Die Form der Organisation* eines
Marktes umschreibt als solche beiderlei, seine eigentümliche Beschaffenheit
sowohl als seine bleibende innere Ordnung. Dies gilt von allen Arten
organisierter Märkte gemeinsam, nicht zum wenigsten von den Börsenmärkten
("organised exchanges"). Jede einzelne der unter den vielschichtigen,
an den Welt-Terminbörsen
wahrhaft vorgefundene Marktorganisationsformen, soll sie so sachgerecht
als möglich zur Wirkung gelangen, beruht mit Rücksicht darauf ganz bewusst
auf einem fest umrissenen, wohl dargelegten
Marktmodell. Das Institut eines
Marktmodells selbst legt die Gesamtheit an formalisierten Verfahrensregeln
und Verfahrensweisen (die Marktstruktur) inhaltlich fest, auf welchem
Wege Aufträge (Ordres) verschiedenster
Auftragsformen
an den Börsen zusammengeführt werden und auf welche Weise die Preisermittlung
vonstattengeht einschließlich Art und Umfang der Verbreitung entscheidungswichtiger
Informationen. Unter einem zweckentsprechenden Marktmodell soll insbesondere
ein ungetrübtes und ungehindertes Markthandeln erreicht werden in der
Art, dass sich die Pläne der einzelnen Marktteilnehmer auf möglichst
kostengünstige und zugleich beste und bündigste Weise laufend aufeinander
abstimmen lassen. Im Kern verwirklicht wird dies an den Präsenzbörsen
unter der Organisationsform des Rufhandels,
an den elektronischen Handelsplätzen (Computerbörsen)
durch Rückgriff auf das zentrale
Orderbuch
der Börse.
[* Wissenschaftlich
genauer besehen, kennzeichnet die Marktorganisationsform die Mikrostruktur
des Marktplatzes Börse, im Besonderen die unterschiedlichen Handelsverfahren,
welche die Modalitäten der auf einem Markt vorgenommenen Verhandlungen
charakterisieren, die nötig sind, um zu einer Marktaustauschhandlung
zu kommen; fernerhin ist sie maßgeblich für die hierbei erzeugten Wissensänderungen
bei den verschiedenen Interessengruppen und Reflektanten (Koordinationsmechanismus).]
Eine Reihe von Arten der Futures, zumal
solche auf unentbehrliche Waren des Massenbedarfs ("commodities"),
wurde noch bis in die gegenwärtigste Gegenwart, wie am
Beispiel der vorstehenden
Seite des Genaueren erläutert, in der altüblichen Marktkoordinationsform
des "open outcry"-Systems verhandelt: ein bei vor Ort physischer
Anwesenheit von Brokern und berufsmäßigen Börsenhändlern periodisch
wiederkehrender, fortdauernder und ordergeleiteter Auktionsmarkt*
("pit trading"; Präsenzbörse, Parkettbörse), auf dem während
der festgesetzten Abhaltungszeiten (Börsenzeiten) dem Händler auf dem
Parkett die jederzeitige Möglichkeit offensteht, durch Zuruf oder auch
durch verabredete Handzeichen Abschlüsse mit anderen Händlern herbeizuführen
(Matching-System). Die Letztgenannten können dabei grundsätzlich ebenso
gut als "floor broker"**, "floor trader" wie auch als "scalper"
auftreten. Formale Notwendigkeit für die Unterhaltung eines "open outcry"-Systems,
unter welchem ein Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage durch Mitwirkung
zahlreicher "floor broker" an einem Ort überhaupt erst möglich wird,
ist ein kontinuierlicher Auftragseingang von in ununterbrochener Folge
praktisch zeitgleich eintreffenden unbedingten bzw. vorab eingereichten
bedingten Orders. Da eine
unverzichtbare Vorbedingung für einen Handelsabschluss ("trade")
wieder das rasche Ausfindigmachen eines passenden Vertragspartners ist,
kommt das kontinuierliche Auktionatorprinzip begleitet durch Rufhandel
hauptsächlich an solchen Finanzplätzen zum Einsatz, die von einem mehr
oder weniger breiten und stetigen Orderfluss geprägt sind und die sich
damit i. d. R. gleichzeitig
durch eine durchweg hohe Liquidität und Transparenz auszuzeichnen pflegen.
