Zum Begriffsverständnis von
Spekulation und
Spekulant
Sei es Findigkeit bei der Umschau nach
Vorteilsgelegenheiten, seien es unterschiedliche Bedürfnisse, Erwartungen
und Risikoneigungen unter den Marktmenschen oder sei es eine sichtliche
Ungleichverteilung ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten: All dergleichen
ohne Ausnahme findet endlich seinen Widerschein in den eigentlichen
Beweggründen und Triebkräften, die für die Vornahme von Spekulationsgeschäften
auf den Finanz- und Terminmärkten ursächlich sind und sie erst beleben.
– Die brennende Vorfrage aber, die sich nach den einleitenden Worten
unter dieser Überschrift voranstellt und sich einem notwendig auf die
Lippen drängt, lautet: Unter welchem Wortsinn lässt sich der Begriff
des Spekulanten überhaupt begreifen?
– Sehen wir zu, worum es sich handelt.
Unter dem Ausdruck
Spekulant (zu lat. speculans)
versteht sich in der alltäglichen Anschauung unter uns häufig und gern
ein habsüchtiger Mensch, der im Sinne eines waghalsigen Glücksspielers
vom Geist der unersättlichen Gewinnsucht beseelt entfernt nicht davor
zurückschrickt, seine Barschaft selbst in die sittlich anrüchigsten
Verwendungsgelegenheiten hineinzustecken, einer von denen, der leichtfertig,
wie er ist, ganz ohne Scheu und Gewissenszweifel Preistreibereien Vorschub
leistet (Agiotage; Jobberei), während er andere schonungslos übervorteilt
– alles das in der kühnen Hoffnung auf baldige Bereicherung, womit er
sein ohnehin überschüssiges Geldvermögen weiter zusammenzuscharren sucht
(Gewinnlust, Gewinnsucht). Und selbst in einem Land, wie es die Vereinigten
Staaten von Nordamerika sind, wo Wagemut offenbar besonders hoch im
Kurs steht und der Begriff der Spekulation darum mit weit weniger Argwohn
versehen ist als hierzulande, wird der Spekulant mitunter mit dem Namen
"player" ("Spieler") bedacht, ist dort – wohl mehr zur Hebung
des äußeren Ansehens – jedenfalls bestens bekannt unter der beschönigenden
Aufschrift eines
Trader.
Alles dies steht anders in Anlehnung an
den lateinischen Wortstamm speculari, zu Deutsch so viel wie
»spähen, beobachten«. Darnach lässt sich der Begriff des Spekulanten
in des Wortes ganzer Bedeutung getreu umschreiben als "ein Mann,
welcher von einem erhöhten Standpunkt aus in die Ferne späht", und
weiter, "jemand, der neue und unbekannte Wege und Gegenden für das
große Heer der Handelstreibenden ausfindig macht und absucht"*.
[* Jean Gustave
Courcelle-Seneuil (1813-1892), Professor der Nationalökonomie und
französischer Staatsrat]
Ein
Spekulant kann darum gedeutet werden als
eine planvoll handelnde, vom Gewinnstreben
beseelte Person, welche auf dem Boden vorher gesammelter Wissensvorsprünge
nach Investitionsgelegenheiten Umschau hält, die ihr dem Vorhaben gemäß
auf kurze oder längere Frist einen Vermögensvorteil verschaffen und
um dessentwillen sie ihr Risikokapital zur Beschäftigung bringt.
Rücksichtlich ihrer ganzen Wesensart sind
sich der Spekulant (Trader) und der Glücksspieler (der in des Wortes
verwegenster Ausdeutung auch mit dem Namen "Zocker" belegt wird) einander
sichtbar unähnlich: Der Spekulant von Scharfblick handelt wohlbedacht,
indem er jeder von seinen Anlageentscheidungen eine durch vernünftige
Verstandesgründe gut abgestützte Untersuchung über die wirtschaftlichen
Grundzusammenhänge voranstellt, deren Zusammengreifen für die mit der
Investitionshandlung erstrebten Ziele bestimmend sind: so zumal eine
eingehende Erkundung der vielgestaltigen, sich oft kunterbunt durchkreuzenden
Bestimmgrößen der Preise, der Marktbreite und Markttiefe (Liquidität)
u.a., allemal unter Tragung
der Verlustgefahr. In Anbetracht jener höheren Antriebe ließe sich nach
diesen Erwägungen geradeso gut von einem Börsenunternehmer sprechen.
Der Glücksspieler* hingegen sucht
eben nach der Augenblicksstimmung lieber den Sprung ins Ungewisse. Er
handelt mit blindem Eifer und tändelt meist ohne viel Nachsinnen nach
eigenem Gutdünken ohne allen Plan aufs Geratewohl im Vertrauen auf die
bare Zufallsgunst. Getrost kann man sagen, er treibt ein gewagtes Spiel
ins Blaue hinein, so vor allem, um seinem Laster: der Spekuliersucht
und Spielleidenschaft, zu frönen. Entweder er sieht nichts, was ihm
zu einer kennerhaften Durchdringung der äußeren Gegebenheiten und des
Ergründens des eigentlichen Sinns seines Geldeinsatzes irgendwelche
Veranlassung gäbe oder, was noch bedenklicher ist, es geht ihm seiner
schlichten Denkart wegen auch sonst jedes Maß an Geistes- und Urteilsfähigkeit
hierin ab. Die einfachsten Überlegungen bleiben ihm dunkel, Käufe auf
feste Hand meidet er von vornherein. Wann immer aber der Beweggrund
eines Geldanlageentschlusses in die Erwirtschaftung eines auf die Dauer
angelegten stetigen Zinseinkommens oder seinerzeitigen Wertwachstums
gesetzt werden will ("buy-and-hold", "Kauf auf feste Hand"),
wird in diesem Sachzusammenhang dem Geist der Zeit angemessen vorzugsweise
von einem (Kapital-) Anleger
und seinen wohlerwogenen Investmentstrategien gesprochen.
