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Trading: das Spekulationsmotiv
im Handel mit Futures
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Tagaus, tagein treffen
Trader, Hedger
und Arbitrageurs,
die sich dem Wettbewerb tätig zu stellen gewillt und gewohnt sind, aus
aller Herren Ländern an den Finanzmärkten zusammen, um zwischen- und
untereinander Handel zu treiben. Hierbei kommen die verschiedensten
Handelsformen, Instrumente und Strategien zum Einsatz. Seine wohl technisch
höchste Vollendung findet der Handelsverkehr stets dort, wo die Gegenstände
des Handels in die Aufmachung der
derivaten
Finanzmarkttitel gekleidet sind: an den gut geordneten, geregelten,
hoch ausgebildeten Terminmärkten, also hauptsächlich an den
Terminbörsen.
Damit ist zugleich der an den Terminmärkten vertretene Teilnehmerkreis
bestimmt, der sich nach den drei eben benannten Klassen teilt. In den
Mittelpunkt der nachfolgenden Betrachtungen seien vorzugsweise die Handelstätigkeiten
des Traders gestellt.
Der englischsprachige
Name Trader bezeichnet einen
Handelsspekulanten, der das Geschäft des Tradings versieht. Unter
dem Ausdruck
Trading versteht man gemeinhin die unter wiederholtem
Einsatz von Risikokapital eingeschlagene Handlungsweise der willentlichen
Übernahme eines Preisänderungsrisikos zu allermeist nur auf sehr kurze
Frist, in Erwartung eines Vermögenszuwachses aus einer sich in der nächsten
Zukunft einspielenden Verschiebung in der positiven Differenz zwischen
Kauf- und Verkaufspreis (Preisüberschuss) der umgesetzen Finanzmarkttitel
(Handelsspekulation in Form der
Differenzspekulation).
Ein Trader betreibt das Trading also entschieden um des Gewinnes willen.
An einer realwirtschaftlichen Bindung an dem Gegenstand seiner Spekulation,
dem jeweiligen Basisgut, von dessen Preiswechsel der Ausgang
seiner Geschäfte im letzten Grunde abhängt, liegt dem
Trader in aller Regel nichts. Es führt ein Dasein für ihn gewissermaßen
nur als Anhängsel auf dem Papier. Alles dreht sich ihm
vielmehr um die Preisgestaltung. Aber nicht bloß in dieser Richtung
besteht zwischen der Zunft der Trader und den übrigen am Marktgeschehen
Anteil nehmenden ein vergleichsweise scharfer Gegensatz, wie im Folgenden
noch ersichtlich werden wird.
Ein Blick in die einschlägigen
statistischen Marktberichte (z.B.
in den von der US-amerikanischen Aufsichtsbehörde CFTC veröffentlichten,
viel beachteten "Commitments of Traders Report",
COT Report) gibt Zeugnis davon, dass die einzelnen Gruppen der Marktteilnehmer
auf den Zukunftsmärkten im Allgemeinen ganz ungleich stark besetzt sind.
Stellt man etwa die Zahl der Spekulierenden (Trader;
auch weniger vornehm "player" oder "Differenzspieler" genannt)
jener der anderen auf den Börsenterminmärkten tatkräftig beteiligten
Kreisen vergleichend entgegen, so erweist sich, dass die spekulativ
ausgerichtete Partei in etlichen Marktabschnitten wiederholt den überwältigenden
Anteil nimmt. Kraft ihrer Prävalenz ist sie ohne Zweifel befähigt, in
ihrer Gesamtheit den spürbarsten Einfluss auf das allgemeine Marktgeschehen
auszuüben.
