Zur Funktionsweise
von Hedging mit Futures − die Bedeutung
der Basis
Um
sich die charakteristischen Eigenschaften und die Wirkungsweise von
Hedgegeschäften unter Verwendung von
Futures zu erschöpfenden Verständnis
zu bringen, bedarf es einiger aspektbezogener Kenntnisse von grundlegenden
Sachverhalten und Zusammenhängen. Von zentraler Bedeutung ist darum
die folgende Deutung, vorgetragen in Form einer Gleichung:
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Allgemeine Definition der
Basis:
Die Basis B
sei definiert als:
B = K
− F . |
In Worten
ausgesprochen:
Basis (B) ist gleich
Kassa- bzw. Spotmarktpreis
(K) des abzusichernden Marktgegenstandes minus
Futures-Preis
(F) des zur Kurssicherung ausgewählten Terminkontrakts, bezogen und
berechnet auf ein und denselben, grundsätzlich beliebigen, Feststellungszeitpunkt.
Oder, um der sprachlichen Kürze willen:
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Basis gleich Cash-Kurs minus
Futureskurs.*
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Nun ist
nichts gewöhnlicher als Bar- und Futureskurse von ungleicher Höhe. Gesetzt
den Fall, der Cash-Kurs K eines bestimmten Gutes kann sich über
dem hierauf bezüglichen Futureskurs F ein und desselben Feststellungszeitpunkts
behaupten, so nimmt die Basis vor dem hier zugrunde gelegten Verständnis
einen positiven Wert an; liegt umgekehrt der auf dem Spot- oder
Kassamarkt bestehende Kurs K unter dem zeitgleich ausgehandelten
Futureskurs F, so ist die Basis in ihrem ziffermäßigen Ausdruck definitionsgemäß
negativ. Insoweit spiegelt sich in der Basis der Zu- bzw. Abschlag
("premium/discount") beim Spot- oder Kassakurs gegenüber dem
Kurs eines Futures zu einem gegebenen Betrachtungszeitpunkt im Zahlenwert
wider. Wer auf Termin kauft ("long") oder verkauft ("short"),
tut dies also nicht zum Barpreis, sondern zu einem um die Basis erhöhten
oder verminderten Barpreis.
[* Hinweis:
In der auf dem Untersuchungsfeld des Hedging gängigen Fachliteratur,
zumal in der über Hedging mit
Financial Futures, stößt
man bisweilen auch auf die konkurrierende Deutung: B = F − K. In ihr
ist der Futures-Preis der Minuend, der Barpreis der Subtrahend. Am Prinzip
der Basis selbst verschlägt diese Spielart aber nichts. (Anmerkung:
Auch im Falle eines Cross-Hedge,
der nachfolgend noch eingehend behandelt werden soll, bleibt die einmal
gewählte Auslegung des Begriffs der Basis aufrecht, ganz gleich, auf
welche von beiden sie im einzelnen Anwendungsfall gewendet ist.)]
So mag
beispielshalber der maßgebliche Preis für prompte Geschäfte (Spotmarktpreis)
in Rohöl der Sorte Brent augenblicklich auf 50 US-$ je
Barrel stehen, der betrachtete
Brent-Rohöl-Futureskontrakt (gewöhnlich wird der nächste oder übernächste
Termin herangezogen;
z.B. zu Anfang des November
2021 dürfte dies der Termin zur Auslieferung im Dezember 2021 sein)
an der Londoner Terminbörse
ICE dagegen mag sich zeitgleich auf 52 US-$ behaupten. In diesem
Fall beläuft sich die Dezember-Basis auf −2 Dollar (gesprochen:
"2 dollars under", "2 Dollar unter (Dezember)"; der Markt
befindet sich demzufolge im Preiszustand einer sogenannten "contango"-Situation.
Im gerade umgekehrten Falle einer "backwardation"-Situation spricht
man analog von "2 dollars over".). Es ist nun eine naheliegende
Sache, dass die Basis nicht nur nach dem Preis, sondern auch im Hinblick
auf den Handelsplatz ("location basis") und der Qualität der
jeweiligen Ware ("quality basis") variieren kann und sich demgemäß
sprachlich damit übereinstimmend benennen lässt (z.B.:
"Brent, Basis loko Rotterdam"). Demnach kennt man zu jedem Zeitpunkt
mindestens so viel Basen wie es a.) verschiedene Termine, b.) verschiedene
Provenienzen und c.) verschiedene Qualitäten eines Produktes gibt.
