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Aufkommen, Stellenwert
und Anwendungsmöglichkeiten von Finanzderivaten
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Der Handelsverkehr mit
Futures,
Optionen und
anderweitigen Kernderivaten
hat auf den Welt-Börsenplätzen in den vergangenen drei Dezennien Ausmaße
angenommen, wie es sonst beispiellos ist. In jener Zeitspanne kam es
an den weltumspannenden Marktplätzen und Finanz-Knotenpunkten zu einem
steten Vordringen der vorbezeichneten Finanzinstrumente, vereint mit
einer schlagartigen Ausdehnung ihres Umsatzaufkommens. Seinen sachlichen
Ausgang nahm der in seiner Triebkraft bis auf diesen Tag unaufhaltsame
Vormarsch der Derivate im großen Marktverkehr von dem lebhaften Ruf
vielnamiger an den Welt-Finanzplätzen ansässiger Geldhäuser und multinationaler
Unternehmungen nach ebenso bequemen wie wirksamen Schutzmitteln, mit
deren Hilfe sich das Übel der gehäuft auftretenden unberechenbaren Marktpreisschwankungen
sicher und zuverlässig handhaben lasse (Hedging).
Angesichts der im ausgeprägten Wirtschaftsverkehr unserer Zeit merklich
gestiegenen Preisvolatilitäten
in und zwischen den volkswirtschaftlichen Güter- und Finanzmärkten nimmt
es nicht wunder, dass der angelegentliche Wunsch, aus berufenem Munde
wiederholt vorgebracht, an den Zukunftsmärkten nicht ungehört verhallen
konnte. Wiewohl der Handel mit Finanzderivaten sich in seiner ganzen
Breite längst daran gewöhnt hat, beständig unter das Licht bald berechtigter,
bald anmaßender wie ungestümer Kritik gestellt zu werden, gehört er
heute zu den gewöhnlichen Alltagserscheinungen unseres zeitgemäß fortgebildeten
Verkehrswesens.
Der mächtige Aufschwung der Finanzderivate
begann bereits in den Siebzigerjahren des verflossenen Jahrhunderts.
Als treibende Kraft hinter dem machtvollen Emporkommen des Derivatehandels
sind rückblickend namentlich die aufkeimenden Deregulierungs- und Liberalisierungsbestrebungen
auszumachen, die im Zuge der Neuordnung der internationalen Finanzmärkte
und der zunehmenden Verflechtung in den Bereichen der Wirtschaft, Technologie
und Politik (Globalisierung) allmählich in Gang gebracht wurden. Diese
Letzteren setzten allen Ehrgeiz darein, sogenannte konzertierte wirtschaftspolitische
Aktionspläne hervorzubringen, welche für die weiteren Stufen der Entwicklung
in ihrem Kern darauf abstellten, in zeitlicher und räumlicher Beziehung
eine immer engere Verflechtung der bislang weitgehend unabhängig voneinander
wirkenden (segmentierten) nationalen Märkte auf den Weg zu bringen,
und das mit dem ferneren Ziel eines einheitlichen überstaatlichen Finanzmarktes
(Schlagwort "Kapitalmarktunion"). Begleiterscheinungen, die hergeholt
vom Fortschritt der Informationstechnologie und Wissenschaft sich noch
einmal selbst zu beflügeln vermochten, so zumal eine erhebliche technische
Vereinfachung zwischenstaatlicher Finanztransaktionen ("electronic
processing"), die sich ehedem nur leidlich durch einen vertrackten
Bankenapparat schleusen ließen, sowie seit Anfang der 1980er-Jahre die
Schaffung neuer, bequemerer Übertragungswege für Finanztitel mittels
Verbriefung von Forderungen, Verbindlichkeiten und Restbetragsansprüchen
(Securitization) und Emission der daraus hervorgegangenen Papiere*
im Umlaufmarkt (Sekundärmarkt), verschafften der ohnehin schon raschen
Abfolge dieser Umwälzungen noch einen Zusatz an Nahrung.