[* Dem Wesen der
Sache nach schaffen vom Menschengeist erdachte Glücksspiele mit bewusster
Absicht und, genau genommen, ohne Not das Risikomoment (was freilich
zugleich ihren eigenen Reiz ausmacht), während ohnehin gegebene ernste
wirtschaftliche Unsicherheiten die Spekulation erst ermöglichen, wo
nicht gar ökonomischerweise bedingen.]
|
Handelsabsichten,
Ziele und Bestimmung des "Tradings": die Aufgabe der Spekulation
|
Wer sein Kapital wagt, der will gewinnen.
Das ist ein allgemeiner, aus dem gewöhnlichen Geschäftsumgang allbekannter
Erfahrungssatz. Es gilt im Leben allerdings eine ebenso unantastbare
wie offenkundige Erfahrungsregel, wonach
Spekulationserträge einem nicht ohne
Mühe zufallen, sondern ihrerseits anderen erst abzuhandeln sind. Wie
leicht begreiflich, gebietet es die mangelhafte Kenntnis von der Zukunftslage,
vor der Durchführung einer Investitionshandlung zunächst und vor allem
andern einen Akt der Voraussicht zu üben.
Von der Begierde nach Vermögensbereicherung
tief durchdrungen, hält der gewiegte Kapitalanleger wissentlich und
willentlich auf dem Finanzmarkt Ausschau nach solchen Vorteilsgelegenheiten,
die sich bereits in der Ferne aus den andauernden Hebungen und Senkungen
der Marktpreise vermeintlich abzuzeichnen beginnen, um sie – einmal
aufgetaucht und erspäht – so zeitig als möglich auszunützen. Alles dreht
sich ihm um das rechtzeitige Aufspüren von Spannen, von denen es verlohnt,
sie durch eine vorwiegend auf kurze Frist ausgelegte Handlungsweise
geldlich auszuwerten. Besonnen und mit gutem Bedacht nimmt der geschäftsgewohnte
Geld- und Börsenmensch bei seinen Erwägungen die altüberkommene Schulweisheit
zur Richtschnur: Kaufe billig, verkaufe teuer!*. Zielpunkt seiner
Bemühungen ist es allemal, über die künftige Verwirklichung erwarteter
Markteinschätzungen einen geldlichen Vorteil (mehr Einkommen, Profit)
für sich zu erlangen. Der schlussendliche Erfolg aller gelungenen wie
auch fehlgeschlagenen Kunstgriffe an den Märkten, sprich: das aus einem
spekulativen Posten in den Bar- oder Terminmärkten erwirtschaftete Reinergebnis
(der Privatgewinn oder der zu tragende Verlust, vor Steuern), beruht
nach dieser Anleitung jedes Mal auf dem verwirklichten Unterschied zwischen
dem Ankaufpreis und dem Verkaufpreis des betreffenden Marktgegenstandes,
bereinigt um allfällige Maklergebühren, Zinsaufwendungen und sonstige
Handelsspesen
("Differenzspiel", Handelsspekulation). Ein Sonderdasein unter der Fülle
der auf diesem Gebiet zur Auswahl stehenden Anlageformen führen, zumal
an den Weltzukunftsmärkte, zusammengeschlossene, also in innerem Zusammenhang
stehende Posten, wie sie sogenannte
Spreads und vergleichbare
Gebilde vorstellen. Von deren Gebrauch verspricht und erhofft sich die
Handelsperson, eine sich einspielende Verschiebung in dem Verhältnis
der Kurse zweier oder mehr als zwei in ihrer äußeren Schlussform zwar
ungleichartiger, in einzelnen Ausprägungen ihrer Merkmale immerhin aber
aus Sicht des Marktes in naher Abhängigkeit stehender Teile so bald
und so weit wie möglich auszukosten.
[* Geschieht dies
praktisch gleichzeitig, so dreht es sich hierbei um eine sogenannte
Arbitrage. Arbitrage,
im weiteren Verstand aufgefasst, umschließt auch Spekulationsvorgänge,
die zeitliche
Preisunterschiede auszunützen trachten.]
Im
börslichen Terminverkehr
ist es – anders als z.B. auf
einem deutschen Wertpapier-Kassamarkt, darum für den Neuling womöglich
gewöhnungsbedürftig – tägliche Übung, in Erwartung nachgebender Kurse
zuerst Terminkontrakte (leer) zu verkaufen
(= Short), und diesen nach
Verstreichen einer erst noch ungewissen Zeit im rechten Augenblick alsdann
einen eindeckenden, das Ergebnis verwirklichenden Kauf folgen zu lassen
("bearish"-Strategie)*, wie es ebenso gängige Praxis ist,
wie gewohnt, umgekehrt in Erwartung steigender Kursnotierungen zuerst
den Kauf (= Long) und danach
den Verkauf zu tätigen ("bullish"-Strategie). Durch den seinerzeitigen
Abschluss eines
Gegengeschäfts am Terminmarkt haben die Händler es in ihrer Macht,
jede ihrer gegenwärtigen Geschäftsverpflichtungen, einerlei ob "long"
oder "short", auf jeder Handelsstufe mit Leichtigkeit wieder zu Ende
zu führen, sich auf diese Weise des Marktrisikos zu entledigen und in
einem Atem die erwirtschafteten Gewinne zu vollenden oder sonst die
auflaufenden Verluste im Zaume zu halten.** Mittels eines regelmäßig
zum Abschluss gebrachten Gegengeschäfts solcher Art befreien sie sich
außerdem endgültig von jeglicher persönlichen Haftung aus dem eingangs
begründeten Termingeschäft. Die betreffenden Posten gelten nachher immer
und notwendig als endgültig geschlossen, Vertragsbeziehungen bestehen
weiter nicht mehr, die Verpflichtung ist aus dem Markt. Die Reihenfolge
selbst, in der auf den Zukunftsmärkten Käufe und Verkäufe statthaben,
verschlägt an dem davongetragenen Finanzergebnis nichts. Es herrscht
vollkommene Gleichrangigkeit in der Verfahrensweise (vgl. hierüber auch:
Wertpapierleihe und Leerverkauf).