Wie leicht
zu ermessen, verbliebe die Basis auf ihrem alten Stand, sofern Cash-
und Futureskurs des betreffenden Gutes andauernd und regelmäßig gleichen
Schritt hielten. Dann und nur dann nämlich würden bei jeder Variation
des Kursniveaus beiderlei Kursziffern sich immerzu um einen Betrag von
rechnerisch absolut gleicher Höhe verschieben. Es liegt somit klar zutage,
dass Preisänderungen nur in ungleichen Beträgen die Basis in ihrem Wertstand
zu verrücken vermögen. − Allein der Name "Basis" weist erkennbar darauf
hin, dass der Terminkurs auf dem Spotmarktpreis "basiert", er
demzufolge im markttechnischen Sinne in ganz bestimmter Weise an ihm
fixiert sein muss und ergo sich von diesem nicht losgelöst wird entwickeln
können. Was dieser Beziehung im Einzelnen ihr Gepräge gibt, soll in
den folgenden Textabschnitten bei Gelegenheit noch besonders untersucht
werden.
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Die Spotmarktpreise der lokalen Gütermärkte beziehungsweise Kassakurse
der maßgebenden Wertpapierkassamärkte auf der einen und die ihnen gegenüberstehenden
Futureskurse des zugeordneten Terminmarktes auf der anderen Seite werden
im Allgemeinen zu jedem Zeitpunkt der Preisfeststellung zahlenmäßig
auseinandergehen. In diesem auch empirisch wohl verbürgten Sachverhalt
liegt insofern nichts Auffälliges oder Ungewöhnliches, als der Markt
für umgehende Lieferungen geradeso wie der zugehörige Terminmarkt jeder
für sich äußerlich einen eigenständigen Markt bilden, auf denen jeweils
selbständig fixierte Kurse zur Erscheinung kommen, sobald und insoweit
diese vorrangig ihren eigenen markttypischen Kursdeterminanten unterworfen
sind. Ebenso dürfte es ohne weitere Auseinandersetzung klar sein, dass
schon allein wegen der Verschiedenheit der zeitlichen Verfügbarkeit
ihrer Marktgegenstände beide Teilmärkte voneinander separat stehen,
selbst wenn an Ort und Stelle der Sache nach leiblich vollkommen gleichartige
(homogene) Güter umgesetzt werden. Im ursächlichen Zusammenhang betrachtet
stehen beide Marktbereiche gleichwohl nicht vereinzelt da, sondern stehen
in einer innigen ökonomischen
Wechselbeziehung, welche sie an einer aparten Preissetzung beharrlich
hindert. Eben diese nimmt ursächlichen Einfluss darauf, dass Cash- und
Futureskurse eines und desselben einheitlichen Marktgegenstandes für
gewöhnlich (1.) in jeweilig gleicher Richtung einen weithin parallelen
Gang nehmen und (2.), dass bis zum Laufzeitende eines Futures-Kontrakts
diese sich – gemeinhin mit gewissen Schwankungen – ziffermäßig nach
und nach immer mehr anzunähern trachten, um sich im Augenblick des Fälligwerdens
des Kontrakts endlich ins richtige Ebenmaß zu stellen.
Zurückleiten lässt sich der Beobachtungssachverhalt der sich allmählich
angleichenden Preise von Effektiv- und Termingut regelmäßig auf den
Umstand der mit kürzer werdender Restlaufzeit abnehmenden Nettofinanzierungskosten,
d.h. auf im Zeitablauf
sinkende spezifische Haltekosten
für das betreffende Gut, welches das Underlying bildet (vgl. hierüber
ins Einzelne ausgeführt: der "cost
of carry"-Ansatz zur Preisbildung von Futures). Der Erfolg von
Hedging mit Futures beruht nun seinerseits, wie zu zeigen ist, unmittelbar
auf dem eben aufgeführten Mechanismus des Preisverbunds mit Konvergenz
der Preise gegen einen zusammengehörenden gleichmäßigen Stand im Zeitpunkt
der Terminfälligkeit des nämlichen Kontrakts. Fassen wir die geschilderten
Verhältnisse schulmäßig in allgemeine Worte:
Ist der Marktgegenstand, der einem Futures
zugrunde liegt (Basisinstrument, "underlying
asset", wie etwa ganz bestimmte Finanztitel, Handelswaren usw.),
der Gattung nach identisch mit jenem des mit einem Hedgegeschäft zu
sichernden ("identische Güter*"), werden der Cashpreis am Erfüllungsort
und der Börsenterminkurs desselben mit abnehmender Restlaufzeit des
Kontrakts bei – obzwar unter Schwankungen – allgemein paralleler Entwicklung
der Preise sich sukzessive angleichen und im Fälligkeitszeitpunkt schlussendlich
zusammenfallen.
