschäften, so auch die Endfälligkeit
bei Optionen, um eine Zeitfrist von mehreren Tagen, meist um Wochen,
vielleicht sogar um Monate oder Jahre hinausgeschoben. Optionen können
im Wirtschaftsleben nicht nur als Einzelgeschäft auftreten ("stand-alone"),
sondern auch als Teilgeschäft im Rahmen eines weiter ausgreifenden Finanzierungsprogramms,
wie es etwa bei der Begebung von Wandelschuldverschreibungen ("convertible
bonds") oder Optionsanleihen ("warrant") durch kapitalgeleitete
Handelsgesellschaften Brauch und Sitte ist ("bond issues").
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Definition, Natur, Eigenschaften
und grundlegende Handelstechniken von Optionen
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Jedes gegebene Kaufgeschäft (Umsatzgeschäft,
"trade"), welches es auch sei und in welcher Gestalt es uns im
täglichen Wirtschaftsleben entgegentritt, soll es rechtskräftig zustande
gebracht werden, setzt das Vorkommen sowohl eines Käufers als auch eines
Verkäufers voraus, die miteinander einen Vertrag aufsetzen, worin sie
über Kaufsache und Preis übereinkommen. Nicht anders ist es mit Optionsgeschäften
bestellt: Der Kauf* einer Option setzt voraus, dass es einen
Verkäufer gibt, der sowohl die Fähigkeit als auch den Willen hat, den
Gegenstand des Kaufgeschäftes, die Option, an den Käufer zum Kaufpreise
(Prämie) herzugeben. Der Verkauf einer Option bedingt, dass ein Käufer
da ist, der bereit und imstande ist, die Option dem Verkäufer zum Einigungspreis
abzunehmen und dadurch das Recht aus ihr zu erlangen. Der Verkäufer
einer neu geschaffenen Option heißt
Still(e)halter,
Aussteller,
Steller oder auch
Schreiber (Prämienzieher;
englisch "option seller", "writer" oder "grantor").
Er nimmt die "Short-Position"** an dem Optionsgeschäft ein ("short
call", "short put"). Der andere Vertragsteil, der
Optionskäufer (Prämienzahler;
"option buyer"; "option holder"), hat ihm gegenüber die
"Long-Position" an dem Optionsgeschäft inne ("long call", "long
put"). Es gilt dies von Call- wie von Put-Optionen gleichermaßen.
[* Der Kaufbegriff
sei hier und in Nachstehendem jenseits der Jurisprudenz, und damit auch
jenseits der eigentümlichen Rechtsverhältnisse eines Landes verstanden.
Käufer sei kurzweg jene Partei, die das Geld (die Optionsprämie als
Preisgut) gibt, Verkäufer sei die Gegenpartei ("counterparty"),
die ihr im Gegenzug für das gelöste Geld das Optionsrecht (als Kaufgut)
einräumt. Der Kaufbegriff will sonach im vorliegenden Sachzusammenhang
bloß als gefällige Ausdrucksform verstanden sein, die alleinig die im
Optionsgeschäft eingenommene Position eines Optionshändlers (Optionsberechtigter
/ Optionsverpflichteter) kenntlich macht.]
[** Die polaren
Begriffe "Long" und "Short" nehmen im vorliegenden Sachzusammenhang
mit aller Ausdrücklichkeit Bezug auf die Stellung als Käufer oder als
Verkäufer der Option (Positions-Typus). Nähme man dagegen, wie sonst
üblich, Bedacht auf die mit dem Options-Eröffnungsgeschäft verbundenen
Preiserwartungen, so wäre der Käufer einer Kaufoption "long the option",
der Käufer einer Verkaufsoption demgegenüber "short the option". Ein
Gleiches gölte in umgekehrter Stellung auch für den Verkäufer einer
Option.]
Der Optionsbegriff lässt sich demgemäß
möglichst scharf umgrenzt in nachstehende Worte fassen:
Eine
Option ("financial option")
ist nach heutiger Lesart ein bedingtes Termingeschäft zwischen zwei
Vertragsparteien, das der einen, dem Zahler der Prämie (Prämiengeber),
das Recht einräumt,
einen nach qualitativen wie quantitativen Merkmalen eindeutig bezeichneten
Vertragsgegenstand (den Basiswert), je nach Stil der Option, entweder
im Verlaufe oder nur am Ende der anberaumten Optionsfrist zu einem
bei Abschlusse des Optionsgeschäfts beredeten Preis (Ausübungspreis)
zu kaufen (= Kaufoption)
oder zu verkaufen (= Verkaufsoption),
während sie der Gegenpartei, dem sogenannten "Stillhalter" (Prämienzieher),
die unabweisliche Pflicht
auferlegt, stillzuhalten und nur unter der Bedingung der Geltendmachung
des Rechtes von ihm verlangt, den verabredeten Optionsgegenstand
zu den festgelegten Optionsbedingungen gegeneinander umzusetzen.
Ein Optionsgeschäft im Sinne dieser Begriffsaufstellung
gilt als rechtsgültig angetreten, wenn sich für die in Rede stehende
Option ein Käufer und ein Verkäufer zusammenfinden, die sich beiderseits,
neben allen übrigen Vertragspunkten, auf einen Kaufpreis für die Option
zu verständigen vermögen (= Optionskontrakt). Handelseins werden können
sich beide Seiten darüber entweder nach dem Regelwerk einer Optionsbörse,
an der die Option geführt wird, oder an der Börse vorbei in einer privaten
Geschäftsverbindung unter der Führung einer zweiseitigen (bilateralen)
Sonderverhandlung ("over-the-counter", OTC), wobei sie sich gegenseitig
ihren Willen dahin erklären, die Option zu maßgeschneiderten Bedingungen
Zug um Zug umzusetzen. Das fertig zustande gekommene Optionsgeschäft
wirkt rechtsgültig beginnend mit dem Einigungszeitpunkt.