Aus diesem Grunde kehrt, wie jahrzehntelange Erfahrung sattsam bezeugt,
an den Terminmärkten eine stärkere Ausgewogenheit zwischen à la Hausse-
und à la Baisse-Spekulationen ein als sie an den sogenannten
Spot- und Kassamärkten ohne Leerverkaufsmöglichkeit wahrzunehmen ist.
[* Anmerkung: Man
unterscheidet die Spekulation zur Kasse von der Termin-Spekulation.
Bei der Spekulation per cassa erfolgt die Erfüllung der damit
übernommenen vertraglichen Verpflichtungen und Ansprüche – d.i.
der Vollzug des Austausches von Handelsgegenstand gegen Geld sowie die
wechselseitige Übereignung – in mustergültiger Weise schon anfangs gleich
zur Zeit des Vertragsschlusses. Da im Gegensatz dazu bei Termingeschäften
der tatsächliche Vollzug der Vertragserfüllung durch Lieferung, Übernahme
und Bezahlung des Handelsgegenstandes stets auf einen ferneren Tag der
Zukunft ("zum Termin") fällt, kann es – auch wenn es für den Fernstehenden
auf den ersten Blick widersinnig anmuten mag – durchaus vorkommen, dass
der Verkäufer von Terminkontrakten Warenpartien veräußert, die sich
zum Zeitpunkt des Handelsschlusses gar nicht in seiner Habe finden,
die womöglich erst im Werdezustand sind oder die selbst in ihrer äußeren
Form noch gar nicht angefangen haben, körperlich zu bestehen!]
[** Zwingende Voraussetzung
hierfür jedoch ist ein tüchtig arbeitender, liquider Markt, der Gegengeschäfte
tunlichst zu jeder Zeit und dabei zu durchweg angemessenen Preisen ermöglicht.]
Die glücklicheren Verfahren aller Gewinn
verheißenden Börsenspekulationen in und zwischen den Terminmärkten gehen
vorbehaltlich von Zufälligkeiten zu einem sehr namhaften Teil zurück
auf eine zutreffende Vorwegnahme (Antizipation) des künftigen Kursgangs.
Eine Ertrag bringende Ausnützung der sich darbietenden Vorteilsgelegenheiten
wird im Allgemeinen umso trefflicher gelingen, je eher sich mutmaßliche
Fehleinschätzungen des Marktes hinsichtlich grundlegender ("fundamentaler")
Werte (= Ungleichgewichtspreise) auffinden lassen. Das Auftauchen derartiger
Fehlbeurteilungen lässt sich i.d.R.
je an seinem Teil zurückführen auf a.) bestehende Marktunvollkommenheiten,
b.) die dadurch bedingten und sie bedingenden Unsicherheiten und/oder
c.) auf die eingangs angeführten zergliederten Kenntnisse und Fertigkeiten
("asymmetrische Informationen") unter den einzelnen Marktbesuchern.
Das von Spekulanten auf den Zukunftsmärkten tatsächlich an den Tag gelegte
Verhalten steht damit jedoch, wissentlich oder unwissentlich, im schroffen
Gegensatz zu der von der modernen Finanzierungslehre aufgestellten Behauptung,
die besagt, dass "der bestehende Terminkurs als empirische Markterscheinung
die bestmögliche Marktbeurteilung für den zu erwartenden künftigen Kassakurs
in sich vereint (Konsensuspreis)".
Nimmt nun ein aufmerksamer Händler eine
darauf passend zugestimmte spekulative Stellung ein und bereinigt der
Markt hernach solche vermeintlichen Fehleinschätzungen über den angemessenen
Kursstand, so erwachsen ihm daraus in gerader Linie die ersehnten Spekulationsgewinne.
Erweisen sich seine Mutmaßungen dagegen als irrig, so drohen ihm aus
seinen verfehlten Spekulationen empfindliche Vermögensverluste. Gewinne
oder Verluste sind demzufolge der Ausdruck des durch den Markt einem
abgewogenen Werturteil unterzogenen Geschäftstreibens. Mithin kommt
dem im Wettbewerb unter den einzelnen Handelspersonen auf den verschiedenen
Handelsplätzen erwirtschafteten Gewinnen und Verlusten und den dadurch
bei diesen wie auch bei den Börsenbeobachtern veranlassten Wissensänderungen
gleichsam das Amt eines im Ansehen hochwertigen "Entdeckungsverfahrens"
("price discovery") zu; denn im Trachten nach Vermögensmehrung
werden als Begleiterscheinung durch die hierbei veröffentlichten Börsenpreise
anderen Handelsteilnehmern Nachrichten vermittelt, wo im Einzelnen sich
wirkliche oder eingebildete Möglichkeiten zur Gewinnabschöpfung darboten
oder wo Verluste drohten. Die durch gute Gewinnaussicht angelockten
Spekulanten ihres Teils werden alsbald auf der Wettbewerbsebene jede
lohnenswert erscheinende Gelegenheit für eigenen Wohlfahrtsgewinn zu
nutzen suchen, dabei durch unterschiedliche Markterwartungen als gemeinwohlfördernde
Begleiterscheinung das Preisgefüge, zumindest ansatzweise, nivellieren*
und überdies endlich zu einer – was hoffentlich nicht bloß eine gewagte
Behauptung aus der Gelehrtenstube ist – sinnvollen Umverteilung
knapper Ressourcen in einer Volkswirtschaft einen nützlichen Beitrag
leisten (wenn dem tatsächlich so geschieht, spricht man in fachlicher
Sprache häufig und gern von einer "allokationsverbessernden Wirkung"
der Spekulation). Dabei nicht übersehen werden darf allerdings, dass
das nachhaltige Erwirtschaften von Gewinnen im Erwerbskampf bekanntermaßen
umso eher versanden wird, je leichter sich erfolgreiche Handelstechniken
der Gegenspieler nachahmen lassen. So wird der kundige Spekulant tunlichst
darauf Bedacht nehmen, einträgliche Investitionsgelegenheiten vor anderen
zu verbergen.