Doch selbst dann, wenn
das wechselseitige Häufigkeitsverhältnis der oben benannten Trias in
der weit überwiegenden Mehrzahl eine wahrhaftige Vorherrschaft der Gilde
der Spekulanten zu Tage fördert, so ist diesem Umstand jenseits aller
sittenstrenger Wertungen dennoch ein nicht gering zu achtender Vorteil
zu verdanken: Der von den zahlreich vertretenen Terminspekulanten ausgehende
breite Zustrom von Risikokapital verteilt sich im großen Ganzen auf
eine recht überschaubare Zahl von vorbereiteten Finanzderivaten. Die
Zusammenballung der finanziellen Mittel auf diese Letzteren bewirkt
wieder eine Vertiefung der Märkte mit dem Erfolg einer beträchtlichen
Hebung ihrer Handelsverkehrsziffern ("volume"
und Liquidität),
was nicht nur den Vorzug einer Erhöhung der Aussagekraft der Marktpreise
(Informationseffizienz) zubringt, sondern vor allem auch den einer Festigung
der Standhaftigkeit und einer Steigerung der Nachhaltigkeit*
des Marktverkehrs auf dem gesamten Gebiet börsennotierter Terminkontrakte
zur naturgemäßen Folge hat. Im Verhältnis zur Gruppe der risikoscheuen
Hedger tragen die risikofreudigeren Spekulanten als Gegenpartei von
Kurssicherungsgeschäften überdies
bewusst die Gefahr von mitunter empfindlichen Vermögenswertverlusten
und verschaffen Ersteren hierdurch die erwünschte Versicherungsleistung.
[* Liquide Märkte
gelten als Grundvoraussetzung für informationseffiziente, vollkommene
Märkte. Der Segen effizienter Märkte liegt für praktische Zwecke wieder
darin, dass vermöge einer berechenbaren, kontinuierlichen, verbürgten
Marktbewertung Anpassungsentscheidungen an neu eintreffende, richtungweisende
Informationen sich über zweckentsprechende Transaktionen ohne Reibungsverluste
mit einem Wurf umsetzen lassen ("reibungsloser Ein- und Ausstieg" in
unmittelbarer Aufeinanderfolge, "friktionsloser Sekundärmarkthandel").
Dies bewirkt mit Blick auf den Gang der Preise rein äußerlich, dass
sich potenziell größere Kursfluktuationen gehäuft zahlreicheren kleineren
fügen.]

Finanzderivate lassen
sich je nach vorschwebendem und möglichem Verwendungszweig den unterschiedlichsten
wirtschaftlichen Belangen dienstbar machen: Preisfindungs- und Sicherungszwecken
so gut wie Arbitrage- und Spekulationszwecken. Mit ganz unterschiedlichen
realwirtschaftlichen Auswirkungen. So ist den leibhaftigen Tradern an
den Derivatebörsen, ungleich der überwiegenden Mehrzahl der Hedger als
auch den Arbitragehändlern i. e.
S. gegensätzlich, im Allgemeinen nichts an der gegenständlichen
Lieferung oder gar an der Herstellung der den einzelnen
Futures- bzw.
Optionsgeschäften
zugrunde liegenden wesentlichen Wirtschaftsgütern ("underlying assets")
gelegen. Vielmehr richten Trader ihr Augenmerk vor allem anderen auf
den möglichen Gang des Kontraktpreises. Im Bestreben, aus dem Wechsel
der Preisverhältnisse auf den Märkten Kapital zu schlagen, kaufen sie
in Aussicht auf mutmaßlich steigende Kurse Terminkontrakte ("long")
für den ungewissen Verkauf, und verkaufen umgekehrt in Erwartung sinkender
Kurse Terminkontrakte ("short") für den ungewissen Kauf (Börsenspiel,
Agiotage). Über den tatsächlichen Ausgang der Kursentwicklung beim Gegenstand
ihrer Differenzspekulation lässt sich von Anfang bis zu Ende allenfalls
eine vage Mutmaßung hegen. Erst in Nachhinein steht fest, wer wie viel
gewinnt und wer wie viel verliert. Allein dieser Gesichtspunkt des daran
hängenden Spielrisikos stempelt sie vordergründig zu Spielern ("player").