[* Hedgegeschäfte,
deren Elementarposten auf beiden Seiten "identische Güter" ausmachen,
führen in der Fachsprache den Namen "direct-hedge"
oder auch "pure hedge". Im Rechnungswesen und im Bilanzsinne
spricht man in diesem Fall, und hierbei
immer auf eine
separate aktivische oder passivische Position der Unternehmungsbilanz
gemünzt, auch von einem Mikro-Hedge ("micro-hedge").
Als Makro-Hedge ("macro-hedge") bezeichnet man dagegen
unter diesem Blickwinkel die Absicherung eines bestimmten aggregierten
Bestandes an Vermögenswerten (Portfolio), verkörpert etwa durch die
Gesamtrisikoposition einer Unternehmung. Ein wirkungsvolles Hedging
setzt als Oberstes voraus, die betreffende Risikoposition ("risk
exposure") zweifelsfrei zu identifizieren.]
Der
elementare Erfahrungstatbestand der numerischen Angleichung zwischen
den Kursen des Spot- und Terminmarktes überträgt sich in seinen Auswirkungen
geradewegs auf den Verlauf der Basis – der Differenz zwischen
Cash- und Futureskurs –, deren Weg hierdurch ungeachtet des waltenden
Kursniveaus zwingend vorgezeichnet ist. Diesen Umstand kann der Absicherer,
der ihn aufmerksamen Blicks verfolgt, im praktischen Anwendungsfall
eines Hedge sich unmittelbar für seine Zwecke zunutze machen. Der Nutzeffekt
liegt darin, dass die Basis sich in ihrer Zielrichtung planbar sicher
vorausschätzen lässt. Sie schwäch sicht in dem Maße ab, als der Fälligkeitstermin
näherrückt. Im Zeitlauf bis zum Erreichen des Fälligkeitstermins eines
Futures konvergiert diese gegen null. Demgemäß steht bei Übereinstimmung
von Kontraktlaufzeit und Preissicherungsfrist der Güter der Ziffernansatz
der Basis bei Terminfälligkeit (=
"maturity basis") bereits mit Einrichtung des Hedgegeschäfts
zuverlässig fest; dieser wird sich bis zum Ende auf den Richtstand von
der Größe null stellen.*
[* Diese Aussage
gilt allerdings nicht ganz ohne jede
Einschränkung,
wie im Folgenden noch ersichtlich werden wird.]
Für
die "Tendenzaussage" zum markttechnischen Zusammenhang von Spot- und
Terminpreisen, "mit abnehmender Restlaufzeit eines Futures konvergiert
die Basis gegen den Nullpunkt", wurde in der englischen Fachsprache
auch der theoretische Begriff "delivery-date-convergence" (Basiseffekt
bzw. Konvergenzeigenschaft, "convergence property") entwickelt.
Logisch unanfechtbar erscheint der Effekt der Basiskonvergenz allein
schon deshalb, weil Futures sich nicht nur nahezu jederzeit durch
Glattstellung an einer Terminbörse, sondern
im kurzen Zeitabschnitt ihrer Fälligkeitsperiode grundsätzlich auch
durch physische Lieferung (resp.
Barausgleich)
des untergebenen Kontraktgegenstandes
erfüllen lassen.
Im Lieferungszeitpunkt des Futures liegen somit gleichsam sich deckende
und darum für eins zu haltende Güter vor, die – ordentlich arbeitende
Märkte vorausgesetzt – der inneren Notwendigkeit folgend auch gleich
geschätzt und die gleichen Preise aufweisen werden.
In logisch-mathematischer
Schreibweise eingekleidet lässt sich der Basiseffekt wie folgt formulieren:
lim Ft = KT
, mit t → T ,
bzw. unter
Verwendung des oben definierten Begriffs der Basis:
lim Bt = 0 , mit t
→ T .
[Die Abkürzung "lim" steht
symbolhaft für lat. "Limes", »Grenzwert«, und T kennzeichnet
hier den Fälligkeitszeitpunkt des Futures (den "Termin"), t einen Betrachtungszeitpunkt
innerhalb der Laufzeit.]