[* Nicht auszuschließen
ist, dass es in angespannten Marktlagen, zumal bei erkannten Fehlspekulationen,
auf den Derivatemärkten eine kürzere Zeit hindurch zu Übertreibungen
("overshooting", "Überschießen") kommen kann. Abgesehen davon
darf man in einem sittlich wertenden Lichte nicht von vornherein davon
ausgehen, dass starke Preisschwankungen an und für sich immer und in
jeder Art verwerflich seien. Vgl. hierzu meine Schrift über die
Volatilität.]
Solange und soweit das Preisgeschehen
in ununterbrochener Folge ohne Verzug vor die Öffentlichkeit gebracht
wird, richten die verwirklichten und ausgewiesenen Spekulationsgewinne
Einzelner, wie auch deren Verlustgeschäfte, aus sich heraus ein Signal
an die gesamte Handelswelt, wo einträgliche Investitionsgelegenheiten
sich nur immer boten oder deren verlustbringende nur irgend bevorstanden;
aus naheliegenden Gründen geben sie gleichzeitig auch zu erkennen, wo
und welchergestalt solche in naher Zukunft denkbar sein könnten. Der
volkswirtschaftliche bedeutendste Nutzerfolg, der aus dem Informationsgehalt
eines gegenwartsbezogenen Börsenpreises erhellt, besteht mithin darin,
dass sich die auf den "gleichgewichtigen" Märkten frei bildenden Preise
das gesamte marktbezogene Wissen, welches der Einzelne sonst
hätte erst mühselig und
kostspielig erwerben müssen,
unmittelbar und völlig rein widerspiegeln (= Gleichgewichtspreis).
Marktunvollkommenheiten fügen es nun,
dass nicht durchgängig auf jedes der Anzeichen, welche die wechselnden
Marktlagen voraussenden, unfehlbar Verlass ist; und so bestimmen im
Marktverkehr die Wechselfälle von Gunst oder Ungunst zu einem gut Teil
mit, wem am Ende der Gewinn zufällt. Unzuverlässige Signale wiederum
führen, einzeln genommen, zu Fehlurteilen über die Erwartungen anderer
Handelsteilnehmer, die die Vernünftigkeit der eigenen Anlageentscheidung
zu mindern imstande sind. Im letzten Grund hängt das dauerhafte, volle
Gelingen der spekulativen Geschäfte aber entschieden ab von der geistigen
Fähigkeit des Entscheidungsträgers, fortwährend zutreffende Untersuchungen
über die voraussichtliche Marktentwicklung und deren Folgen anzustellen.
Unbekümmert, wie man selbst zu ihnen steht:
Spekulanten erfüllen vom wissenschaftlichen Standpunkt betrachtet eine
wichtige volkswirtschaftliche Aufgabe. Sie sind nämlich die natürlichen
Abnehmer der aus den Händen von Gewerbetreibenden gegebenen (nicht diversifizierten)
Risiken. Erst die ständige Bereitschaft jener weit größeren Gruppe von
Marktteilnehmern betriebliche Risiken von Herstellern und deren Weiterverarbeitern
(d. h. von sog. Hedgern) zu
übernehmen, gewährleistet überhaupt fortdauernd
liquide und damit
hinreichend wirkungsvolle Märkte, und zwar zum reinen Nutzen und Wohlsein
aller. Des Weiteren wird dem tätigen Eingreifen der Spekulanten, um
selbst mit zu handeln, hie und da eine preisstabilisierende, dämpfende
Rolle zugeschrieben, die besonders in Fällen des Eintreffens überraschender
richtungweisender Nachrichten über nicht vorhersehbare (nicht eingeplante)
Fremdereignisse ("shocks", nicht vorausgeahnte, nicht "antizipierte"
Erschütterungen und tief einschneidende Veränderungen im wirtschaftlichen
Umfeld) mildernd zur Geltung kommt und so merklichen Einfluss auf das
Handelsgeschehen erlangt. Hierbei werden die Preisausschläge in dem
Maße gemindert, als die Gewissheit bei der Voraussicht des sich tatsächlich
einspielenden Zukunftspreises zunimmt. Voraussetzung hierfür jedoch
ist eine von den unterschiedlichsten Handlungsbestrebungen geleitete
beiderseits hinlänglich große Anzahl von Marktteilnehmern (= Marktbreite),
wodurch sich der Preis auf eine ausgewogenere, festere Grundlage zu
stellen vermag. Auf der anderen Seite liegt die Gefahr ganz nah, dass
Spekulanten, die mit dem Markt nicht recht aus der Nähe vertraut sind
und die schlechterdings auf den Fortbestand einer einmal ausgebildeten
Grundrichtung (Trend) setzen, in übermächtiger Zahl deren Lauf ungebührlich
ausdehnen oder ihn unnötigerweise beschleunigen.
Ein Umstand von Wesenheit, der einer warmen
Teilnahme am börsenmäßigen Spekulationshandel ungemein förderlich ist,
ja gerade dazu anreizt, ist unstreitig in den geringen Anforderungen
an die Person und deren Sachkenntnis auszumachen. Ferner begünstigen
ihn die verhältnismäßig niedrig bemessenen Transaktionskosten und nicht
zuletzt auch die Vorgangsweise der vorgelagerten Einheitlichkeit (Standardisierung)
der zur Wahl gestellten Handelsinstrumente. Für das gedeihliche Fortbestehen
der von den Sprossformen der Futures und Optionen umspannten Erzeugnisreihen
an den weltweiten Terminbörsen ist Letzteres, also die Vereinheitlichung
und Normierung der Handelsgegenstände, sogar als unerlässlich anerkannt.