– Es ist unverkennbar, dass der weltumspannende Terminhandel an den
altansässigen Präsenzbörsen in Gestalt des Rufhandels schon unlängst
im Begriffe stand, gewaltig an Bedeutung einzubüßen. Er wird nachgerade
verdrängt, ja scheint angesichts der umwälzenden Fortschritte der Neuzeit
auf dem Gebiet des computerisierten Börsenhandels fast schon altmodisch.
Auch die weltweit bedeutendste Terminbörse für Futures auf Getreidearten
und Ölsaaten bspw., der CBOT zu Chicago, konnte sich dem Zug
der Zeit nicht entziehen und hat schließlich dem Computerhandel weichen
müssen. So kam der Parketthandel dort am 2. Juli 2015 ganz zum Erliegen.
Unterdessen kann der elektronische Handel über Globex®
an den Derivatebörsen der CME Group dank einem geschwinderen,
billigeren, technisch überlegenen und sicheren Handelsverkehr deutlich
mehr als 90 Prozent des Handelsaufkommens auf sich vereinen. Gar mancher
mag diese Entwicklung wohl in schwärmerischer Verklärung bedauern; doch
fürwahr ist das große Marktgeschehen nur auf dem "trading floor" in
seiner ganzen Unmittelbarkeit zu verspüren!
[* Sonstige Bezeichnungen
für einen fortdauernden ordergeleiteten
Auktionsmarkt sind: "order-driven continuous auction market",
"continous trading", auftragsgetriebener Markt, kontinuierliches
Auktionsverfahren, variabler Handel, laufende Notierungen,
fortlaufender oder Fließhandel, Ermittlung von Einzelkursen;
das Pendant hierzu ist das nicht-kontinuierliche
Preissetzungsverfahren: die "Auktion zu einem festem Zeitpunkt"
("call auction", "batch auction", Gesamtkursermittlung,
Ermittlung von Einheitskursen). Das kontinuierliche Auktionsverfahren
trifft man sowohl auf ordergeleiteten Märkten wie in Market-Maker-Systemen
an.]
[** Ein solcher
"floor broker" wird hierbei in einer Vertragsvermittlerfunktion als
Beauftragter (Makler, Agent) für den eigentlichen Auftraggeber (Principal)
tätig, ohne bei dieser Betätigung selber als Vertragspartei aufzutreten.
Floor-Broker beziehen als Bonifikation für ihre Dienste im Gegenzug
eine Vermittlungsprovision ("commission"). Die Vermittlungstätigkeit
des "floor brokers" kann sich erstrecken auf das Ausfindigmachen einer
Gegenpartei im Handel sowohl als auf das Aushandeln eines Kurses. Berufsmäßige
Market-Maker, so etwa "designated market maker" (früher "specialists")
wie an der New York
Stock Exchange (NYSE), sucht man auf dem "trading floor"
einer Präsenzbörse für Futures jedoch vergebens.]
Mit Eintritt in das Informationszeitalter
hält, wie vorhin aufgeführt, an den weltweiten Derivatebörsen der
ordergesteuerte elektronisch geregelte
Handel über Datenleitungen und Bildschirmterminals ("electronic
trading system") allerorten Einzug ("Computerbörsen").
Anfangs noch kämpften an vielen Börsen die Händler auf das lebhafteste
gegen die Errichtung des computergestützten Handels an und manche versuchten
gar, ihn zu Fall zu bringen. Doch die technische Entwicklung ließ sich
nicht mehr aufhalten, und so wurde der Widerstand allmählich aufgegeben.