Auf der anderen Seite trägt jeder von ihnen durch seine bloßen Handelsbemühungen
aus sich heraus zur Bildung der für jedermann erkennbaren Marktmeinung
bei.
Ziele im Trading
Trader haben sich das
Erhandeln von Differenzgewinnen zum obersten Ziel gesteckt. Dies Strebeziel
bedingt, die aussichtsreichsten aus der Fülle der an den Märkten zugänglichen
Handlungsgelegenheiten herauszugreifen und sie auf geschickte Weise
in die wirkliche Tat umzusetzen: das "selektive Handeln". Einem solchen
Handeln wird vorgearbeitet durch den Rückgriff auf sinnvoll ausgedachte
Trading-Strategien. Derart
hochstehende Handelspläne, einmal ausgeklügelt, gehen wie aus einem
Guss hervor aus einem Satz besonderer Verhaltensmuster und marktgerechter
Regeln, die den Anspruch in sich aufnehmen, im großen Durchschnitt und
auf die Dauer ("in the long run") weit überlandesübliche Renditen
zutage zu fördern. Die davon hergeholten Markttaktiken passender Art
gelangen fallweise zum Einsatz, sowie eine mutmaßlich vorteilhafte Verschiebung
der Marktlage in Aussicht steht, für die der Händler eingenommen ist
und die ihn zum Tätigwerden an den Terminmärkten herausfordert.
So wird der spekulativ
ausgerichtete Terminhändler von Fach, der in schicklicher Weise über
die verschiedenen Verfahrensarten im Trading unterrichtet ist, mit Bewusstsein
danach trachten, durch wohldurchdachtes, entscheidungsbezogenes Aufsuchen
von günstigen Gelegenheiten an den Märkten (samt ihren Risiken!) mithilfe
eines darauf fein abgestimmten Plans aus den Zukunftsmöglichkeiten der
Preisbewegungen von Finanzderivaten auf kurze Frist gezielt Nutzen zu
ziehen (Wagnis, Wette; willentliche Aufhöhung des "risk exposure"
durch Aufbau von offenen Posten, "hold and hope"-Strategie; "aleatorische
Verträge"); oder um es ohne Umschweife und rundheraus zu sagen: Der
verständige Händler baut seine Geschäfte nicht völlig planlos ins Ungewisse,
sondern wettet mit weisem Bedacht nach einem im Voraus zurechtgelegten
Plan ("investment decision"). Er wettet planmäßig, indem er seine
gesamten Fachkenntnisse und alle seine Fähigkeiten mit allem Vorbedacht
in einem gelegenen Augenblick in Wetten auf den
Terminkurs umsetzt
("trade dicision"). Seine Zielsetzung geht vorzugsweise darin
auf, durch gewagtes, aber gewandtes Tätigwerden auf den Weltmärkten
für Termingeschäfte allein aus dem Spiel der Preise in absehbarer Zeit
überverhältnismäßig ertragreiche Spekulationsgewinne für sich zu erwirtschaften.
Auf der Kehrseite indes ist jedes der auf den Derivatemärkten unternommene
Verpflichtungsgeschäft von vornherein der niemals zu verkennenden Gefahr
ausgesetzt, aus verfehltem Einsatz spekulativer Eigenmittel, zumal bei
grobem Irrtum über die Marktlage und Eintritt nicht auszudenkender,
nicht vorausgewusster oder nicht vorausdurchdachter (nicht antizipierter)
Entwicklungen, auf einen Schlag kaum wieder gutzumachende Vermögensverluste
anzuhäufen. So manch ein Futures-Händler, gegen den sich der Markt wandte,
ist durch bittere Erfahrung darüber belehrt worden. Mit einem Worte:
Chancen und Risiken gehen an den Märkten Hand in Hand, sie sind unlöslich
in einem sich gegenseitig bedingenden Verhältnis eisern ineinander eingeankert!