Sollten
hingegen der Futureskurs und der Barpreis eines gleichartigen, der Gattung
nach eindeutig bestimmten Marktgegenstandes im Zeitpunkt der bevorstehenden
Terminfälligkeit sichtlich voneinander abstehen, so wären einsetzende
Arbitragebewegungen
zur Erwirtschaftung risikoloser Arbitrageprofite unter an und für sich
gleichwertigen Wahlmöglichkeiten die im tatsächlichen Geschehen unmittelbar
zu beobachtende Folge*. Ein einmal durch in Aussicht gestellte
Überrenditen wachgerufener Arbitrageprozess dauerte solange an, bis
– kraft seiner Anpassungswirkung auf das Kursverhältnis – am Ende dieses
meist kurzlebigen Vorgangs beide Marktsegmente wieder Rückkehr zu einem
einheitlichen Kursstand gefunden hätten, womit eine Weiterführung von
Arbitragen sich fortan nicht mehr lohnte. Jede neuerliche Abweichung
würde eine Wiederholung dieses Nivellierungsprozesses als Folgeerscheinung
nach sich ziehen. Die im Erfahrungszusammenhang zu registrierende Gegebenheit,
dass eine Vielzahl aufmerksamer und überwiegend meist äußerst kapitalkräftiger
Marktakteure allezeit mit größtem Eifer danach trachtet, jede sich darbietende
Gelegenheit zu einem risikolosen Arbitragegewinn unverzüglich abzuschöpfen,
hindert also, dass eine "ungleichgewichtige" Marktlage – wenn überhaupt
je – lange Bestand haben kann. Kurzum, es greift die allgemeine Regel
Platz: Im Fälligkeitszeitpunkt eines Futures stimmen Cash-Kurs
und Futureskurs überein, die Basis ist in ihrem Zahlenwert gleich null.
– Vor dem Fälligkeitszeitpunkt
eines Futures indes kann die Basis bald positiv, bald negativ, oder
– allenfalls zufällig und ausnahmsweise – sich ebenso gut auf null ("al
pari") stellen.
[* Hinweis:
Allerdings ist die Wertgleichheit der Preise keine immerzu genau feststehende,
sondern mehr nur eine annähernde. Die allgemeine Regelung, dass – sofern
die Satzungen der Börsen mit Rücksicht darauf besondere Wahlrechte vorsehen
und gewähren – es grundsätzlich dem Verkäufer eines Futures (Short)
obliegt, den ihm erwünschten Zeitpunkt innerhalb der Lieferfrist, den
Ort und ggf. auch die Güterqualität bei der beabsichtigten dinglichen
Lieferung zu bestimmen ("delivery
options"), kann nämlich dazu führen, dass angesichts der damit
einhergehenden Ungewissheit, die sich der Käufer eines Terminkontraktes
(Long) gefallen lassen muss, der Spotmarktpreis sich im letzten Zeitteilchen
vor der Fälligkeit geringfügig oberhalb vom auslaufenden Terminpreis
stellt ("cash premium"), ohne dass es hierdurch unmittelbar im
gleichen Augenblick zu Arbitragehandlungen kommt.]
Die
folgende Abbildung mag den geschilderten Zusammenhang versinnlichen.
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Beispiel: Negative Basis
während der Laufzeit eines Futures und null bei Fälligkeit:
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Abb.: Basiseffekt
von Futures
[Anmerkung:
Andere Handelsobjekte weisen je nach Angebots- und Nachfragesituation
auf ihren Märkten für sie typische Kursverläufe auf, die sich von dem
in der obigen Figur vorgeführten unterscheiden mögen. So wird der Spotmarktpreis
mancher Ware nicht selten auf die ganze Länge der Zeit oder auch nur
zeitweilig über dem Futureskurs verlaufen; die Basis wäre in einem solchen
Fall gemäß obiger Definition ziffermäßig positiv.]
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Das Basisrisiko
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Marktkräfte bewirken, dass sich frei bildende
Kurse, mögen sie auch noch so vehementen Schwankungen unterliegen, in
verflochtenen Märkten sich in aller Regel in eine ökonomisch sinnvolle
Verbindung zueinander stellen. Trotz alledem wird der Lauf der Basis
weit ebenmäßiger sein als es bei den Bar- und Terminpreisen selbst zu
beobachten ist. Indessen lässt sich nicht ausschließen, dass bei der
Preisfindung auf den Märkten sich hin und wieder Übersteigerungen geltend
machen, die mitunter befähigt sind, die Stabilität der Relation erheblich
zu erschüttern. Dies wiederum kann unbedarften Marktakteuren, die unbesehen
auf die Beständigkeit der Basis vertrauen, empfindliche Vermögensverluste
zufügen. Genau daran aber knüpft der Begriff des Basisrisikos an. Allgemein
gefasst: Aus der stets präsenten Gefahr von unkalkulierbaren Preisdivergenzen
in und zwischen verbundenen Märkten – einschließlich eines Abweichens
des Futureskurses von seinem rechnerisch fairen Wert ("fair value")
– bei nur begrenzter Befähigung des menschlichen Geistes zur Voraussicht
von Kursentwicklungen erwächst das sogenannte
Basisrisiko.