Sie begünstigt insbesondere die Möglichkeit einer beinahe jederzeitigen,
geräuschlosen, geschmeidigen wie kostengünstigen Lösung von allen Verpflichtungen
aus einem zuvor eingeleiteten Risikoposten nur durch einen einzigen
(singulären) Umsatzakt. Indem sich der Markthandelnde schlicht eines
weiteren Börsengeschäfts, dem sogenannten "Gegengeschäft", bemächtigt
und es zur Ausführung bringt – ein alteingeübtes Verfahren, das die
Anziehungskraft der Märkte offenbar spürbar hebt – wird er seiner Risikoverpflichtung
im Nu ledig. Gleich zur Zeit des Vollzugs des Gegengeschäfts verwirklicht
sich zudem der auflaufende Gewinn oder Verlust.
Die eigentlichen Gründe, die
Hedger wie auch weite Kreise von Arbitrageurs
zur Teilnahme am Terminhandel bewegen, sind gänzlich andere als die
von Spekulanten; dies ist allein schon dem Umstand zuzuschreiben, dass
ungleich jenen die Gruppe der Spekulierenden in den allermeisten Fällen
nur ein laues Interesse an der wahrhaftigen Lieferung der den einzelnen
Terminkontrakten bzw. Optionen zugrunde liegenden Werte ("underlying
assets") nimmt. Spekulanten bewegt vielmehr das Bedürfnis, durch
eine fein durchdachte und bewusste Inkaufnahme von Risiken (Wagnissen)
von dem Auf und Nieder der Kursnotierungen von Finanzderivaten geldlichen
Nutzen zu ziehen. Aus diesem Rücksicht werden Termingeschäfte rechtlich
häufig mit dem Namen Differenzgeschäfte (wie auch in der Sprache
des gewöhnlichen Lebens öfters mit Börsenspiel, Terminspiel oder Differenzspiel)
benannt. Übertragen auf die Ebene von Zahlungsströmen gilt dabei dieses:
Bringt man bei Geschäften mit unbedingten Finanzderivaten, wie z.B.
Futures und sogenannte Forwards sie verkörpern, den Gewinn der einen
Marktseite vom Verlust der anderen in Abzug (mit Vernachlässigung von
allfälligen Kosten des Handels als auch von Steuern), so muss sich die
Rechnung genau auf null stellen (Nullsummenspiel).* Das heißt
aber, ein Mehr bei einem geht zugleich immer auf Kosten eines anderen,
wenn auch die Gewinnaussichten im Ganzen genommen, obwohl unter der
strengen Herrschaft des Zufalls, annähernd gleich verteilt sein werden.
Überdies sind für den Einzelnen derlei spekulative Bindungen nicht nur
allesamt fortwährend von völliger Entwertung bedroht, sondern auch schlechterdings
der Gefahr ausgesetzt, nach einer Schieflage weit darüber hinausreichende
Verluste einzuspielen. Die eigentliche Gefahrenquelle für den Terminhandel
aber liegt da, wo durch zu kurze Gewohnheit und einen allzu leichten
Zugang zum Markt ein unberufener Heißsporn und Springinsfeld mit jugendlichem
Tatendrang in verantwortungsvolle Stellung als Händler gerät. Das will
bedeuten, Gefahr droht, wo Stürmern und Drängern Terminmarktinstrumente
in die Hand vertraut werden, die weder im Berufsverkehr geübt noch der
Berufstellung eines Terminhändlers gewachsen sind, und denen die notwendigen
Einsichten ermangeln, welch Unheil ihre kühnen Spekulationen nach sich
zu ziehen imstande sind. Um grelle Verluste tunlichst fern zu halten,
wie freilich auch die daraus zufallenden Gewinnen abzusichern, erheischt
darum jeder offene Terminposten grundsätzlich und unabweislich eine
durchgehende, gewissenhafte Überwachung im Verein mit besonderen Vorsorge-
und Sicherheitsmaßregeln, die, wo etwas darauf ankommt, nebenher durch
eigens ausgeklügelte Handelstechniken ihrer Vervollständigung bedürfen.
[* Zwar lässt sich
geltend machen, dass der eine sich mit dem Schaden eines andern bereichert.
Man beachte wohl, dass auf dem gesamtwirtschaftlichen Beobachtungsfeld
dennoch erwünschte, da das Gemeinwohl fördernde Wirkungen erreicht werden
können. Bezeugende Stichworte hierzu sind: Steigerung der Marktliquidität,
Abbau von Informationsasymmetrien, Separation von Risiken, Aufbesserung
der Risikoallokation resp. der Faktorverwendung.]
Ansporn und Triebfeder manches mit derivativen
Finanzmarktinstrumenten Wettenden – und wohl auch das, was sein Spekulationsfiber
vollends entfacht – findet sich gar nicht selten in dem Vermögen, durch
Einwurf von vergleichsweise wenigen Eigenmitteln dem Geschehen auf dem
Terminmarkt einen überverhältnismäßig großen Überschuss abzutrotzen.
Kraft der Hebelwirkung dieser Instrumente steht, selbst bei nur geringfügigen
Kursänderungen beim zugrunde liegenden Marktwert, die Aussicht offen,
seine Vorteile auf überverhältnismäßig große Vermögensmehrung zu wahren
(Nutzung des sog. Hebel-
oder Leverage-Effekts). Vermöge der einer ganzen Reihe von Derivaten
innewohnenden, oft bis auf das Äußerste ausgeprägten Hebelwirkung sind
manchenorts, und nicht zum wenigsten an den schwankungsanfälligeren
("volatilen") Terminmärkten, Gewinne eines Vielfachen des hinterlegten
Ersteinschusses
("inital margin") innerhalb kürzester Zeit keine Seltenheit.
Die nämliche Wirkung, also Profitsätze bisweilen jenseits der 100-Prozent-Marke,
wird noch verstärkt durch verhältnismäßig niedrige Ankauf- und Verkaufspesen
("commissions"), die für das Einleiten und Aufheben von Verpflichtungen
aus Börsentermingeschäften aufzubringen sind. Unter allen Handelsteilnehmern
entrichten die niedrigsten Geldsummen an Transaktionskosten grundsätzlich
die vor Ort auf einem Börsenparkett tätigen Spekulanten, die man gemeinhin
auch unter der Bezeichnung "floor broker", "floor trader"
oder, sofern im Eigenhandel tätig, "locals" kennt.