Unter Marktbedingungen im freien Wettbewerb
an einer Börse ausgehandelt, spiegelt der Preis der Option den gängigen
Marktpreis der Option zum Einigungs- und Abschlusszeitpunkt wider, sonst
den aus den subjektiven (Tausch-)Wertschätzungen
der Geschäftspartner hervortretenden Einzelpreis. Den für eine Option
als Gegenleistung ausgemachten Geldbetrag (d.i.
der Optionspreis) selbst benennt man allgemein als
Prämie der Option,
Optionsprämie, Prämiengeld
oder kurz als Prämie
("option premium", "option price"). Der Optionskäufer
bezahlt im Gegenzug für den Erwerb des Optionsrechtes dem Verkäufer
die ausbedungene Optionsprämie, wie es gebräuchlich ist, gleich zur
Zeit der Vereinbarung des Optionsgeschäfts (Barprämie, Bezugsprämie,
Vor- bzw. Rückprämie, Lieferungs- bzw. Empfangsprämie; "up-front
payment"; ein Aufschub der Preiszahlung in Form einer Nachprämie,
Reugeld u.dgl. ("deferred
premium") ist unter den gegenwartsbezogenen Verhältnissen nicht
mehr üblich). Der größtmögliche Geldverlust des Optionskäufers ist von
Anfang bis zu Ende auf den Belauf der im Austausch hingegebenen Optionsprämie
beschränkt ("debit").* Mehr an Geld, als er für die Option
ausgegeben hat, kann er selbst im ungünstigsten Fall durch sein Optionsgeschäft
nicht verlieren. Für den Optionsverpflichteten, den Prämienzieher und
Stillhalter, bildet die eingestrichene Optionsprämie hingegen alles,
was er an seinem Optionsgeschäft verdienen kann ("credit"). Mit
ihr muss er sich bestenfalls begnügen. Obendrein ist für ihn die mögliche
Gefahr eines vernichtenden Geldverlustes weitaus größer als jene aufseiten
des Optionskäufers – aus Gründen, die, ohne vorgreifen zu wollen, im
weiteren Verlauf der Erörterung noch einleuchtend werden. Allein den
Stillhalter können sohin Vermögensverluste treffen, die in ihrem Umfange
mitunter ganz wesentlich über den Betrag der eingestrichenen Prämie
hinausgehen ("Übersubstanzrisiko"), schlimmstenfalls ihn gar an den
Bettelstab bringen.
[* Streng genommen,
einschließlich der auflaufenden Zinsen für das durch den Optionskauf
gebundene Kapital. Zur näheren Begründung siehe noch unten.]
Vom Optionspreis gedankenmäßig streng
zu trennen ist der für die zugrunde gelegte Sache verabredete Kaufpreis
(das ist das Austauschverhältnis zwischen beiden). Das angelegentliche
Basisgut bildet seines Teils den Gegenstand des Optionsrechtes. Selbes
Gut ist im Falle der Auslösung der Option von der einen Partei des Optionsgeschäftes
auf die andere zu übertragen und von dieser der ersten zu vergüten.
Den als Vergütung für den Grundgegenstand zu entrichtenden Preis ist
man mit dem Namen Ausübungspreis
oder Basispreis (Grundpreis,
Einlösungspreis, "Kursbasis", engl. "exercise prise", "strike
price" oder "striking price") der Option zu bezeichnen gewohnt.
Dieser kann gemäß gegenseitiger Abrede jeden beliebigen Wert annehmen,
oder ebenso gut im börsenmäßigen Verkehr durch eine Optionsbörse in
normierten Abstufungen zur Auswahl gestellt schon fertig vorgegeben
sein. Eben jener Ausübungspreis ist im Fall der Geltendmachung des Optionsrechtes
im Austausch für den zugrunde liegenden Sachgegenstand oder Finanztitel
tatsächlich auszulegen.
Das
Bezugsobjekt einer Option
(Basisgut, Basiswert, Basistitel, Basisinstrument, "underlying asset",
"underlying contract", "notional") bildet den Gegenstand
des Option, das ist das Kauf- oder Tauschgut, auf dessen bedingten Austausch
sich das Recht aus dem Optionsvertrag bezieht. Grundsätzlich können
alle marktgängigen Güter, Finanztitel, desgleichen Zinssätze, seien
es selbst wieder Derivate wie auch sonstige wirtschaftliche Vorteile
den unterliegenden Gegenstand einer Option abgeben. In folgerichtiger
Weise spricht man von Waren-Optionen, Aktien-Optionen, Zins-Optionen,
Futures-Optionen usw. usf. Nimmt sich der Käufer und Halter einer Kaufoption
(Call) nun die Freiheit, sein Optionsrecht, also die Wahl, den Optionsbedingungen
entsprechend wirklich auszuüben ("call away"), so geht der nämliche
Basisgegenstand vom Verkäufer und Stillhalter des Call in den Besitzstand
des Halters über. Im Gegenzug hat der Optionsausübende den Basispreis
("strike price") in übereinkunftsmäßiger Höhe – ungeachtet des
im Ausübungszeitpunkt tatsächlich bestehenden Wertanschlags des Underlyings
– an den Stillhalter der Kaufoption hinzugeben. Nimmt demgegenüber der
Käufer* und Inhaber einer Verkaufsoption (Put) sein Verkaufsrecht
in Anspruch, so kann dieser dem Verkäufer der Verkaufsoption den Erhalt
des Basispreises abverlangen und hat dafür den Basisgegenstand – wiederum
ungeachtet seines nunmehrigen Geldwertes – dinglich auf ihn zu übertragen
("to put away").**
[* Von Wichtigkeit
in diesem Zusammenhang ist es, sich über die Einordnung der Begriffe
"Käufer" und "Verkäufer" vollkommen im Klaren zu sein. Der Käufer einer
Verkaufsoption (Put) etwa wird im Falle der Ausübung zum Verkäufer
des Basisgegenstandes.]
[** Im Verkehrsleben
des Optionshandels schafft vermehrt ein zweiter Weg der Effektuierung
Ersatz für das Verfahren einer physischen Andienung des zugrunde liegenden
Gutes. An Stelle des Anspruchs auf tatsächliche Zubringung des Basiswertes
kann nämlich, falls so vereinbart, der Anspruch auf
Erfüllung durch Wertausgleich
(Cash
Settlement) treten. Dies Verfahren ersetzt bei Fälligkeit den
Vorgang der wechselseitigen Übertragung der in Rede stehenden Wirtschaftsgüter
durch den der Barabgeltung, ohne hierbei eine Partei gemessen am Fall
einer dinglichen Abwickelung finanziell schlechter zu stellen.]