Das Basisrisiko sei definiert
als Unsicherheit über Eintritt und Ausmaß von Vermögenswertänderungen,
die herrühren von einem nicht antizipierten Abrücken der sich einstellenden
Basis von der kalkulierten, erwarteten Basis eines Hedge.*
[* Die vorstehende
Auslegung des Begriffes des Basisrisikos steht auch bei der Vornahme
von kombinierten Termingeschäften (sog.
Spreads), etwa zum Zwecke
der Differenzspekulation auf Verengerung oder Ausweitung der Spannen
zwischen den Terminpreisen, ungeschmälert in Geltung.]
Gerade
im Hinblick auf die zwecksetzende Ausgestaltung einer planmäßig vorzunehmenden
Hedge-Strategie kommt im wirklichen Umgang mit Kurssicherungsgeschäften
dem tatsächlichen, durch die Marktlage festgesetzten Ausmaß des Basisrisikos
die entscheidende Bedeutung zu. Dabei ist Folgendes festzustellen: Stimmt
auf der Grundlage einheitlicher Marktinstrumente eines Hedge ("direct
hedge") die Restlaufzeit des Futures mit der beschlossenen Dauer
der Absicherung der offenen Position zum Mindesten im Groben überein,
so strebt das Basisrisiko in der Folge gegen null. Ihm unter dieser
Voraussetzung nähere Beachtung zu schenken, ist sohin zu allermeist
nicht weiter nötig. Andererseits aber gibt die Alltagserfahrung der
Absicherungspraxis alle Tage Zeugnis davon, dass gerade jene Hedge-Positionen,
deren Restlaufzeit des Hedge-Instruments einen Zeitraum durchmisst,
der vom Sicherungshorizont des Grundgeschäfts (des Hedge-Objekts) deutlich
mehr als um eine Kleinigkeit absteht, regelmäßig einem erhöhten, durchaus
spürbaren Basisrisiko ausgesetzt sind. Eine solche Lockerung des verknüpfenden
Bandes zwischen den Märkten hebt nicht nur bei Fristeninkongruenz vorstehender
Art das Basisrisiko an, sondern hält es aufrecht auch bei gewissen Spielarten
eines Hedge-Postens, zumal dann, wenn von Anbeginn an noch gänzlich
Ungewissheit über seinen genauen Auflösungszeitpunkt herrscht oder ihm
etwa recht verschiedenartige Güter unterliegen ("cross hedge").
Doch der Begriff "Basisrisiko" bedarf zunächst der weiteren Klarlegung.
Im Regelfall
der Wirklichkeit schwanken Kurse und Marktpreise
im Kalenderzeitablauf auf und nieder, ohne sich in ihrer Richtung und
Stärke je mit beruhigender Gewissheit vorausbestimmen zu lassen. Sobald
man aber in einem Gedankenspiel die Kurse eines Futures im Terminmarkt
mit den Preisen seines Basisgegenstandes im Effektivmarkt auf Änderungen
des wirtschaftlichen Umfeldes in jedem Augenblick richtungs- und betragsmäßig
harmonisch in einem stets vollkommenen Parallelismus ohne Abweichung
variieren lässt, so bliebe damit auch die Basis in ihrem Werte konstant.
Als Beobachtungssachverhalt der Märkte träfe ein solches Verlaufsmuster
haargenau die Vorstellung eines im Lehrbuchsinne "perfect hedge":
Durch den Aufbau einer mit der offenen Position glatt zusammenstimmenden
Gegenposition im Terminmarkt hätte das ursprünglich waltende Preisrisiko
nun keine Stätte mehr, es ließe sich unter solch idealen Verhältnissen
vollständig austilgen; denn Gewinne und Verluste aus beiden (gegenläufigen)
Posten würden sich ja im Falle deckungsgleicher Kursbewegungen als Wirkungsresultante
per saldo in jedem Augenblick ihres Bestehens in ihrem Betrage egalisieren.