Es ist wahr, Termingeschäfte stehen nach
landläufiger Anschauung in keinem besonders guten Rufe. Allein die ruhige
Nennung dieses Namens ruft bei manch einem ein gewisses Unbehagen wach.
Sowie irgendwer in aller Öffentlichkeit das Wort Termingeschäft laut
im Munde führt, drängt sich breiten Schichten der Gesellschaft unwillkürlich
der üble Beigeschmack äußerst spekulativer, über alle Maßen gewagter
Geschäfte auf – allerlei Schundzeug im Geiste mit einbezogen. Solche
wohl unauslöschlich ins allgemeine Bewusstsein vorgedrungene, alteingerostete
Voreingenommenheit und Gereiztheit gegen Termingeschäfte zeichnet allerdings
ein recht einseitiges, wahrhaft schiefes Bild von der Wirklichkeit des
Zeithandels. Sieht man genauer zu, so ist leicht zu gewahren, dass um
diesen Begriff mancherlei Irrung ihr Spiel treibt. Manche dieser Urteile
und Anschauungen zeugen in einem gewissen Betracht sogar von einer völligen
Verkennung ihres Wesens. Derlei vorgefertigte, schmähliche Meinungen,
die man äußern hört, schließen Nebenvorstellungen ein, die gar manches
Mal bis zu einer tief in die Schwellen des Innenlebens geprägten Scheu
und Abneigung gegen Termingeschäfte reichen. Sie rühren augenscheinlich
von dem Tatbestand her, dass Vermögensverluste, wie sie aus unsachgemäßem
Umgang Unberufener ("rogue trader") – exempla sunt odiosa – mit
einer Handvoll verwickelter Finanzderivate der Neuzeit in jüngster Vergangenheit*
verschiedentlich hervorgegangen waren, reinwissenschaftlich gesehen
in ihren Ausmaßen nicht mehr zu beziffern sind und also letzten Endes
unausweichlich dem Allgemeinwohl zur Last fielen. Ganz richtig, für
sich genommen kann das Ausmaß der aus fehlgeschlagenen Geschäften mit
Finanzderivaten anfallenden Verluste, vom rein Dinglichen gelöst, sich
buchstäblich bis ins Unermessliche erstrecken. Entsprechend folgenschwer
scheinen nach dieser Auffassungsweise in der anschaulichen Vorstellung
die sich daraus erhebenden Bedrohungen für das gesamte Finanzgefüge
zu sein.
[* Stellvertretend
hierfür seien Namen von Ruf genannt, wie: Midland Bank (1990),
Orange County (1994), Barings (Frühjahr 1995), Daiwa Bank
(Herbst 1995), Kidder Peabody, Long-Term Capital Management
(1998), Sumitomo (90er Jahre). Mit Allfirst (2002),
China Aviation Oil (2004), WestLB (2007), Societé Générale
(2008) setzt sich die Aufzählung auch in diesem Jahrtausend fort. Dabei
wäre es ein Leichtes, diese Liste noch zu verlängern.]
So nimmt es denn nicht wunder, wenn in
Anbetracht der ernsthaften und unabsehbaren Verlustgefahren, welche
Finanzderivate – zum nicht geringen Teil im Bunde mit der ihnen eigenen
Vertracktheit – durch unsachgemäße Anwendung umlauern, solcherart Termingeschäfte
fast in allen Völkerschaften rings um den Erdball einer besonderen Aufsicht
wie auch außerordentlich strengen Ordnungsregeln unterliegen. So ist
etwa jeder Privatanleger in Deutschland, der im Begriffe steht, Börsentermingeschäfte
abzuschließen, nach § 31 Abs.
1 – 3 Gesetz über den Wertpapierhandel
("Wertpapierhandelsgesetz" WpHG; vordem § 37d WpHG, davor § 52 ff. BörsG)
von Gesetzes wegen gehalten, zu seinem eigenen Schutze wie auch zum
Schutze Dritter sich über die im Zusammenhang mit Terminschlüssen stehenden
besonderen Gefahrenpunkte grundlegend und in allgemein verständlicher
Sprache schon vorher schriftlich aufklären zu lassen (Termingeschäftsfähigkeit
"kraft Information", "individuelle Risikoaufklärung"). Zunehmend
häufig wird der Finanzderivaten innewohnenden Verwicklungen wegen gar
der Ruf nach einem gänzlichen Verbot von Termingeschäften laut. Allein
verbieten hieße nicht unterdrücken. Das Betätigungsfeld der Spekulation
würde durch alles dies womöglich bloß auf auswärtige Schauplätze verschoben,
während es auf unserm hernach an gewünschter Finanzkraft mangelte.