Bei genauerem Zusehen
sind gut geglückte Spekulationsgeschäfte, denen obendrein ein begründeter
Anspruch auf Nachhaltigkeit beschieden sein mag, vornehmlich hergenommen
von einem zeitigen wie zuverlässigen Auffinden – je eher, je besser
– und gekonnten Ausnutzen der sich auftuenden Gewinnaussichten in und
zwischen den Terminmärkten, d.i.
von der Fähigkeit der raschen wie zutreffenden Antizipation künftiger
Kursverläufe mitsamt allen zu berücksichtigenden Begleitumständen (idealerweise
"Gewinne aus Wissensvorsprüngen")*. Jede Handelsstrategie, die
eben darauf baut, will – bei aller Schnelllebigkeit der einzelnen sich
darbietenden Vorteilsgelegenheiten – vorher reiflich überlegt sein.
Meist sind sie das Ergebnis langer, scharfer Beobachtungen der Märkte.
Sind die für die Stich- und Hiebfestigkeit seiner Strategie nötigen
Denkanforderungen und Bemühungen an Voraussicht einmal geleistet ("research"),
wird der börsengeschäftskundige Händler mit nüchternem Kalkül und Verstand,
dass der Wissensstand über die Zukunft sich in einem fort ändern wird,
bewusst einen offenen "Risiko-Posten" zu einem der vorübergehenden Terminpreise
aufbauen ("entry", "naked futures position"), sowie er
seine Spekulation für zutreffend hält und auch das damit aufgenommene
Wagnis nicht scheut. Bei der Gelegenheit ist daran gedacht, diesen in
einem für sein Vorhaben günstig scheinenden, aber wenigstens für den
Augenblick noch nicht genau bestimmbaren künftigen Zeitpunkt**
zwar zu einem erstrebten, im Voraus gewollten, überhaupt aber noch unbekannten
Terminkurs wieder zu schließen ("exit"). Erfüllen sich hierauf
die ursprünglichen Erwartungen durch Verwirklichung der erhofften Preisverschiebungen
im Markt, so werden die vorgehaltenen Posten dem Vorhaben gemäß mittels
eines gegenläufigen (kompensierenden) Geschäfts (Gegengeschäft)
zum dann herrschenden Marktpreis wieder geschlossen und auf diese Weise
die bis dahin angewachsenen Kursdifferenzgewinne heimgebracht. Erweisen
sich die Vorhersagen hingegen als trügerisch oder grundfalsch, ganz
gleich, ob aus persönlichem Ungeschick, Missverstand oder infolge umschlagenden
Glücks, und die Kurse laufen den Erwartungen arg zuwider, so rächt sich
dies unweigerlich durch mitunter schmerzliche Vermögensverluste, die
sich der Händler aus seinen eingegangenen Verpflichtungen gefallen lassen
muss (Kursdifferenzverlust). Eben diese allezeit im Zaume zu halten
ist ebenfalls ein hochwichtiger Teil jeder wohlbedachten Handelsweise
(Trading-Strategie, "money management"). – Durch eine vorgelagerte
Aufmachung der einzelnen derivaten Erzeugnisse von einheitlicher Art
(Standardisierung)
werden an den Terminbörsen die nötigen Voraussetzungen geschaffen zum
einen für eine jederzeitige Handelbarkeit bei schnellem und einfachem
Marktzugang und zum anderen für eine rasche Abwicklung der Geschäfte
zu möglichst erschwinglichen Handelsspesen (Transaktionskosten),
wodurch die Aussichten auf einen Abschluss zu allseits fairen und angemessenen
Preisen sich insgesamt verbessern.
[* Die Grundlage
für einen einträglichen Ansatz im Trading können einerseits Wissensvorsprünge
bilden, die durch Informationsauswertung unter blitzartiger Verarbeitungsgeschwindigkeit
gewonnen wurden, also i. d.