Optionen haben in aller Regel eine im
Voraus begrenzte Laufzeit
(Gesamtlaufzeit; Kontraktlaufzeit, Vertragszeit, "time to expiration",
"term to expiration", "time to maturity"). Das Ganze der
Gesamtlaufzeit einer Option durchmisst die Spanne von der Ausfertigung
bis zum Verfall. Nur binnen dieser kann das Optionsrecht geltend gemacht
werden. Der Stichtag, d.i.
der benannte "Termin", an dem oder bis zu dem (je nach Ausübungsvorschrift)
das durch eine Option begründete Kauf- bzw. Verkaufsrecht eingelöst
werden kann, heißt Verfalldatum
(Verfalltag, "expiration
date", "expiry date", "maturity (date)"). Der Zeitpunkt
des Verfalls ist herkömmlich auf das Ende der vereinbarten Laufdauer
der Option gelegt. Das Verfallzeitpunkt ist zu unterscheiden vom
Ausübungszeitpunkt*
(Erklärungstag; "exercise date"). Der Ausübungszeitpunkt bezeichnet
diejenige Zeit eines Kalendertages, an dem das Optionsrecht der Sache
nach durch förmliche Kündigung resp. Ankündigung umgesetzt wird. Stilreine
"Europäische Optionen" können, wie eingangs aufgezeigt, nur am Verfalltag
zur Ablaufszeit ("cut") ausgeübt und vollzogen werden. Im Falle
von "Amerikanischen Optionen" hingegen kann der Ausübungstag – vielleicht
erst nach Verstreichen einer verhandelten Sperrdauer –, sowie vom Halter
beansprucht, auf einen beliebigen Tag innerhalb der Optionsfrist fallen.**
Eine nach gänzlichem Durchlaufen der Optionsfrist nicht beanspruchte
Option gerät in Verfall, verliert fortan allen Preis, ist wertlos. Das
Optionsrecht aus einer nicht ausgelösten Option ist mit Fristablauf
endgültig erloschen. Sohin ist von ihr nichts mehr da, wofür ein Preis
sich zu entrichten lohnte (Extinktion).
[* Des Weiteren
ist ein Unterschied zu ziehen zwischen
Ausübungstag und
Erfüllungstag (Regulierungstag).
Der Ausübungstag ist der Tag des Wirksamwerdens der Entschließung durch
Erklärung (Kündigung des Käufers, Ankündigung des Verkäufers; Prämienerklärung,
Prämienbeantwortung), der Erfüllungstag jener, der den daran schließenden
Vollzug von Leistung für Gegenleistung anhebt. Der Ausübungstag kann
dem Erfüllungstag durchaus einige wenige Tage voraufgehen.]
[** Neben den einfachen,
hier beschriebenen Allerweltsoptionen (Standardoption, "plain vanilla
option") trifft man an den Optionsmärkten des Weiteren auf sogenannte
Exotische Optionen ("exotic
options"), die durch allerlei zusätzliche Merkmale glänzen. Hierzu
zählt, um nur eine besonders herauszugreifen, auch eine sog. "Bermuda
Option". Dieserart Optionen kennzeichnen sich dadurch, dass sie gleich
über mehrere festgelegte Kalendertage verfügen, die in gewissen Zeitabschnitten
voneinander abstehen, wo ihre Ausübung möglich wird. Ferner findet sich
noch eine Reihe anderer Exotischer Optionen vor, vertreten durch Gebilde
der Namen Barrier-Option, Asiatische Option, Russische Option, Lookback-Option,
Chooser Option, Range Option und Cliquet. Immer größerer Beliebtheit
erfreuen sich außerdem Optionen einfachster Art, sogenannte "Binäre
Optionen", die gleichermaßen unter die Exotischen Optionen fallen.]
Der aufmerksame Leser beachte wohl, dass
jede gegebene Option ihrem Ersteher das Recht und bloß
das Recht auf den Bezug (=
Kaufoption) bzw. die Veräußerung (=
Verkaufsoption) des in Rede stehenden Basisgutes gewährt. Ja ihr ganzes
Wesen liegt in ihrer Bedeutung als Recht auf ein solches Anrecht: nämlich
das Recht zu wählen. Mit diesem Wahlrecht hält sich der Optionsbefugte
für eine gewisse Spanne Zeit die Möglichkeit offen, das fragliche Wirtschaftsgut
zu dem ausgemachten Ausübungspreis anzukaufen oder zu verkaufen. Das
Recht, wie es ein Optionsrecht ganz für sich ist, muss der Wahlberechtigte
indessen nicht beanspruchen. Der Optionsinhaber kann und darf sich so
denn auch die Freiheit nehmen, sein Recht aus der Option ungenützt vergehen
zu lassen und damit von dem Geschäft zurückzutreten, es zu abandonnieren.
Dieses Merkmal macht den grundlegenden Unterschied von Optionen zu den
unbedingten Termingeschäften ("symmetrisches Termingeschäft"; "unconditional
forward transaction") aus, zumal zu der Klasse der Futures und Forwards.
Mit den zuletzt genannten Geschäften verpflichten sich die Vertragsbeteiligten
mit rechtsbindender Kraft, sofern ein an sich mögliches befreiendes
Gegengeschäft
vorher ausbleibt, den zugrunde liegenden Wert zum Fälligkeitstermin
anzukaufen (als Terminkäufer, Long) resp. zu verkaufen (als Terminverkäufer,
Short). Optionsgeschäfte hinwieder zählt man wegen ihrer Bedingtheit
aufseiten nur eines Vertragsteils vom Rechtsstandpunkt deshalb schulmäßig
zu den einseitig verpflichtenden "bedingten
Termingeschäften" (Prämiengeschäften; "conditional",
"contingent claims"); Futures-Geschäfte und Forwards sind hiergegen
den zweiseitig verpflichtenden "unbedingten
(fixen) Termingeschäften" beizurechnen (Terminfestgeschäft).
Rechte und Pflichten sind beim Optionsgeschäft
sichtlich höchst asymmetrisch verteilt. Die Rechte aus einer
Option liegen ganz einseitig allesamt in der Hand des Prämiengebers,
dem Halter und Käufer der Option. Er allein ist der Wähler. Es gilt
dies ungeschmälert auch von den Hauptpflichten aus einem solchen, die
ebenso ungleichseitig verteilt ausnahmslos bloß aufseiten des stillhaltenden
Prämienziehers gelegen sind. Insoweit kommt eine Option einem einseitig
verpflichtenden Vertrag gleich (contractus unilateralis).