In Wahrheit klebt an Finanzderivaten aus
sich kein Makel. Es gibt nirgends eine besondere Gefährdung, die unbestreitbar
Ursache für ein solches Verdammungsurteil sein könnte, auch nirgendwo
eine den einzelnen Finanzderivaten geradezu anhaftende. Vielmehr liegt
ihr Gefahrenherd untrennbar im Einflusskreis des Anwenders selbst. Erst
mangelndes Gefahrenbewusstsein sowie der leichtfertige, sträflicher
Umgang mit Derivaten, sei es aus eigenem oder aus technischem Ungeschick,
sei es vom Unverstand geleitet oder schlicht aus Stümperei, Lotterigkeit,
Spieltrieb oder gar Mutwillen, birgt eine stete Gefahr, großes Übel
zu stiften. Der Spekulant, der darin gewohnt und darin bewandert ist,
ist sich dieses Sachverhaltes nur allzu sehr inne. Zur Heilung des Übels
wird er ihr dadurch zu trotzen suchen, indem er bereits im Vorhinein
den Quellen, aus denen derlei Verlustgefahren hergeholt sind, ein ganzes
Bündel von bis ins feinste erprobte Techniken und Überwachungsmaßregeln
hindernd in den Weg stellt. So kann beispielsweise, nebst einer gewissenhaften
Beaufsichtigung, schon der zielgerichtete Einsatz einer passenden, aus
der Mannigfaltigkeit an Auftragsarten
hergenommenen Order das Substanzrisiko, das infolge eines unvermittelten
Fehlschlags jederzeit schlagend werden könnte,
auf den Zukunftsmärkten spürbar mindern, so zumal jenes von bis in den
persönlichen Ruin reichender Vermögensschädigung. Ein recht wirkungsvolles
Mittel zur Begrenzung der Verlustgefahren verkörpern, neben anderen,
Optionen des Finanzmarktes, die gewagten Posten zum Schutze dagegen
gehalten werden. Finanzinstitute wie auch institutionelle Geldanleger
schirmen sich vor solchen und anderen Gefahren nebstdem geflissentlich
durch Anwendung bewährter risikopolitischer Vorrichtungen. Durch den
Rückgriff auf gesonderte Aufsichtsverfahren etwa, die zusätzlich zu
den schon wirkenden Sicherungsinstrumenten zum Einsatz gebracht werden,
sollen die mit dem Handel mit Derivaten einhergehenden Gefährdungen
abgewendet, in ihren Folgen gemildert oder weithin eingegrenzt werden.
Doch trotz aller der Sicherungsvorkehrungen und trotz aller der wenn
auch noch so wohlerwogenen Kautelen, besonders auch gesetzlicher Eigenhandelsverbote,
lässt sich nie ganz ausschließen, dass ein ungelöster Rest von Gefahren
bleibt.
Planvoll eingesetzt, lässt sich mit Hilfe
von derivativen Finanzinstrumenten im Zusammenspiel mit anderen Formen
der Geldanlage (also im Rahmen des Gesamtportefeuilles) in der Tat fast
jede beliebige "Risiko-Rendite-Kombination" verwirklichen ("asset-allocation").
So lässt sich zum Beispiel das sogenannte systematische Risiko
(Marktrisiko) eines Wertpapierportfolios,
das mit herkömmlichen Anlageformen allein nicht weiter diversifizierbar
ist, mittels Futures nochmals vermindern oder
sogar gänzlich hinwegräumen (Hedging; Verringerung des sog. "net
exposure"). Auch können Index-Terminkontrakte einem schon bestehenden
Aktienportfolio beigesteuert werden, um auf diese Weise an erwarteten
Kurssteigerungen auf dem Aktienmarkt überverhältnismäßig zu verdienen
(ggf. durch Steigerung des "net exposure"). Die Erschließung neuer Wege
in diesem Gebiete durch die finanzwirtschaftliche Forschung, die mit
dem Fortschritt in der Informationstechnologie einhergeht, werden die
Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten an derivativen Finanzinstrumenten
in nächster Zukunft noch zusätzlich erweitern. Der Schlussstein ist
hier also lange noch nicht gesetzt. Wohl kann man nach heutigem Verständnis
mit Fug behaupten, dass die derivativen Instrumente sich unstreitig
den indispensablen Bestandteilen eines zeitgemäß fortgebildeten Investment-
und Portfoliomanagements nahtlos anzureihen verstehen.
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Der Zeithorizont im Trading und Teilnehmergruppen
am Terminverkehr
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Der Zeithorizont eines Traders kann bisweilen
wahrhaft kurzfristig sein: von wenigen Sekunden ("scalping")
über einige Minuten – beide Male unter ständigem Abwägen von Augenblicksgelegenheiten
– bis zu Stunden ("intraday-trading"), kann aber mitunter auch
Zeiträume längerer Dauer abdecken, die sich dabei über mehrere Wochen
oder seltener gar über Monate erstrecken ("position-trading"
oder "long-duration trading").
Im Einzelnen lassen sich nach der Fristigkeit
ihres Erwerbsstrebens folgende Gruppen von Marktteilnehmern auseinanderhalten:
Scalper
handeln herkömmlicherweise als Mitglieder einer Präsenzbörse i.
d. R. am Platz vor Ort auf dem Parkett ("locals", "Börsenkulisse")
der Börse, wodurch insbesondere sich die sonst üblichen Gebühren einsparen
lassen. Im Zuge des Einzugs des elektronischen Handels hat sich ihr
Tätigkeitsfeld nach heutigen Verhältnissen fast ganz auf dies Letztgenannte
verlagert. Scalper erhoffen Spekulationsgewinne zu erzielen, indem sie
vermöge ihrer berufsbedingten Wissensvorsprünge eher als andere Händler
von marktbewegenden Tatsachen erfahren, die sich unmittelbar für ihre
Zwecke verwerten lassen. Sie kaufen und verkaufen mitunter in großer
Zahl Terminkontrakte jeweils nur für sehr kurze Dauer in einem fort
und suchen dabei selbst kleinste Kursunterschiede (bis zu 1 "tick"
hinab) gewinnbringend auszunützen. Dies kann zuweilen dahin führen,
dass sie in einem Handlungsvorgang beinahe gleichzeitig die gerade vorliegenden
höchsten "bids" und die niedrigsten "offers" annehmen, womit sie in
der buchstäblichsten Auslegung des Wortes zu Arbitrageur-Händlern werden.
Durch ihre rege Betriebsamkeiten tragen Scalper in gewichtiger Weise
zu einer Verbesserung der Liquiditätslage an den Terminmärkten bei.
Daytrader
zählt man in gleicher Weise zu den kurzfristig sich umsehende Differenzspekulanten.