[* Aus dem Kreis
jener verselbständigten Rechte sind besonders herauszuheben Certificates
of Deposit (CDs), Euronotes, Euro Commercial Papers,
Zerobonds, Floating-Rate-Notes usw., sowie in der jüngsten
Gegenwart auf letzter Stufe der Entwickelung sog. Collateralized
Debt Obligations (CDOs), die im Zusammenhang mit der von 2007 bis
2010 dauernden Immobilienkrise ("subprime mortgage crisis") seinerzeit
in Amerika allerdings in Verruf geraten sind und seither in öffentlichen
Erörterungen ernsten Auges angesehen werden.]
In jenem Zeitabschnitt vermochte sich
ein von der kräftigen Strömung eines verstärkten Wettbewerbs getragener
nachhaltiger Aufschwung auf dem Herrschaftsgebiet der Finanzinnovationen
Bahn brechen, der in sprunghaft gestiegenen Umsatzzahlen von überallher
seinen Widerschein fand und der überdies einen stetig wachsenden Informationsbedarf
über die Anwendungsvoraussetzungen, Einsatzgebiete und eigentümlichen
Unwägbarkeiten im Gebrauch derivater Finanzinstrumente mit sich brachte.
Die jüngst erworbenen Einsichten der vorgeschrittenen Finanzierungsforschung
in Verbindung mit beachtlichem Einfallsreichtum in der Produktgestaltung
gaben der gesamten Bewegung nochmals einen gewaltigen Ruck nach vorwärts.
Diese äußeren Gegebenheiten boten den verschiedenen Banken und Emissionshäusern
auf diesem Gebiet reichlich Stoff für ein entsprechend breiteres Betätigungsfeld,
auf dem unlängst eine beinahe unüberschaubare Hochflut neuartiger Erzeugnisse
entstehen konnte und immer kunstvollere gewiss auch in Zukunft noch
ersonnen werden, nicht zuletzt im Verfolg der Absicht, diese zur Abschöpfung
zusätzlich geschaffener Gewinnausbeute auf dem Markte geldlich zu verwerten.
Alles dies führte in natürlicher Folgerichtigkeit zu einem wahrhaften
Umsatzschub auf den gesamten Derivatemärkten. Durch die geballte Marktmacht
tatkräftiger Hedge-Fonds
wie auch durch die zunehmende Beteiligung einer stattlichen Zahl von
institutionellen Partizipanten* an dem Ganzen der Finanzderivate-Geschäfte
ist ein üppiger Zuwachs bei deren Handelsverkehrsziffern in der nächstbevorstehenden
Zukunft von dieser Seite schon heute mit einiger Bestimmtheit absehbar.
[* Institutionelle
Marktteilnehmer haben üblicherweise – und zwar in viel stärkerem Maße
als Hedge-Fonds – einen besonderen Sinn für die Erzielung eines stetigen
und dauerhaften Einkommens und stehen daher dem eigentlichen Trading
eher fern. Zum Kreise der institutionellen Anleger gehören Geschäftsbanken,
Lebensversicherungsgesellschaften, Pensionskassen, sog. "private-equity"-
und Investmentfonds, zudem so benannte Commodity Trading Adviser (CTAs),
einige multinationale Unternehmungen, größere Stiftungen sowie sonstige
Kapitalsammelstellen.]
Im Wahrnehmungsfeld breitester Massen
des Volkes ist das Wort "Börsentermingeschäft" verächtlich mit einem
Odium behaftet. Sobald man es im Munde führt, erhitzt es die Gemüter.
Der Ausdruck erweckt unwillkürlich verschwommenste Vorstellungen, die
in die unterschiedlichsten Richtungen gehen. So macht neuerlich die
Auffassung die Runde, Termingeschäfte seien über alle Maßen "riskant"
und darum unwiderruflich zu verdammen. Vielfach sogar werden unter diesem
Bilde Termingeschäfte in Bausch und Bogen beharrlich angefeindet und
in einem Atemzuge für eins und dasselbe genommen mit waghalsigen wie
gewissenlosen Spekulanten,
die von barer Gewinnsucht beherrscht Riesensummen in sittlich anrüchiger
Weise aufs Spiel setzen und auch entfernt keinen Anstand nehmen, durch
ihre ausufernden Spekulationsmanöver Preistreibereien an den Waren-
und Finanzmärkten Vorschub zu leisten – alles in dem Sinnen und Trachten
nach raschen Kurssteigerungen, aus denen sie ihr ohnehin überflüssiges
Vermögen zu nähren suchen. Derlei eingealterte, von innen heraus tief
ins allgemeine Bewusstsein gedrungene Anschauungen und wiederholt ausgesprochene
Verdammungsurteile sind in dieser ihrer Auffassungsweise irrtümlich.