Jede Bewegung des Kurses im Effektivmarkt würde kurzum durch eine gleich
starke Kursbewegung im Terminmarkt vollständig abgedeckt und damit exakt
zum Ausgleich gebracht werden. Wegen ΔK = ΔF
folgt:
ΔK – ΔF = ΔB = 0 .
[Δ : gr. Delta, vierter
Buchstabe des griechischen Alphabets; hier: Symbol für die Veränderung
einer Größe.]
Obgleich
bei Vorliegen strukturell identischer Güter ("direct-hedge")
nicht leicht ein Zweifel darüber bestehen kann, dass beide Teilmärkte
durchweg aufs Engste miteinander Fühlung halten werden – was logisch
schlüssig sich auch niederschlagen dürfte im statistischen Messergebnis
einer besonders innigen (positiven) Korrelation zwischen den Preisen
–, werden unter den in der tatsächlichen Erscheinungswelt auftretenden
Bedingungen und Begleitumständen die Preisbewegungen der Basiswerte
im Effektivmarkt und die Kursänderungen der Futures im zugeordneten
Terminmarkt in Wahrheit weder zu jedem beliebigen Zeitpunkt noch gar
über die gesamte Dauer richtungs- und betragsmäßig gänzlich synchron
verlaufen. Vielmehr werden die Wertungen in den zusammenhängenden Marktabschnitten
im Erfahrungszusammenhang in zwar ähnlicher, aber dennoch unterschiedlicher
Weise geleitet von den gerade herrschenden Erwartungen der Mitwirkenden
in Hinsicht auf die künftige Marktentwicklung. Hinzu tritt der Umstand,
dass ein Futureskurs nicht selten, wenngleich infolge oben aufgezeigter
Arbitragegründe nicht dauerhaft und dann auch nur in eng begrenztem
Maße, aus seiner rechnerisch angemessenen Bandbreite zu seinem theoretisch
fundierten Wert ("fair
value")* auszuscheren pflegt. Und so fügt es sich, dass
die Basis – zumal in den Warenterminmärkten und besonders bei längeren
Fristigkeiten des Futures – im Verlauf der Zeit sich oftmals unstetig
entwickelt und unter wechselnden Verhältnissen einen unterschiedlichen
Wert behaupten kann. In ihrem Gange wird sie auch nichts daran hindern,
ein oder selbst mehrere Male ihr Vorzeichen zu wechseln. Die Basis B
wird hierdurch zu einer schwankenden, zufallsabhängigen (stochastischen)
und damit faktisch zu einer unbestimmten Größe, zu einem x, der Hedge
zu einer Spekulation auf die Basis. Das Wunschziel einer vollständigen
Vernichtung des Preisrisikos, wie eben am Beispiel eines "perfect hedge"
dargelegt worden ist, lässt sich im täglichen Geschäftsleben als Konsequenz
daraus nur schwerlich bewerkstelligen.
[* Es verdient
an dieser Stelle bemerkt zu werden, dass auf das Rechnungsergebnis des
"fair value" von Futures neben Marktunvollkommenheiten außerdem einen
nennenswerten Einfluss nehmen das immerzu höchst individuelle finanzielle
Umfeld des hinter der Position Stehenden sowie sein Informationsstand
zusammen mit den darauf gründenden Erwartungen. Die beiden letztgenannten
Nebenumstände pflegen von Person zu Person, und bei jeder Person wieder
von Zeit zu Zeit, erfahrungsgemäß in nicht unbeträchtlichem Maße voneinander
verschieden zu sein. Man darf also weder darauf bauen, dass ein "fair
value" sich mit mathematisch zwingender Kraft immerzu stich- und hiebfest
berechnen lässt noch dass ein empirisch festgestellter Futureskurs in
jedem Augenblick der Beobachtung mit irgendeiner behaglichen algebraischen
Formel in Harmonie steht.]
Formal
messen und abbilden lässt das Basisrisiko eines Hedge sich durch ein
geeignetes Streuungsmaß, wie es bspw. die statistische Varianz
vorstellt. Demnach ist das Basisrisiko, üblicherweise ausgerichtet
auf den Absicherungshorizont, statistisch definiert als
Varianz der Basis B,
abgekürzt: Var (B).
Auf
der nächsten Seite werden wir uns in Weiterführung der Überlegungen
sorgfältiger mit den Bestimmungsgründen des Basisrisikos bekannt machen,
wobei insbesondere seiner Auswirkung auf bestehende Werte bzw. voraussichtlich
erzielbare Erträge einige Betrachtung zuzuwenden ist.
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