Inzwischen kann der Computerhandel nicht nur bei den Financial-Futures,
sondern selbst auf den Warenterminmärkten wie auch bei den Optionsgeschäften
die Hauptmasse des Börsenverkehrs auf sich ziehen. Stellt man die Wesensmerkmale
beider Handelsplattformen miteinander in Vergleich, so ist trotz allen
technisch-organisatorischen Verschiedenheiten im Einzelnen unverkennbar,
dass der elektronische Handel in allem noch etliches mit dem alten Parketthandel
teilt: Die eine wie die andere Handelsplattform baut im Wesentlichen
auf dem kontinuierlichen Auktionsprinzip auf. Beide Male sind
es einheitliche Börsenregeln (wie Börsengesetz, Börsenordnung im Verein
mit den Ausführungsbestimmungen für das Clearing), die den rechtlichen-institutionellen
Rahmen für die Organisation und die Abwicklung des Marktprozesses verbindlich
abstecken. Die Hauptaufgabe eines jeden Systems, dem traditionellen
eines öffentlichen, kontinuierlichen "auction market" gleichwie dem
eines vollelektronisch eingerichteten Marktes, erschöpft sich bekanntermaßen
darin – wie weiter vorn anhand eines Beispiels "Wie
entstehen Futures?" in seinen Grundzügen umrissen – auf der Grundlage
eines möglichst flotten, fairen* Handels unter Berücksichtigung
der jeweils bestehenden Angebots- und Nachfrageverhältnisse den jeweils
bestmöglichen ("markträumenden") Preis für alle unmittelbar am Geschehen
Beteiligten mit der größtmöglichen Transparenz dauerhaft sicherzustellen.
[* Fairness
im Handel nimmt aus ethischem Blickwinkel die Vermeidung von Machtmissbrauch
Einzelner und, unter der Alleinherrschaft wirtschaftlicher Transaktionsmotive,
auch die Wahrung von Chancengleichheit auf einen Handelsabschluss in
sich auf. Ein fair ausgehandelter Börsenpreis spiegelt damit die tatsächliche
Marktlage des Preisfeststellungszeitpunktes unmittelbar wider.]
Über die technische Grundlage hinaus trennt
Computerbörsen von Parkettbörsen noch ein ganz anderer Wesenszug. Das
Charakteristische aller Derivatebörsen, die mit einer elektronischen
integrierten Handelsplattform ausgerüstet sind, ist nämlich darin zu
sehen, dass neben das Auktionsverfahren fallweise Bestandstücke des
Market-Maker-Prinzips
zum Zwecke der fortlaufenden Preisbildung unterstützend hinzutreten
können. Es geschieht dies in der Absicht, durch zusätzlichen Wettbewerb,
der von Seite der im Wettstreit stehenden Market-Maker ausgeht, sich
die Vorteile beider Verfahren auf gefällige Weise gleichzeitig nutzbar
zu machen. Jedem Futures-Produkt werden hierbei zur Kursstabilisierung
üblicherweise gleich mehrere Market-Maker zugeteilt. Durch Rückgriff
auf das Market-Maker-Prinzip, sprich durch das Hinzuziehen von Market-Makern,
soll insbesondere in geschäftsstillen Zeiten der Gefahr einer nur unzulänglichen
Liquidität ebenso
wie der einer mangelnden Transparenz samt den damit einhergehenden Verzerrungen
in den Märkten wirkungsvoll begegnet* werden. So lässt sich bspw.
das Handelsorganisationssystem der vollständig computerisierten Terminbörse
Eurex
in der praktischen Anschauung als Mischform eines ordergeleiteten, kontinuierlichen
Auktionsmarktes ("order-driven-market", jedoch ohne Kursmakler)
und Market-Maker-Verfahrens ("quote-driven-market") auffassen,
wobei je nach anzutreffendem Grad der Orderbuchliquidität im Handel
mit bestimmten ("designierten") Produkten durch Einschaltung von Market-Makern
das Market-Maker-Prinzip durchaus das Vorherrschende sein kann (sog.
"hybrides System", "quote-and-order-driven-market").
[* Häufigkeitsuntersuchungen
deuten zu wiederholten Malen allerdings darauf hin, dass Preisspreizungen
(Geld-/Brief-Spannen) und die damit einhergehenden impliziten Börsenhandelskosten
in "quote-driven-markets" gegenüber jenen in "order-driven-markets"
tendenziell größer ausfallen können. Andererseits lässt sich feststellen,
dass die Geld-/Brief-Spannen sich tendenziell verengen, wenn der Markt
sich durch eine zunehmende Zahl geschäftig teilnehmender Market-Maker
verbreitert.]
Zumal an den elektronischen Terminbörsen
(so auch an der
Eurex)
wird der fortlaufende Handel üblicherweise ergänzt um von Zeit zu Zeit
stattfindende "call auctions" ("call market", "Gesamtkursermittlung").