Sie stützen sich dabei in der Hauptsache auf den Sachverhalt, dass die
denkmögliche Höhe der Verluste, die gewissen Arten (singulärer) Termingeschäfte*
beibringen können – zumal solche, denen bei flüchtiger Betrachtung ihr
hoch spekulativer Charakter dem bloßen Augenschein nach gerade recht
anzuhaften scheint – nach einer irgendwelchen Unbedachtsamkeit oder
Fehleinschätzung der künftigen Preisentwicklung gedanklich ohne Halt
gegen die buchstäbliche Unendlichkeit strebt. Und weil solch ungeheuerliche
Summen naturgemäß von niemand allein mehr werden getragen werden können,
fielen diese letzten Endes unweigerlich dem Gemeinwesen zur Last. –
Noch andere Formen von (OTC-)
Derivaten wieder, so vor allem so benannte Credit Default Swaps,
CDS, werden alles Ernstes bezichtigt, sie könnten ihres zuerkannten
"systemischen Risikos" wegen gar das gesamte Finanzgefüge in seinen
Grundfesten erschüttern!
[* Angesprochen
sind damit im Besonderen singuläre
Short-Positionen in Futures
und ebensolche Short-Positionen in Optionen, durchgeführt als Outright-Geschäfte.]
Auf eine derart übel eingerissene, irrige
Meinung von Termingeschäften und auf deren öffentliche Geringschätzung,
erzeugt durch, wie man behauptet, deren Unheil bringende Natur, sind
eine Reihe von Vorfällen an den Zukunftsmärkten mit aufsehenerregenden
Verlustgeschäften* gewiss nicht ohne fördernden Einfluss geblieben.
Genährt worden ist der ganze Irrgarten strenger Verurteilungen noch
durch die Einschläge der unseligen Finanz- und Wirtschaftskrisen der
letztverklungenen Zeit, besonders seit dem Jahre 2007 ("Great Financial
Crisis"), zu denen es neben vielen sachgemäßen und anständigen freilich
auch an allerlei schiefen Berichterstattungen vermittelt durch die vielvermögende
Wirtschaftstagespresse wahrlich nicht mangelte. Doch trotz alles gegenteiligen
Anscheines tragen Zeitgeschäfte nichts Verächtliches an sich: So sehr
sich ihnen auch manche weltgeschichtlich gewordene Übelstände mit Recht
nachsagen lassen, so gründlich wird verkannt, dass das bloße Bestehen
von Finanzderivaten nicht gleichbedeutend ist mit ihrem Risiko!**
Nicht diese verdienen das Misstrauen, sondern die Handelsbeflissenen,
die sie mit ungezügeltem Eifer blindwütig anwenden, mit ihnen Spielereien
treiben und unsachgerecht damit umgehen!
Erst Erscheinungen nämlich, wie mangelnde
berufliche Eignung, ungenügendes Fachwissen, Missverstand, unzureichende
interne wie aufsichtsrechtliche Sicherungsvorkehrungen gegen technisches
und menschliches Versagen sowie ein leichtfertiger, unsachgemäßer, bisweilen
sogar ein vernunftwidriger, durch Spielfreude gelenkter Umgang mit ihnen
werden zu einer ernsthaften Gefahr! Der geschäftsgewohnte Derivatehändler
von Fach, der auf dem Gebiet des Risikomanagements auf eine überreiche
Berufserfahrung zurückblicken kann, ist sich dieser Tatsache gar wohl
bewusst. Unter dem Eindruck dieser seiner anschauenden Erfahrung hat
er sich weise Vorsicht zum Gesetz gemacht. So wird er im tagtäglichen
Verkehr mit derartigen Instrumenten mit überpeinlicher Sorgfalt und
Umsicht darauf bedacht sein, allzu großer Verlustgefahr vom Grund aus
vorzubauen. Mit Rücksicht darauf wird er es an besonderen Vorbeugungs-
und Schutzmaßregeln nicht fehlen lassen, sich etwa einem verschärften
Einsatz weithin bewährter technisch-organisatorischer Überwachungsverfahren
zur Eingrenzung der Verlustgefahr zuwenden, die, wo etwas darauf ankommt,
noch durch gewissenhaft ausgeklügelte Handelsvorrichtungen ihre Ergänzung
finden. Allein aller Sicherungsvorkehrungen und Kautelen zum Trotz lässt
sich, solange Menschen fehlbar sind, niemals ganz ausschließen, dass
ein ungelöster Gefahrenrest bestehen bleibt!