R. durch die planmäßige Ausnützung (noch) nicht allen zugänglichen
Wissens, und andererseits freilich auch durch einfallsreiches Handeln
("alertness"). Hierbei wird beabsichtigt, in Anbetracht der Gewissheit
über die Lückenhaftigkeit des eignen Wissens, aber im Vertrauen auf
überlegene Expertise und Informationsverarbeitungsqualität, aus unvollständigem
Wissen anderer Kapital zu schlagen.]
[** Derivatehändler
stehen bei alledem gewöhnlich unter einem gewissen Zeitdruck. Denn im
Unterschied von Kassa- und Spotmarktgeschäften, wo der Verwirklichungszeitpunkt
durchaus in ferner Zukunft liegen mag, sind die finanziellen Ergebnisse
aus Futures- und Optionsgeschäften zumeist sehr kurzfristig, d.h.
spätestens "zum Termin" geltend
zu machen und abschließend abzurechnen. Vgl. hiezu ergänzend:
"roll over" mit Futures.]
Allgemein gefasst:
Spekulativ tätige Händler, die auf bald steigende Kurse rechnen, kaufen
Terminkontrakte um des vorteilhafteren Verkaufes willen – sie "gehen
long". In der Fach- und Standessprache der Börsen werden diese Markthändler
gemeiniglich als "bulls" bezeichnet,
sie sind "bullish" in ihren Markterwartungen (Haussiers). Ihnen stehen
Marktbeteiligte gegenüber, die auf fallende Kurse setzen. Sie verkaufen
Terminkontrakte in der Hinaussicht, zu ermäßigten Kursen Deckung zu
finden – sie "gehen short". Letztere heißen "bears",
ihre Markterwartungen sind "bearish" (Baissier). Die Rechnung des Haussiers
ist im Großen und Ganzen aufgegangen, wenn er spätestens zum Liquidationstermin
des Futures die Gelegenheit findet, seinen Kontrakt zu einem den Einstandskurs
und die Kosten des Börsengeschäfts übersteigenden Kurs glattzustellen;
jene des Baissiers dagegen ist aufgegangen, wenn sich ihm bis zum Liquidationstermin
des Futures die Möglichkeit bietet, seinen Kontrakt zu einem gegenüber
dem Einstandskurs entsprechend niedriger stehenden Kurs wieder einzudecken.
Andernfalls muss jeder von ihnen bald Verluste hinnehmen oder doch bald
seinen Posten mit ungewissem Ausgang auf einen späteren Termin umlegen
("rollen"; auf die
Gefahr von "Rollverlusten" hin).
Ein ordentlicher Verkehrsvorgang
an den Börsenterminmärkten setzt, abgesehen von Optionskäufen, i.d.R.
die Erbringung eines
Ersteinschusses
("initial margin") voraus. Da bekanntlich der für die Teilnahme
am Futures-Handel erforderliche Mindesteinschuss im Verhältnis zum eigentlichen
Kontraktgegenwert durchweg außerordentlich gering anschlägt*,
geht daraus ein stattlicher Hebeleffekt (Leverageeffekt)
hervor, der auf beiden Seiten – Long wie Short – gleichermaßen Wirkungskraft
erlangt. Der Hebeleffekt wird eine umso kräftigere Wirkung entfalten,
je niedriger der Bruchteil der Mittel für den Ersteinschuss in Anschlag
steht, die aufzubringen erforderlich wären, eine entsprechende Positionierung
an den Spot- oder Kassamärkten einzuleiten. Der Hebeleffekt ist ein
bedeutsamer Beweggrund für eine Teilnahme am Terminhandel, weil er einer
willkommenen Verringerung des Finanzmitteleinsatzes
(= Kreditfunktion von Hebelprodukten)
in die Hand spielt. Am Ende aber ist dieser notwendig erkauft mit einer
Ausweitung des übernommenen Preisrisikos – was schlussendlich die Bereitschaft
zum Aufbau spekulativer Posten augenscheinlich mehr befördert und befruchtet
denn hemmt.