Selten oder nie werden sich zu Anfang und am Schluss eines Börsentages
auf deren Konten jetzt noch offene Posten finden. Daytrader gehen mit
der raschen Fortentwicklung und großen Verbreitung vollelektronischer
Handelsvorrichtungen zunehmend von außerhalb des Börsenparketts zu Werke,
doch treiben sie nicht in der Häufigkeit Handel wie es für die Gruppe
der Scalper bezeichnend ist. Position-Trader
hinwiederum richten ihr Bestreben vorwiegend darauf, geldwerten Nutzen
nach Möglichkeit vollständig aus längerfristigen Kursverläufen (Trends)
an den Terminmärkten zu ziehen. Dieses Zweckes halber bedienen sie sich
entweder gewöhnlicher Long- oder Short-Positionen ("Outright-Geschäfte")
oder deren Verknüpfungen in Gestalt von Spreads. Aufgrund der einen
Position-Trader kennzeichnenden Grundausrichtung seiner Geschäftstätigkeit
auf lange Frist sind dessen Kapitalerträge je Kontrakt meist stattlicher
als die, die von der Gruppe der Daytrader oder gar von jener der Scalper
gewöhnlich erwirtschaftet werden. Noch auch spielen bei Position-Trader
die Transaktionskosten eine minder bedeutende Rolle als bei den anderen
Gruppen von Tradern.
In der Verfahrensweise lässt sich ein
Terminkontraktgeschäft trotz von Haus aus limitierter Laufzeit der einzelnen
Kontrakte vollkommen beliebig bis ins theoretisch Endlose strecken.
Um beispielsweise eine langfristig als beständig eingestufte Laufrichtung
des Kurse (Trend) bis zuletzt auszunützen, werden zu diesem Zweck die
vereinheitlichten kurzen Fristen des aufgerichteten Postens an deren
jeweiligem Ende allesamt umgeschichtet, indem in steter Folge der nahe
Terminmonat – i.
d. R. noch vor dem "first
notice day" – unter gleichzeitigem Aufbau eines neuen Postens im
nun nachfolgenden Termin glattgestellt wird ("roll-over", auch
"switching" genannt). Aus Mangel an Liquidität bei der Wahl späterer
Monatetermine und als Folge der grundsätzlichen Befristung von Terminkontraktgeschäften
verbietet sich jedoch im praktischen Alltagsfall die Spekulation unter
Aufrecherhaltung ein und derselben Position über einen längerfristigen
Zeitraum. Dergleichen erklärt und begründet, warum die am häufigsten
begegnende Spekulationsweise im Zeithandel die auf kurz bemessene Frist
angelegte Spekulation ist (Trading).
Zur beständigen Erwirtschaftung zuverlässiger
Erträgnisse aus Termingeschäften sind – neben einem gehobenen Maß an
Übung, Selbstzucht, Wissen sowie einer raschen Auffassungsgabe – eine
sorgfältig geplante kaufmännische Bewirtschaftung ("money management")
sowie eine äußerst geschickte Zeitwahl ("Timing") unentbehrlich: Demgemäß
reicht es nicht aus, bloß die Richtung und das Ausmaß der künftigen
Kursentwicklung zutreffend vorherzusehen; vielmehr ist auch der Zeitraum,
für den das Einsetzen der gewünschten Kursbewegung vorausbestimmt wird,
mit sicherem Blick in die Zukunft zu erfassen (sog. taktische
Asset Allocation).
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Zusammenfassende Betrachtung
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Vereinigen wir die einzelnen Züge aller
dieser Überlegungen in diesem Abriss zu einer Schlussbetrachtung:
In vergleichender Gegenüberstellung mit den übrigen an den Finanz- und
Terminmärkten in handelnder Weise beteiligten Gruppen (Hedger, Arbitragehändler
und sonstige) übt der große Kreis der Spekulanten schier ausnahmslos
den gewichtigsten Einfluss auf das allgemeine Marktgeschehen aus. Die
von den Spekulanten ausgelegte Kapitalfülle bewirkt in ihrer Gesamtheit
regelmäßig ein Doppeltes. In der Gestalt von Risikokapital, das in den
meisten Fällen auf eine in ihrem ganzen Umfang verhältnismäßig knapp
bemessene Zahl ausgewählter Finanzinstrumente trifft, üben sie durch
ihren zielgerichteten Einsatz eine ausgleichende, befestigende Wirkung
auf die Märkte aus. Damit tragen sie in der Schlusswirkung nicht bloß
zu einer Steigerung der Liquidität in den einzelnen Marktabschnitten
bei, sondern führen so auch im Ganzen zu einer Vervollständigung der
Märkte für Unsicherheitsübernahmen. Sie bilden unter diesem Blickwinkel
sogar eine innere Notwendigkeit zeitgemäßer Volkswirtschaften; denn
sie ermöglichen dadurch erst eine wirkungsvolle Nutzung der Terminmärkte
zur Absicherung von Kursrisiken (Motiv der Wertesicherung,
Hedging): Erst durch Einbringung des Eigeninteresses durch Spekulation
lassen sich volkswirtschaftlich gegebene Unwägbarkeiten einem marktgerechten
Werturteil unterziehen, was wieder Voraussetzung dafür ist, dass die
Tragung der Gefahr sich gegen eine angemessene Renditeerwartung auf
kostengünstige wie einfache Weise auf andere Schultern umverteilen lässt.
Gewiss spiegelt sich nicht zuletzt gerade in der Wirkungskraft von Kurssicherungsgeschäften
eine ebenso wertvolle wie hochwichtige ökonomische Bedeutung des Tatbestandes
der Spekulation wider. Nur darf man hierin nicht zu stark auftragen
und die Gilde der Spekulanten rückhaltlos ohne alles Bedenken in den
Himmel loben, so etwa, dass sie als uneigennützige Wohltäter oder gar
als Segensstifter hingestellt werden. Zwar muss es jedermann freigestellt
sein, seinen Wirtschaftsvorteil in der Spekulation zu suchen und gelegentlich
auch zu finden. Doch wie von jeder von Menschenhand geschaffenen Einrichtung,
so geht auch von der Spekulation eine Gefährlichkeit dann aus, wenn
mit ihren Mitteln und Verfahrungsarten bewusst Missbrauch getrieben
wird. Spekulation als solche wird immer vom Übel sein, besonders wenn
sie, gewollt oder ungewollt, auf unlauteres Gebaren, zumal auf eine
ganz ungerechte Übervorteilung zum Nachteil anderer hinausläuft.
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