Letzteren fällt das Amt zu, auf der Bestandsgrundlage der zu den betreffenden
Zeitpunkten vorliegenden Kauf- und Verkaufaufträge (Quotes und Orders)
nach dem Meistausführungsprinzip* besondere Einheitskurse, wie
beispielsweise offiziell ermittele Eröffnungs- und Schlusskurse, vielfach
aber auch andere regelmäßig ermittelte untertägige Referenzkurse, förmlich
hervorzubringen. Das Verfahren der Gesamtkursermittlung ist somit neben
dem der kontinuierlichen Auktion und des Market-Maker-Prinzips das dritte
wesentliche Verfahren zur Preissetzung an den Börsen. Alle drei umschriebenen
Methoden zur Preisbildung und Preisfindung dienen dem Zweck eines regelgebundenen,
ordnungsmäßigen, liquiden Handels auf organisierten Märkten und kommen
dabei in Marktmodellen der Praxis nicht selten als Kombinationsformen
parallel zum Einsatz.
[* Dem Meistausführungsprinzip
gemäß wird derjenige Kurs ermittelt, der zum höchstmöglichen Umsatzvolumen
bei möglichst geringem Unterschied zwischen Angebot und Nachfrage führt.]
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Elektronischer Handel
über Computerbörsen
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Kein Zweifel, seit der Jahrtausendwende
sind elektronisch betriebene Börsen (Computerbörsen) allerorten im Vordringen
begriffen. Waren es zum Auftakt des geregelten Computerhandels anfangs
der 1990er Jahre mit der Deutschen Terminbörse (DTB), der
SOFFEX (Schweiz) und 1992 nachbörslich im Abendhandel an der
Chicago Mercantile
Exchange (CME): mit der Globex® nur eine Handvoll
Futuresmärkte*, auf denen Kontrakte sich auf elektronischem Wege
umsetzten, so sind Letztere gegenüber jenen der klassisch ausgehandelten
Futures mittlerweile in der weitaus überwiegenden Mehrzahl. Selbst eine
alteingesessene Terminbörse des Präsenzhandels, wie der jetzt zur
IntercontinentalExchange
(ICE) gehörende New York Board of Trade (NYBOT), stellte im März
2008 nach Jahr und Tag den Parketthandel vollends ein und wendete sich
in allen Stücken dem ganz im Zeitgeist liegenden vollelektronischen
Handel zu ("electronic trading", "electronic market").
[* Auch der Verkehr
in Futures-Optionen ("futures options") konnte dem Zug der Zeit
nicht widerstehen und hat, mit einiger Verzögerung zwar, derweil den
Sprung auf die elektronische Handelsplattform ("electronic venue")
vollzogen oder ist darauf bereits vorbereitet. Der verspätete Einzug
desselben ist in erster Reihe zurückzuführen auf die für Optionen bezeichnende
Vielzahl von Ausübungspreisen ("strike prices") in den
Optionsklassen
der einzelnen Märkte und den daran hängenden tausendfältigen Schwerfälligkeiten.]
Computerbörsen
kommen ganz ohne Börsensaal und Parkett aus. Es kann das angesichts
des wahrhaft staunenswerten technischen Fortschritts nicht im Mindesten
befremden; denn der Umstand, dass die einzelnen zur Herbeiführung von
Börsengeschäften aufgestellten Handelsaufträge (Quotes, Orders) bloß
noch ortsfern (dezentralistisch) mittels Datenfernübertragung in das
Netzwerk einer Computerbörse eingespeist zu werden brauchen, bringt
es mit sich, dass auch die Händler ihre örtliche Zugangsbeschränkung
zu den Börsenmärkten überwinden. Obzwar von Berufs wegen nach wie vor
zugegen, haben sie es nicht mehr notwendig, jeder für sich den Markt
leibhaftig aufzusuchen, um gegenwärtig vor Ort selbst zu Werke gehen
zu können. Stattdessen stehen sie unabhängig vom Aufenthaltsort übers
Internet oder gar über besondere Standleitung online mit dem
Zentralrechner der Börse, vorkommendenfalls auch mit einem sogenannten
"electronic communications network" (ECN) oder einer "electronic
execution platform" (EEC), entweder mittelbar oder unmittelbar in
Verbindung (Börsendraht; "exchange electronic trading"). Die
direkte Verbindung leitet angeschlossen an modernste Korrespondenzmittel
ohne Zwischenschaltung von Finanzintermediären geradewegs zu einem Knotenpunkt
der Börse und von dort weiter an die Handelsplattform. Die indirekte
Verbindung, mit der sich die Mehrzahl der Privathändler begnügen muss,
führt über die Zwischenstation eines Brokers
(FCM), eines Clearinghauses oder eines Datencenters an die Börse. Der
Leitrechner der Börse übernimmt für alle hier eingelaufenen Handelsaufträge
stellvertretend für die Handlungsvermittler (Broker, Dealer, Market-Maker)
die Aufgabe der Vermittlung zwischen Käufern und Verkäufern von Derivaten,
wodurch er sie der örtlichen Gebundenheit überhebt. Dieser Zug – gekoppelt
mit einer für elektronisch organisierte Börsen bezeichnenden Integration
von Matching, Clearing, Settlement,
Abwicklung, Verwaltung und Verwahrung, unter ein und derselben Systemplattform
– ermöglicht im Betrieb von Computerbörsen zum einen erhebliche Kosteneinsparungen
durch Ausnützung von Synergieeffekten und zum anderen ungleich raschere
Transaktionsgeschwindigkeiten* im Handelsverkehr selbst wie auch
bei der nachherigen Abwicklung von Terminkontrakt- und Optionsgeschäften.