[* Dies geht mitunter
soweit, als im Tagesgeschäft durchaus auch ganz ohne Ersteinschuss mit
Futures gehandelt werden darf, sofern eine etwaige verbleibende Nettoposition
am Tagesende eines Handelsabschnitts ("overnight") gedeckt ist.]
Der eigentliche Pfiff
von Futures-Geschäften liegt für den von Risikofreude geprägten Händler
allemal darin, durch Einsatz von vergleichsweise geringen Summen kraft
des Hebeleffekts mit besten Erfolgsaussichten auf kurze Frist von günstigen
Gelegenheiten auf den Terminmärkten Gewinn ziehen zu können. So
ist es dank der gewaltigen Hebelkraft von Finanzderivaten bei kaum nennenswerten
Börsenhandelskosten keine Seltenheit, dass, besonders manchenorts in
heftig schwankenden ("volatilen") Terminmärkten, auf den hinterlegten
Ersteinschuss ("inital margin") bezogene Renditen ("return
on margin" ROM) von mitunter vielen 100 Prozenten innerhalb
kürzester Zeit zur Verwirklichung gebracht werden. Und so kann es sein,
dass es dem einen oder anderen beschieden ist, wie aus dem Nichts ein
ansehnliches Vermögen aufzuhäufen. Durch die jüngsten Zugewinne an finanzanalytischen
Einsichten zusammen mit der steten Fortentwicklung von elektronischen
Handelsvorrichtungen ("electronic trading systems"), welche die
Handelsfrequenzen beständig zu steigern vermögen (bis hin zum Hochfrequenzhandel)
und gleichzeitig die Ankauf- und Verkaufkosten für die eingegangenen
Verpflichtungen an den Börsen immer tiefer herabmindern, dazu begünstigt
von tendenziell zunehmenden Volatilitäten*
in den Terminmärkten, wird die innere Bereitschaft etlicher Händler
zur Teilnahme am Futures-Handel noch um ein Zusätzliches verstärkt.
[* Die
Volatilität umschreibt Stärke
und Frequenz von Kursauschlägen, die auf dem bezüglichen Markt auftreten.
Volatile Märkte schaffen allseitig einen Anreiz zur Spekulation, erhöhen
andererseits aber auch vielfach die Notwendigkeit zum Abschluss von
Preissicherungsgeschäften ("hedging"). Gleichzeitig ist festzustellen,
dass mit steigender Volatilität tendenziell besonders die indirekten
Transaktionskosten steigen.]
Doch ist hier doppelte
Vorsicht am Platze und darum sei eindringlich vor Schaden gewarnt! Den
überaus verlockenden Gewinnhoffnungen auf der Bildseite steht nämlich
die Wertgefahr auf der Kehrseite untrennbar gegenüber! Anders als bei
Optionskäufen etwa, wo äußerstenfalls die bereits bezahlte Optionsprämie
("total premium") verloren gehen kann, muss der mit Futures Spielende
auf Verluste gefasst sein, die bei einer unglücklichen, unbesonnenen,
unzeitigen, leichtsinnigen oder unsachgemäßen Anwendung in ihrem Ausmaß
sein Privatvermögen binnen kurzem vollständig aufzuzehren ("Substanzrisiko"),
wenn nicht weit zu übersteigen imstande sind ("Übersubstanzrisiko").