Der Verkäufer einer Option übernimmt mit dem offenen Verkauf derselben
("option writing"; "naked option") grundsätzlich die
Verpflichtung, während der Andauer der Optionsfrist bezw. nur
an deren Ende auf Verlangen des Käufers der Option der Anforderung zur
Leistungsübergabe nach Maßgabe der Optionsbedingungen in allen Stücken
nachzukommen. Im Gegensatz zum Optionsbefugten, der sein Optionsrecht
gegen Entgelt erworben hat (Käufer der Option) und der das ihm zugestandene
Recht bei Geneigtheit geltend machen kann, ist der Prämienzieher (Verkäufer,
Stillhalter) mithin zum Stillehalten verurteilt. Ihm ist nach Optieren
des berechtigten Optionskäufers die Verpflichtung aufgetragen, den Inhalt
der Abmachung aus dem Optionsgeschäft in vollem Umfang sachlich zu erfüllen
(Asymmetrie von Rechten und Verpflichtungen). Er kann gegen die Geltendmachung
des Optionsrechtes weder einen Einwurf erheben noch ihm das Recht entziehen.
Er hat keine Wahl, er muss sich unter dieser Bedingung der Willenserklärung
des Optionsinhabers fügen (resolutive Potestativbedingung) und das Versprochene
erfüllen.*
[* Aus leicht begreiflichen
Gründen trägt bei allen von Fall zu Fall besonders ausgemachten Optionen
das Ausfallrisiko (Gegenparteienrisiko, "counterparty risk",
"credit risk") mangels anderer Vereinbarung jeder einzelne Teil
an einem Optionsgeschäft selbst. Bei den börsenmäßig abgewickelten Optionsgeschäften
dahingegen geht selbes gleichzeitig mit dem Geschäftsabschluss von allein
auf das eingeschaltete Clearinghaus
über.]
Da nun der Halter einer "Amerikanischen
Option" den Zeitpunkt der Ausübung ("exercising") beliebig frei
wählen kann, muss der Stillhalter während der gesamten Optionsfrist
in jedem Augenblick, sofern überhaupt andienungsfähig, auf eine gegenständliche
Auslieferung bzw. Übernahme und Bezahlung des Basiswertes vorbereitet
sein. Für "European style"-Optionen bleibt dies sinngetreu nur für den
Stichtag in Geltung, an dem allein ihre dinghafte Verwertung möglich
wird. Etwas anderes ist es mit dem Fall unanbringlicher Marktgegenstände.
Sämtliche der aus Marktwertänderungen von Optionsgeschäften solcher
Art herrührende Gewinn- und Verlustsalden, denen der Gattung nach bloß
vorgestellte (abstrakte), nicht lieferbare oder nicht lieferwürdige
Basiswerte unterlegt sind, so z.B.
Indices,
Zinssätze, Volatilitäten
usw., sind statt dessen gegen bare Zahlung auszugleichen ("cash settlement").
Durch einen regelrechten Barausgleich sind beide Seiten eines Optionsgeschäftes
wirtschaftlich gleichgestellt, falls ein Vollzug durch dingliche Übertragung
des Basiswertes ("physical settlement") wahrhaftig vorgenommen
worden wäre (Wertäquivalenz). Sowie der Halter einer landläufigen "Amerikanischen"
Option für deren Auslösung optiert, gleichviel ob während der Andauer
("early exercise") oder am Schluss ihrer Laufdauer, hat er mit
diesem Akt seinen Anspruch aus ihr ein für alle Mal durchgesetzt und
kann ihn darum fortan kein zweites Mal mehr geltend machen. Mit Beanspruchung
des Rechtes wird die Option in sich hinfällig, das bedungene Recht ist
hernach rettungslos verwirkt. Leistet der Optionsinhaber bis ans Ende
der Optionsfrist auf ihre Ausübung Verzicht, so erlischt das Recht aus
ihr mit Erreichen ihres Verfalltages von selbst.
Eine Option hat für ihren Halter Wert,
weil sie ihm ein Recht bewilligt, dem keinerlei übernommene Verpflichtung
wechselseitig gegenübersteht. Das Recht liegt in der Voranwartschaft,
zum Ausübungspreis ("strike price") kaufen (Call) resp. verkaufen
(Put) zu dürfen, selbst wenn sich dieser gegenüber dem vom betreffenden
Markt hergenommenen Tagespreis günstiger stellt, andererseits aber zurückzuhalten
und vom Kauf bzw. Verkauf Abstand zu nehmen berechtigt zu sein, falls
der Tagespreis für ihn ein vorteilhafter ist. Für den Halter der Option
liegt die äußerste Gefährdung darin, die verausgabte Optionsprämie ganz
einzubüßen. Das Optionsgeschäft für sich genommen ist daher für ihn
von vornherein ein Geschäft mit begrenzter Verlustgefahr.
Das hier angesprochene Recht des Optionskäufers,
die Erfüllung fordern zu dürfen, verkörpert für den Verkäufer der Option,
dem Optionsverpflichteten, seinerseits wieder eine gewisse Quelle der
Gefahr. Diese wird dem eben Bemerkten gemäß immer dann schlagend, wenn,
wie im erstangeführten Falle einer Kaufoption (Call), der Halter der
Option erklärt, sie ausüben zu wollen und damit dem Stillhalter den
Basisgegenstand zum Basispreis abfordert, während sich das betreffende
Handelsgut zu gleicher Zeit im Effektivmarkt zu höheren Preisen umsetzt;
oder umgekehrt im zweiten Fall einer Verkaufsoption (Put), wenn ihr
Inhaber von seinem Optionsrecht Gebrauch macht und den zugrunde liegenden
Wert zum Einlösungspreis abgibt, während der betreffende Marktgegenstand
im Effektivmarkt billiger zu haben ist. Im einen wie im andern Fall
wird der Stillhalter eine Vermögensschädigung erleiden, deren Belauf
stets dem vollen (absoluten) Unterschied zwischen dem laufenden Marktpreis
des Underlyings und dem angehenden Ausübungspreis gleichkommt. Diese
Zukunftsmöglichkeit gibt dem Stillhalter Anlass, für den Abschluss eines
Optionsgeschäfts einen Preis in Gestalt einer Optionsprämie zu beanspruchen,
in deren Vereinnahmung seine zu tragende Verlustgefahr endlich eine
angemessene Vergütung findet. Die erste Aufgabe der Optionspreistheorie
ist es, zweckerfüllende Options-Bewertungsmodelle aufzustellen,
die es erlauben, unter einem gesetzten Bedingungsrahmen für jeden Zeitpunkt
der Optionsfrist den "fairen" und angemessenen Geldwert ("fair value")
für die Prämie einer Option herzuleiten.
Aus dem oben Gesagten ergeben sich sachlich
und logisch vier Grundpositionen des Optionsgeschäftes:
1.)
Kauf einer
Kaufoption ("Long-Call"): Käufer zahlt die Optionsprämie
und erwirbt damit das Recht, den Basiswert zu kaufen (aktive Position,
"Prämie auf Nehmen"). Der Käufer eines Call setzt auf steigende
Kurse.