Dies und die damit verbundene technische Erleichterung der Geschäftsabschlüsse
zusammen haben im Börsenterminhandel im jüngsten Zeitabschnitt zu einer
beträchtlichen Vermehrung der Handelsverkehrsziffern ("total volume")
beigesteuert.
[* Das gesamte
Börsenhandels- und Abwicklungssystem von Computerbörsen ist schon aus
sich heraus auf überhaupt mögliche höchste Beschleunigung angelegt.
Hohe Transaktionsgeschwindigkeiten stellen somit ein Gütesiegel gerade
der elektronischen Börsen unter Wettbewerbsbedingungen dar. Im computerisierten
Futures-Handel ("e-trading") unserer Tage liegen die Latenzzeiten
("order latency") gehäuft im unteren Bereich von 2 bis 35 Millisekunden.
Im Strom der Fortentwicklung der Technik (Glasfaserkabel, Lasertechnik)
werden diese auf Zeiträume von geringster Dauer (Nanosekunden) bis an
die Grenze der Lichtgeschwindigkeit mehr und mehr abgekürzt.]
Der Umstand, dass der Zugang zum Hauptrechner
einer Computerbörse nicht mehr an einen bestimmten Standort fest gebunden
ist, sondern sämtlichen Berechtigten gleichermaßen allerorten in technisch
einheitlicher, standardisierter Form offensteht, macht einen der gewichtigsten
Pluspunkte von elektronischen Börsenhandelssystemen grundsätzlicher
Art aus. Eine ständige, durchgehende datenmäßige Anbindung durch vernetzte
Computeranlagen an das System zu den gleichen offenen Bedingungen auf
verschiedene Plätze verteilt leistet die Gewähr dafür, dass die Börseneinrichtungen
für deren Nutzer auf einfache, bequeme und nachvollziehbare Weise praktisch
standortunabhängig zugänglich sind und der Handelsverkehr damit so sehr
als möglich erleichtert wird. Zu verdanken ist dies dem gescheiten Aufbau
von Computerbörsen. Über die ihnen eigenen Benutzerschnittstellen sind
weltweit eine Vielheit von Handelsterminals (Frontend-Systeme*,
"front-end trading applications", "user devices") angeschlossen,
die allesamt nach einheitlichen technischen Grundformen arbeiten. Überdies
erlauben Computerbörsen die Nutzung und Vermarktung von Software von
Drittanbietern über eben diese gleichgesetzten offenen Standards (Application
Program Interface, API). So lassen sich etwa mittels einer ganzen Reihe
miteinander vernetzter Ein- und Ausgabeeinheiten, die sämtlich mit sinnvoll
in Zonen unterteilten Handelsbildschirmen ausgestattet sind, im Dialogbetrieb
sowohl Quotierungen und
Orders mühelos einspeisen,
ändern und löschen als auch laufende Preis- und Marktinformationen abfragen,
ohne dazu persönlich an einem Börsenplatz körperlich anwesend sein zu
müssen. Sämtliches Aufkommen an Daten wird mithilfe der neuesten Technik
der Datenfernübertragung (Blockchain-Technologie) praktisch synchron
am Ort des Zentralcomputers zusammengeführt und daselbst mit Hilfe der
hauseigenen inneren Technik EDV-mäßig verarbeitet. Erstes Ziel eines
solchen Systems ist es, mit möglichst geringen Transaktions- und Anbindungskosten
allen Börsenteilnehmern gleichermaßen ein Höchstmaß an Wirksamkeit (Effizienz),
Fairness und Marktdurchblick im Handel zuteilwerden zu lassen. Wendet
man den Blick auf das Ganze, so kommt man zu der Erkenntnis, dass die
fortschrittlichen Terminbörsen der Jetztzeit schon längst nicht mehr
allein reine Handelsplattformen ("electronic trading systems",
"matching platform") vorstellen, sondern obendrein hoch wirkungsvolle
Abwicklungs-, Verwaltungs-, Verwahrungs- und Informationssysteme umspannen
(multilaterale Handelssysteme, "Digitalbörsen"). Der elektronische Börsenhandel
ist dadurch zu einem der fortschrittlichsten Verkehrsmittel kosmopolitischer
Natur geworden.