Für das vermögensmäßige Einstehenmüssen für Verluste aus Futuresgeschäften
von spekulativem Charakter ist im Falle ihres Leerverkaufs (also solche,
die in Gestalt von singulären Short-Futures-Position gehalten
werden) bei steigenden Notierungen theoretisch sogar keine Grenze absehbar,
während selbiges bei Kaufpositionen (singuläre Long-Futures-Position)
und fallenden Kursen, so bedauerlich es für den Einzelnen sein mag,
in seinem Ausmaß immerhin durch den mit dem Einstandskurs ausgemachten
gesamten Kontraktgegenwert zum Termin praktisch auf eine natürliche
(wenngleich nicht allerorten verbindliche) Grenzlinie stößt. Ein grober
Fehlgriff bei Futuresgeschäften kann mithin unersetzlichen Schaden bringen
und so ganze wirtschaftliche Existenzen verderben, ja sie vielleicht
ein lebelang zugrunde richten!*
[* Hier liegt
zugleich auch eine gewisse Gefahr, die in der Natur des menschlichen
Seelenlebens begründet ist: Die tatsächliche Leistung einer Zahlung
wird meist wohl überlegt, während die bloße Übernahme einer gleich großen
Schuld meist flugs von der Hand geht.]
Die eigentliche Ursache
für das buchstäblich bis ins Uferlose reichende Verlustpotenzial gerade
bei fehlgeschlagenen Short-Spekulationen besteht darin, dass im Rahmen
von Futuresgeschäften die Verpflichtung des Positionsinhabers – trotz
und wegen des verhältnismäßig geringen Ersteinschusses an Margin – sich
grundsätzlich auf den Gesamtwert des bewegten Kontraktumfangs
erstreckt (Hebelwirkung) und der Marktpreis hierbei kein oberes Limit
für die Beschaffung der unterliegenden Werte kennt. Der nach einer Schieflage
erlittene Vermögensverlust der einen Marktseite entspricht bei Geschäften
mit Futures – vorbehaltlich von Transaktionskosten und abgesehen von
Nutzeneffekten – in seiner Höhe stets dem Gewinn der jeweils anderen
Marktseite ("Nullsummenspiel",
symmetrisches Gewinn-/Verlustprofil).
Die Wahrnehmung der beachtlichen Gewinnchancen an den Futuresmärkten
ist also unentrinnbar mit der höchst gegenwärtigen Gefahr des Misslingens
erkauft. Grelle Verluste können sohin die unerbittliche Folge sein.
Ein weiterer Glanz- und
Anziehungspunkt, der eine spekulative Teilnahme am Terminkontrakthandel
erst nach jeder Seite befruchtet, folgt aus der Leichtfüßigkeit, mit
der sich Leerverkäufe ("short selling") in Futures einleiten,
durchführen und abschließen lassen. Dank den vergleichsweise kleinen
Kosten wie auch der geschmeidigen Handhabung von Short-Positionen in
Futures lässt sich eine schlüssige Strategie der Differenzspekulation
auf fallende Preise oftmals schneller, bequemer und billiger durch den
Einsatz von Termingeschäften verwirklichen als über einen Leerverkauf
des zugrunde liegenden Instruments im korrespondierenden Barmarkt selbst
(vgl. hierüber auch Wertpapierleihe
und Leerverkauf von Aktien).* Es gilt dies naturgemäß umso
mehr von Termingeschäften mit Warencharakter, den
Commodities.
Durch die wahrhaftige Gleichrangigkeit von Kauf- (Long-) und Verkaufs-
(Short-) Positionen gewinnen die Geschäfte an den Derivatebörsen, verglichen
mit Spot- und Kassamarktaktivitäten, damit noch zusätzlich an Anziehungskraft.
[* Ohne an dieser
Stelle in die Einzelheiten zu gehen, lassen sich als weitere Nachteile
von Spotmarktgeschäften gegenüber Operationen am Terminmarkt anführen:
1.) generell höhere Transaktionskosten bei identischen Volumina, 2.)
Refinanzierungsnotwendigkeit, 3.) eine dem gewünschten Risiko-/Ertragsprofil
entsprechende Positionierung lässt sich nicht oder nur schwer bewerkstelligen,
4.) steuerliche und administrative Erfordernisse, negative Bilanzauswirkungen,
Meldepflichten u.dgl.m.]
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Die einzelnen Gruppen spekulativer Marktteilnehmer
im Futures-Handel

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