2.)
Kauf einer
Verkaufsoption ("Long-Put"): Käufer zahlt die
Optionsprämie und erwirbt damit das Recht, den Basiswert zu verkaufen
(aktive Position, "Prämie auf Geben"). Der Käufer eines Put setzt
auf fallende Kurse.
3.)
Verkauf einer
Kaufoption ("Short-Call"): Stillhalter erhält
Optionsprämie und muss bei Ausübung den Basiswert zum Ausübungspreis
liefern (passive Position). Der Verkäufer eines Call rechnet auf
einen sich gleichbleibenden Kursstand oder aufs Kursfallen.
4.)
Verkauf einer
Verkaufsoption ("Short-Put"): Stillhalter erhält
Optionsprämie und muss bei Ausübung den Basiswert abnehmen und den
Kaufpreis in Höhe des Ausübungspreises bezahlen (passive Position).
Der Verkäufer eines Put rechnet auf einen sich gleichbleibenden
Kursstand oder aufs Kurssteigen.
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1. Beispiel: Kaufoption
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Versetzen wir uns in die
Lage eines Optionskäufers, der soeben einen Optionskontrakt "Europäischer
Kaufoptionen" auf 100 XYZ-Aktien abgeschlossen hat ("long
call"). Der Optionskontrakt möge einen Ausübungspreis von 100€
haben. Angenommen, der gegenwärtige Aktienkurs der XYZ-Aktie liege bei
98€, das Verfallsdatum des
Kontrakts sei in zwei Monaten erreicht und die Optionsprämie betrage
5€ für je 1 Aktie (Hinweis:
Die an den Börsen notierten Aktienoptionen umfassen stets einen ganz
bestimmten Mindestschluss, der als Standardschlusseinheit eines Optionskontraktes
("option contract") gilt. Zumeist sind das 100 Aktienoptionen
an der Zahl, wie es auch in unserem Beispiel für den Kontrakt vorausgesetzt
sei.). Bei angenommen 100 Aktienoptionen je Kontrakt ergibt sich demgemäß
eine besonders berechnete Gesamtprämie ("total premium") für
den Optionskontrakt von 500€.
Durch den Kauf eines Kontrakts von Call-Optionen steht dem Zahler der
Prämie also das Recht zu, in zwei Monaten 100 XYZ-Aktien für 100€
je Aktie käuflich erwerben zu können, ungeachtet der zwischenzeitlichen
Kursentwicklung und ohne Rücksicht darauf, wie der Börsenkurs der Aktie
zum Ausübungszeitpunkt hineinkommt. Da ein Aktienkurs, wie man weiß,
lehrmäßig keine obere Schranke kennt, sind die Gewinnaussichten für
den Halter einer Call-Option unbegrenzt, während das Verlustrisiko sich
auf die hergegebene Optionsprämie beschränkt. Die Optionsprämie ist
in der üblichen Weise sogleich mit Zustandekommen des Optionskontrakts
an den Optionsverkäufer zu entrichten. Dieser darf die eingestrichene
Prämie behalten, gleichviel ob der Optionskäufer seine Option nachher
ausübt oder nicht.
Da es sich bei dem infrage
stehenden Optionsgeschäft um einen Kontrakt "Europäischen Stils" dreht,
darf der Optionshalter allein am Verfalltage von seinem Ausübungsrecht
Gebrauch machen. Sollte der Kurs der XYZ-Aktie sich zu diesem Zeitpunkt
unter 100€ stellen, so wird
er freilich von einer Ausübung des Optionsrechtes absehen. Es wäre ganz
unsinnig und unvernünftig, eine Aktie mittels eines Optionsrechtes für
100€ zu kaufen, die einen Marktwert
hat, der unter 100€ zurückbleibt.
Sollte ihm an dem Kauf der XYZ-Aktie trotz allem gelegen sein, so wird
er sie unabhängig von dem Optionsgeschäft am Markt zum herrschenden
Kurs zu erwerben trachten. Bei diesem Hergang verliert der Händler den
ursprünglich für den Call ausgelegten Investitionsbetrag von 500€
vollständig, der Kontrakt verfällt mithin wertlos.
Gesetzt z.B.,
der Aktienkurs liege am Verfalltage über 100€,
sagen wir, er habe sich zur Verfallzeit auf 115€
festgesetzt, so wird der Halter nicht anstehen, seine Option auszuüben.
Durch Ausübung seiner Option ist der Optionsberechtigte nunmehr in der
glücklichen Lage, sich 100 Aktien im Werte von 115€
je Stück zu einem Stückpreis von 100€
in sein Vermögen zu rechnen. Wollte unser Optionshändler seine Aktien
zum herrschenden Kurs an der Börse sogleich wieder losschlagen, so ließe
sich damit ein barer Sofortgewinn von 15€
je Aktie erlangen, der ihm also zusammengerechnet 1500€
eintrüge – von Transaktionskosten, wie Brokergebühren, Geld-Brief-Spannen
usw., sei hier und im Folgenden abgesehen. Werden die ursprünglichen
Kosten des Optionskaufs (mit Vernachlässigung von Zinseffekten) in den
Kalkül einbezogen, so trägt das Optionsgeschäft im Ergebnis einen Reingewinn
vor Transaktionskosten und Steuern ("profit", "net payoff")
von 10€ je Option bzw. 1000€
insgesamt ein. Gescheiterweise wird der Inhaber einer Kaufoption nur
dann gewillt sein, diese auszulösen, wenn der Preis des Basisgegenstandes
über dem Ausübungspreis liegt. Demnach erhalten wir den Satz: Der Käufer
einer Kaufoption (Long-Call), der diese aus spekulativer Veranlassung
hält, hofft und erwartet, dass der Kurs des unterliegenden Wertpapiers
noch im Laufe der Optionsfrist steigt (Spekulation à la hausse).
Umgekehrt liegen die Dinge im Falle einer Verkaufsoption. Hier gilt:
Der Käufer einer Verkaufsoption (Long-Put) verspricht sich bald
fallende Kurse im Underlying (Spekulation à la baisse), wie am nachstehenden
Beispiel klar gemacht.

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2. Beispiel: Verkaufsoption
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Greifen wir hierzu den
Illustrationsfall eines Händlers (Trader) auf, der in Erwartung eines
Vermögenszuwachses auf die Gefahr des Misslingens Verkaufsoptionen
("put") europäischen Stils auf Aktien kauft. Je ein Optionskontrakt
umfasse wieder 100 Stück ABCD-Aktien. Der Ausübungspreis betrage 70€,
der Aktienkurs der ABCD-Aktie möge gegenwärtig bei 75€
liegen, der Verfallstermin der Option sei in drei Monaten und die Optionsprämie
betrage 7€ je Aktienoption.