[* Anmerkung: Der
Börsenort einer Computerbörse ist immer der Standort des Zentralcomputers.
Der Zutritt beispielsweise zum Standort des Hauptrechners der Terminbörse
Eurex in Frankfurt a.M
ist derzeit möglich über Zugangspunkte ("access points") an weltweit
rund 700 verzweigten Standorten. Ihr Zugang zur Handelsoberfläche @X-ceed
erfordert dabei aus Sicherheitsgründen selbstverständlich zuerst die
Eingabe eines Berechtigungsnachweises durch einen persönlichen Identifizierungscode
("access code"). Auch der Zentralrechner selbst ist gegen technischen
Ausfall stets hinreichend redundant gesichert.]
Als Handelsgegenstände für an Computerbörsen
gelistete Futures und Optionen kommen grundsätzlich alle gängigen Marktinstrumente
gleich welcher Art infrage, Commodities so gut wie Finanztitel wie sonstige
Variablen von wirtschaftlichem Interesse. Heutzutage läuft der Terminhandel
mit Finanzkontrakten (Financial-Futures)
weit mehrheitlich über Computerbörsen ab. Selbst die Warenterminkontrakte,
die bislang noch nach alter Mode vorzugsweise im Rufhandel an den Präsenzbörsen
umgesetzt wurden, holen in technischer Hinsicht gegenwärtig mächtig
auf. Manch jüngere Terminbörse, wie z.B.
die 1998 gegründete Eurex, kennt mittlerweile gar keinen traditionellen
Rufhandel mehr ("electronic-only"). Und selbst dort, wo der Handel
während der üblichen Börsenzeiten auch jetzt noch durch Zuruf auf einem
Börsenparkett nach der Ausführungsart des "open outcry" abläuft, stellt
in neuerer Zeit fast jede Terminbörse entweder parallel dazu ("side-by-side",
"hybrid") oder zwecks Verlängerung der Abhaltungszeiten gleich
anschließend ("after-hours electronic") die Möglichkeit zum elektronischen
Handel bereit, von der die Händlerschaft nunmehr auch verstärkt Gebrauch
macht. So werden beispielsweise an der weltgrößten Terminbörse, der
CME Group, heutigentags mehr als drei Viertel des dortigen Handelsumsatzes
auf elektronischem Wege herbeigeführt.