Da es sich hierbei um einen Optionskontrakt europäischer Spielart handelt,
kann das Optionsrecht allein zum Verfallsdatum zur Ausübung gebracht
werden. Es wird geltend gemacht werden, nur wenn der Aktienkurs der
ABCD-Aktie sich an diesem Tage unterhalb von 70€
(dem Ausübungspreis) feststellt.
Nehmen wir an,
drei Monate später habe sich der Aktienkurs der ABCD-Aktie auf 50 €
gestellt. Der Optionshalter wird nun 100 Aktien zu 50 € je Stück an
der Börse kaufen und in gleichem Zuge das Recht aus seiner Verkaufsoption
geltend machen. Er wird die soeben erstandenen Aktien zu 70 € das Stück
an den Stillhalter auf der Stelle wieder verkaufen. Aus diesem Geschäft
kann er einen Sofortgewinn von 20€
für das Stück ziehen. Bei einem Kontraktumfang von 100 Aktien für den
Optionskontrakt erlangt er also einen Gewinn von zusammen 2000€.
Die unausbleiblichen Transaktionskosten, direkte und indirekte, mögen
hierbei wieder ausgeklammert bleiben. Unter Einbeziehung der ursprünglichen
Kosten des Optionskaufs beträgt der Reinertrag unseres Optionshändlers
folglich 13€ je Stück, oder
1300€ insgesamt.*
[*
Zinseffekte mit Rücksicht auf die unterschiedliche Zeit des Anfalls
der Zahlungsströme wurden hier ebenfalls außer Acht gelassen.]
Steht dagegen am Verfalltage
der Aktienkurs über 70 €, so wird der Optionskäufer von der Beanspruchung
seines Optionsrechtes absehen, wonach seine Verkaufsoption wertlos verfällt.
Der Optionsinhaber muss sich sonach einen Verlust des ursprünglich für
die Optionsprämie ausgelegten Barbetrages von 7 € das Stück beziehungsweise
für den ganzen Kontrakt von 700 € gefallen lassen. Einen darüber hinausgehenden
Verlust hat er nicht zu besorgen, da die größtmögliche Verlusthöhe des
Optionskäufers, wie wir wissen, schon vom Anbeginn an auf die zum Erwerb
der Option ausgegebene Optionsprämie beschränkt ist. In der Sache wird
der Besitzer einer Verkaufsoption diese nur dann auslösen wollen, wenn
der Preis des zugrunde liegenden Handelsgegenstandes unter dem des Ausübungspreises
zurückbleibt.
Wie das erste Fallbeispiel einer Kaufoption
(Call) deutlich macht, zahlt der Käufer der Kaufoption (Long) am Tage
ihrer Ausstellung 500€ an den
Verkäufer der Kaufoption (Short). Damit erwirbt der Käufer das Recht,
am Fälligkeitstage der Option 100 XYZ-Aktien für 100€
das Stück zu kaufen oder das Recht aus der Option ungenutzt verfallen
zu lassen. Im zweiten Falle einer Verkaufsoption (Put) zahlt der Käufer
der Verkaufsoption dem Stillhalter 700 € für das Recht, ihm am Fälligkeitstage
100 ABCD-Aktien zu verkaufen oder das Recht wieder verfallen zu lassen.
Beide Mal gleicht der Vermögensgewinn des einen (Transaktionskosten
und Nutzenaspekte abgerechnet) dem Vermögensverlust des anderen. Aus
diesem Grunde pflegt man in diesem Stück oft und gerne von einem
Nullsummenspiel ("zero-sum
game") zu sprechen.
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Einiges zur Wertfestsetzung
von Optionen
Im Folgenden seien Optionen einer Marktwertbetrachtung
unterzogen. Der Marktwert einer ("plain vanilla"-) Option schwankt
innerhalb ihrer Laufzeit – gleichwie der Marktwert ihres Underlying
– immerfort, wobei er sich am Markt nach bekannten Grundsätzen über
den Preis (Prämie) durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Genauer geschildert
zerfällt ein vorliegender Marktwert ("market value"; Verkehrswert)
einer Amerikanischen Option zu jedem gegebenen Betrachtungszeitpunkt
in zwei gesonderte Teile: 1.) falls vorhanden, in den inneren Wert
("intrinsic value", "parity value", "exercise value")
und 2.) in den Zeitwert (Zeitprämie, "time value", "time
premium", "speculative value"). Der
innere Wert einer Option ist
der Wert, der dem Optionsinhaber nach ihrer Auslösung rein verbleibt,
d.h. die Summe Geldes, die
er behielte, wenn er seine Option ausübte. Dies setzt bei vorzeitiger
Geltendmachung des Optionsrechts voraus, dass eine Ausübung innerhalb
der Verfallfrist möglich und für den Halter aus finanzieller Sicht durchaus
vorteilhaft ist. Anders gewendet, was aber auf eins herauskommen, der
innere Wert einer Option ist stets und ausnahmslos der Wert, der dem
Inhaber zufällt, wenn die Option augenblicklich verfiele und man sie
nach ihrem Marktwert aufrechnete. Besitzt die fragliche Option mit Ablauf
der Verfallfrist einen inneren Wert, so wird sie im regelmäßigen Verlauf
ausgeübt werden.
Ist ein innerer Wert nicht gegenwärtig,
so rechnet sich eine Auslösung für den Halter der Option nicht. Da er
sie nicht ausüben muss, ist ihr Wert allenfalls gleich null, keinesfalls
geringer (nicht negativ), so dass sie ihm Schulden eintrüge. Sofern
der Halter der Option den Gegenwert eines inneren Wertes, solange und
soweit durch die Marktlage positiv festgesetzt, in bar zu vereinnahmen
beabsichtigt, wird er mit der Auslösung zu gleicher Zeit das Basisobjekt
der Option im Effektivmarkt gegen Kassa zum herrschenden Marktpreis
umsetzen oder sich den Unterschied durch Barabgeltung ("cash settlement")
verrechnen lassen. Der innere Wert einer Option kommt sonach stets ihrem
Ausübungswert ("exercise value") gleich. Arbitragegründe stellen
sicher, dass der innere Wert zugleich der kleinstmögliche (positive)
Geldwert ist, den eine Amerikanische Option annehmen kann. Bei Europäischen
Optionen hingegen ist das nicht gewährleistet, weil hier eine Arbitrage
nicht allezeit durchführbar ist. Getreu dem oben gegebenen Beispiel
zu 1 konnte der Inhaber durch Ausübung seiner Amerikanischen
Kaufoption eine Gesamtheit von hundert Aktien zum Basispreis von 100€
je Stück erstehen und diese in gleichem Zuge zu einem Kurswert von 115€
auf dem Kassamarkt wieder losschlagen. Der Unterschied im Preise von
15€ liefert den inneren Wert
des Calls, gerechnet auf je eine Aktie. Ihr am Markt zu lösender Geldwert
("payoff", "intrinsic value") ist hiernach ein positiver.
Demgemäß lässt sich die folgende Regel
aufstellen: Der innere Wert einer
gehaltenen Amerikanischen Kaufoption (Call) entspricht, falls größer
als null, dem Unterschied "Preis des Underlying minus Basispreis", sonst
null. Der innere Wert einer Amerikanischen Verkaufsoption (Put) entspricht,
falls größer als null, der Differenz "Basispreis minus Preis des Underlying",
sonst null. Man sagt von einer Option, die positiven inneren
Wert hat, sie liegt "im Geld" ("in-the-money" ITM). Genauer formuliert:
Der innere Wert einer Option beläuft sich auf den Kopf genau auf den
Betrag, mit dem sie im Geld liegt. Wie leicht einzusehen, wird niemand
bereit sein, wenn er nicht töricht oder ganz uneigennützig ist, eine
erkaufte Option, die "im Geld ist", unter ihrem inneren Wert wieder
herzugeben. Desgleichen wird eine erstandene und im Besitzstand gehaltene
Option ("long"), wie erwähnt, nirgends und niemals einen negativen
Marktwert annehmen; denn niemand ist dazu verbunden noch würde sich
irgendeiner aus freien Stücken dazu verstehen, seine Option auszuüben,
falls ihm das einen sofortigen Verlust bescherte, den er sonst nicht
hätte. Genau darin liegt ja der Wesenskern eines jeden Optionsgeschäfts,
nämlich in dem Recht zu wählen. Kurzum, der innere Wert einer jeden
erkauften Option kann äußerstenfalls auf null hinab sinken, die Option
damit ihren Ausübungswert vollständig einbüßen.
Darüber hinaus gibt es Optionen, die zwar
einen Marktwert, aber keinen inneren Wert haben. Solcherlei Optionen
werden mit dem Sprachkürzel "aus dem Geld" ("out-of-the-money"
OTM) liegend umschrieben. Eine Kaufoption (Call) ist "aus dem Geld",
wenn und insoweit der Marktpreis ihres Underlyings niedriger steht als
ihr "exercise price". Eine Verkaufsoption (Put) wieder ist aus dem Geld,
wenn und insoweit ihr "exercise price" unter dem Marktpreis ihres Underlyings
zurückbleibt. Eine Option, die "aus dem Geld" ist, hat keinen inneren
Wert. Allenfalls ist ihr ein Zeitwert beschieden. Ist eine Option endlich
weder aus noch im Geld, liegen also ihr Basispreis und ihr Marktpreis
auf einer oder zum Mindesten fast genau auf einer Höhe, so befindet
sich die letztgenannte Option "am Geld" ("at the money" ATM,
"pari"). Sie ist damit gewissermaßen auf der Schneide zwischen
"im Geld" und "aus dem Geld". Wo der Marktpreis des Basisgegenstandes
ganz in der Nähe des Ausübungspreises der Option liegt, sagt man gelegentlich
auch, sie notiere "near the money". Durch eine genügende Veränderung
des Marktpreises des zugrunde liegenden Gutes kann die Einstufung im
Zeitlauf der Optionsfrist mit einem Male umschlagen, oder gar nicht
selten auch wiederholt die Lage wechseln. Der Grundgedanke, der das
Verhältnis von Ausübungspreis und herrschendem Marktpreis des Basiswertes
einer Option einander in näherem Zusammenhang stellt, wird gemäß der
englisch-amerikanischen Lehre allgemein mit dem Ausdruck "moneyness"
benannt.
Das soeben Gesagte auf den kürzesten Ausdruck
gebracht ergibt:
Marktwert einer Option (Prämie) = innerer Wert
+ Zeitwert .
Bezeichnet X den Ausübungspreis ("exercise
price") einer Option und St den zum Zeitpunkt t herrschenden
Marktpreis ihres Basisobjekts, so erhält man, in abkürzender förmlicher
Schreibweise, den in folgender tabellarischen Übersicht dargestellten
Zusammenhang:
"Moneyness" |
CALL |
PUT |
Im
Geld |
St > X |
St < X |
Am
Geld |
St = X |
St = X |
Aus
dem Geld |
St < X |
St > X |
Da nun, wie eingangs geschildert, der
Wert einer Option sich zusammensetzt aus dem innerem Wert und dem Zeitwert,
ergibt sich daraus folgender logisch zwingender Schluss: Eine Option
hat einen Zeitwert, der gleichkommt
der Differenz aus der Optionsprämie und dem inneren Wert der Option;
oder in förmlicher Schreibweise ausgedrückt:
Zeitwert =
Marktwert –
innerer Wert.
Das Ausmaß des Zeitwertes einer Option
wird vom Stand zweier mitwirkender Einflusskräfte ganz wesentlich bestimmt:
einesteils von der verbleibenden Restlaufzeit der Option ("residual
time to maturity"), andernteils von der voraussichtlichen
Volatilität im Markt ihres
Bezugsobjekts, d.i. also dasjenige
Preis-Schwankungspotenzial, das ihrem Basisgegenstand während der Frist
bis zu ihrem Verfall vom Markt implizite beigelegt wird. Wie
die Praxis der Optionsgeschäfte nach feststehender Erfahrung erweist,
führt eine erhöhte (implizite) Volatilität auf dem fraglichen Markt,
unter sonst gleichen Umständen, zu einem sich hebenden Zeitwert der
Option; und umgekehrt. Dieser Befund findet seine Grundlage in dem unmittelbar
einleuchtenden Satz: Der Wert einer Option erhöht sich in dem Maße,
wie die Wahrscheinlichkeit emporsteigt dafür, dass diese binnen der
verbleibenden Laufzeit ins Geld rückt resp. ihren bereits vorliegenden
inneren Wert mehr und mehr auszubauen trachtet. Zwar hängt grundsätzlich
an jeder Option, während sie andauert, durchweg die Gefahr einer Werteinbuße
(bis hin zum gänzlichen Verfall der ausgelegten Prämie); doch wird in
Ansehung des asymmetrischen Gewinn-/Verlust-Profils von Optionen eine
solche Eventualität aus Sicht des Optionshalters nach seiner persönlichen
Wertschätzung regelmäßig hinter dem Vorteil einer in Aussicht stehenden
weit ausgebreiteten Gewinnspanne zurückbleiben. Mit zunehmendem Zeitverfluss
und mit Herannahen des Verfalltermins an die Gegenwart wird füglich
der Zeitwert der Option aus eben demselben Grunde allmählich (indessen
in der Zeit überproportional) abschmelzen ("wasting asset").