Vielerorts schließt sich, wie soeben angedeutet,
zur Ausweitung der zeitlichen Verfügbarkeit der Computerhandel ungesäumt
an einen altherkömmlichen Rufhandel an bzw. begleitet ihn ("dualer Handel"),
sodass in den meisten, wichtigsten Futures ("key contracts")
sich Geschäfte auch jenseits der regulären Handelszeiten ("regular
trading hours", RTH) im elektronischen Verfahren durchführen und
abwickeln lassen; also selbst dann noch, nachdem der Parketthandel für
den betreffenden Tag bereits zum Abschluss gebracht worden ist ("extended
trading hours", ETH). Tatsächlich steht der Computerhandel ("electronic
trading") – abgesehen von jedesmaligen kurzen Haltepausen an der
Trennungsmarke zwischen den Handelsabschnitten (an der Globex®
bei Aktienindizes und NYMEX-Produkten börsentäglich von 16:00 bis 17:00
Uhr CT; "maintenance") – somit wochentags durchgehend zur Verfügung
("electronic trading hours", ETH). Einige jüngere Futures-Produkte
wurden sogar eigens für den elektronischen Handel geschaffen ("electronic
only"), wie beispielsweise die E-miniTM-Futures-Gruppe
der Chicago Mercantile Exchange mit dem gegenwärtig nach Zahl
der abgeschlossenen Kontrakte bedeutendsten Index-Futures überhaupt:
dem E-mini
S&P 500®. Nebst diesem zählen hiezu auch der
E-mini NASDAQ-100®
und der E-mini
S&P MidCap 400*. Die letztgenannten gehören heute mit zu den Umsatzspitzenreitern
unter allen in Verkehr stehenden Equity-Terminkontrakten weltweit.
[* Es wäre ungereimt,
diese mit einer Klasse von Hebelzertifikaten zu verwechseln oder zusammenfallen
zu lassen, die zwar von ihren Schöpfern mit dem Rufnamen "Mini-Futures"
beehrt wurden, die ihn aber beileibe nicht würdig sind. Die mit der
Äquivokation "Mini-Futures" selbstschöpferisch bedachten Gebilde sind
aus völlig verschiedenem Geist geboren. Sie alle stellen sich dar als
Erzeugnisse eigener Faktur der Geldhäuser, die den Gattungsbegriff Futures
kennzeichnenden Merkmalen gar nicht einmal die Spur genügen und
darum auch keinen Anspruch auf ihn erheben dürften. Im Gegensatz dazu
gelten sowohl der oben erwähnte E-mini S&P 500®, gleichwie
der E-mini NASDAQ-100®-Futures, als rechte und eigentliche
Futures auf Aktienindizes
in des Wortes buchstäblichster Bedeutung mit der einzigen Besonderheit,
dass diese in einem gegenüber landläufigen Index-Futures quantitativ
nachstehenden Kontraktumfange daherkommen, was eben durch den Zusatz
"E-mini" auch sprachlich zum Ausdruck gebracht wird.]
Wer die Entwicklungsbahnen der börsengeschichtlichen
Entfaltung in den letzten Jahren aufmerksamen Blickes verfolgt hat,
wird nicht verkennen, dass die Märkte eine staunenswerte Wandlung vollzogen
haben, und noch immer erfahren. In Anbetracht des Emporkommens der allgemeinen
Technisierung und des Fortschritts der Computertechnik im Besonderen,
welcher sich gerade in neuester Zeit in einer geradezu atemberaubenden
Geschwindigkeit vollzieht, Seite an Seite mit dem schwungvollen Fortgang
auf dem Fachgebiet der Informationstechnologie hin zu immer leistungsfähigeren
Kommunikationsmitteln bei gleichzeitig blitzschneller Nachrichtenübermittlung,
ist bereits heute absehbar, dass das gegenwärtige Gefüge örtlich vereinzelter
Börsenhandelsplätze größerer oder kleinerer Bedeutung in nicht allzu
ferner Zukunft sich wenigstens im Grundton bewegen wird in Richtung
auf einen weltumspannenden Terminmarkt, auf dem Mitwirkende aller Nationen
– ungeachtet verschiedener Zeitzonen
– in der Lage sein werden, über dezentrale Terminals ("access point",
AP) standortunabhängig mit Hilfe eines ausschließlich nach Computerverfahren
arbeitenden Kommunikationssystems, und einem dadurch ermöglichten Marktzugang
auf denkbar einfachste Art, ganz ohne Schließzeiten zu jeder Tages-
und Nachtzeit Handel zu treiben ("virtuelle Finanzzentren").
Ob daneben noch ein Schlupfwinkel für den bodenständigen Parketthandel
erhalten bleibt, der als Überbleibsel im Geist der entschwundenen alten
Zeit fortzuleben fähig ist, oder ob diese Form des Handels sich schon
längst überlebt hat, bereits überholt und für alle Zeiten abgetan ist,
darüber wird in letzter Reihe nichts mehr und nichts minder als der
Markt selbst befinden.
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des Clearing-Systems im Terminhandel
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