Alles Übrige als unverändert vorausgesetzt, erreicht eine Option ihren
verhältnismäßig höchsten Zeitwert in jeder gegebenen Marktlage im Regelfall
dann, wenn sie "am Geld" ("at-the-money") liegt. Eine Option,
die am oder aus dem Geld liegt, leitet ihren Wert demzufolge, wie leicht
zu durchblicken, allein aus ihrem Zeitwert her. Eine Option kann aus
naheliegenden Gründen nur vor
Erreichen ihres Verfalltermins einen Zeitwert gewähren; mit näher rückendem
Verfall schwindet ihr Zeitwert ("time value decay"). Er wird
sich bei Eintritt des Verfalls mit innerer Notwendigkeit immerfort auf
null stellen. Der Wert der Option kommt hiernach ihrem inneren Wert
gleich ("parity").
Es erhebt sich nach dem Vorangegangenen
nun die Frage, wovon der Geldwert einer Option abhängt? – Aus analytischer
Sicht offenbar wenigstens von sechs verschiedenen Gestaltungsgrößen
(Preisdeterminanten, "risk factors"): 1.) vom vorliegenden
Preis ihres Basisgegenstandes, 2.) vom Ausübungspreis, 3.)
von der verbleibenden Restlaufzeit, 4.) vom Marktzinsfuß
für sichere Geldanlagen, berechnet auf die verbleibende Laufzeit zum
Bewertungszeitpunkt, 5.) von den Erträgnissen des Basistitels
(so z.B. den Dividenden), die
während der Laufdauer anfallen, sowie 6.) von der mutmaßlichen künftigen
Breite und Kraft der Preisschwankungen des Basisgegenstandes, d.i.
die voraussichtliche Volatilität desselben. Bis auf den allerletzten,
die Volatilität, sind sämtliche der aufgezählten Parameter bei der modellgestützten
Optionspreiskalkulation mehr oder weniger bestimmt gegebene Erscheinungstatsachen.
Auf alle diese Größen baut das weithin bekannte Black-Scholes-Merton-Modell
auf, ein Optionswertmodell, das zur Bestimmung theoretischer Optionspreise
unter der Voraussetzung der Arbitragefreiheit erschaffen wurde und
das getragen wird von den Arbeiten
dreier hervorragender Gelehrter: Fischer Black und Myron Samuel
Scholes, 1973, wie ferner von
einer gesonderten Arbeit Robert Cox Mertons'. Die bestimmt gegebenen
Elemente sowie der beobachtete, hier als sachgerecht und angemessen
angenommene Optionspreis in die Modellformel eingesetzt und iterativ
nach der einzig unbekannten Größe, der Volatilität, aufgelöst, ergibt
die sogenannte "Implizite Volatilität" ("implied volatility",
"implicit volatility"), auf die in der Anwendung vor allem abgestellt
wird. Die Implizite Volatilität hat sich ihren Namen also dadurch erworben,
dass der dem Marktgeschehen abgelesene Optionspreis Ausmaß und Grad
der Volatilität des Basisgegenstandes "impliziert", wie sie ihm die
Optionswertformel beilegt. Vorbedingung ist immer, dass sich die Volatilität
im Laufe der Optionsfrist nicht ändert. Ferner ist augenfällig, dass
die in der Finanzwirtschaft sonst höchst bedeutenden Vorteilsmaße der
erwarteten Rendite des Basisgegenstandes und der Risikovorlieben
der Optionshändler bei der modellmäßigen Optionspreisberechnung überhaupt
nichts auf sich haben (präferenzfreie Optionsbewertungstheorie).
LYNX Depot: Optionen und Futures ab 2,00 Euro handeln
Abschließend seien
noch einige Grundbenennungen aus der Optionsterminologie des Näheren
erläutert, die im Umgang mit
bedingten Termingeschäften häufig auftauchen:
Als Klasse einer Option
("option class") werden alle Optionen übereinstimmenden Typs
und Stils – also beispielsweise "alle Amerikanischen Kaufoptionen",
oder auch "alle Europäischen Verkaufsoptionen" – auf ein und denselben
infrage stehenden Basiswert (z.B.
auf ABCD-Aktien oder auf den
DAX®) benannt. Demnach gehören alle Amerikanischen Kaufoptionen
auf die ABCD-Aktie zu einer Klasse, wohingegen alle Amerikanischen Verkaufsoptionen
auf die ABCD-Aktie unter eine andere Klasse gehören.
Innerhalb jeder Klasse bilden alle Optionen
mit dem gleichen Verfallsdaten eine eigene
Laufzeit-Klasse ("maturity
class"), beispielshalber alle Amerikanischen Kaufoptionen auf die
ABCD-Aktie, die auf den kommenden Juli-Termin befristet sind.
Als Optionsserie ("option
series") bezeichnet man alle Optionen, die in einer Laufzeit-Klasse
den gleichen Ausübungskurs aufweisen. Alle Europäischen Verkaufsoptionen
auf die XYZA-Aktie mit Verfallsdatum im kommenden Juli und einen Ausübungskurs
von 10 € beispielsweise gehörten demnach zu ein und derselben Optionsserie.
Optionen lassen sich des Weiteren danach
auseinanderhalten, ob sie an hoch organisierten Märkten (Börsen)
notiert und gehandelt werden oder ob sie in gerader Linie das Ergebnis
persönlicher Vertragsabstimmungen zweier rechtlich gleichgestellter
Vertragspartner sind. Ersterenfalls spricht man von "exchange-traded
options", letzterenfalls von "over-the-counter options"
(OTC) oder "dealer options". Während die übergroße Mehrzahl der
am Sekundärmarkt Börse gelisteten Optionen vom Typus "American style"
ist, geben OTC-Optionen ein weit umfangreicheres Mischungsverhältnis
aus den beiden Stilarten zu erkennen.

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