[* Illustrationsbelege
bieten sich in reicher Zahl dar. Stellvertretend für viele möge in beliebiger
Auslese eine Reihe von klingenden Namen stehen: Midland Bank
(1990), Orange County (1994), Barings (Frühjahr 1995),
Daiwa Bank (Herbst 1995), Kidder Peabody, Long-Term
Capital Management (1998), Sumitomo (90er Jahre). Mit
Allfirst (2002), China Aviation Oil (2004), Amaranth
(2006), WestLB (2007), Société Générale (2008). So setzt
sich die Aufzählung von Finanzhäusern, die durch die folgenschweren
Bedrängnisse, in die sie geraten sind, eine nicht eben beneidenswerte
Berühmtheit erlangt haben, auch in diesem Jahrtausend fort. Es wäre
ein Leichtes, die Zeugnisse der Bankzusammenbrüche noch um einiges zu
vermehren. Doch mögen diese Proben genügen.]
[** Einige Anmerkungen
mögen in dieser Note ihre Stelle finden: Finanzderivate stellen an sich
nichts Neues dar insofern, als sie sich, wie man längst weiß, nach der
Grundregel des Bausteineffekts in ihre altgewohnten Bestandteile zerlegen,
wieder neu mischen und duplizieren lassen ("financial engineering").
Auch wenn für das Laienauge prima vista nicht erkennbar, so verkörpern
sie damit in ihrem Kern doch grundsätzlich die gleichen Grundlinien
und die damit möglich werdenden Strategien mit Inbegriff all ihrer Gefahrenquellen,
die seit lange bereits von den eingebürgerten Finanzanlagen her bekannt
sind, aus deren Einzelteilen sie ja aufgebaut und von denen sie ihren
Wert in letzter Hand ableiten. Nichtsdestoweniger packt einen die Verwunderung,
greifen doch in neuerer Zeit, in Deutschland zumal, ein gutes Dutzend
Finanzmarktunternehmungen im engen Bunde mit der werbenden Wirtschaftspresse
derartige in ihrer äußerlichen Schlussform umgestaltete Erzeugnisse
begierig auf, um sie angesichts der davon ausgehenden Gewinnlockungen
dem privaten Geldanleger geradezu reißerisch als verheißungsvolle "Neuerung"
mundgerecht und griffig zu machen. Auch wird nicht versäumt, ihnen durch
einen Wust von "wohllautenden" und werbekräftigen Klingklangnamen, als
da sind: Discount-Zertifikate, Bonus-Zertifikate, Index-/Tracker-Zertifikate,
Express-Zertifikate, Sprint-Zertifikate, Basket-Zertifikate, Garantie-Zertifikat,
Airbag Zertifikate, Knock-out-Zertifikate usw. usw., einen höheren Glanz
zu verleihen. Gelegentlich werden sie sogar unter Täuschung über den
üblichen Wortsinn der
Derivate angepriesen,
indem dieser Name schlechtweg für
Zertifikate u.dgl.
allein in Anspruch genommen wird, ohne auch nur mit einem Sterbenswörtlein
der Gegenwart bedeutsamerer, durchsichtigerer wie auch altüberlieferter
Derivate zu gedenken – sie wird rundweg totgeschwiegen! Das Herausputzen
solcherart künstlicher Finanzinstrumente ist insofern tief zu beklagen,
als manch weniger kundige Besitzer eines leidlichen Kapitales, eine
überlandesübliche Verzinsung aufsuchend, vielleicht dadurch ermuntert
allzu leicht der Verlockung erliegt, sein sauer erspartes Geld in für
ihn kaum durchsichtigen Anlagevehikeln hineinzustecken, anstatt es einstweilen
werbend in Termingeld,
mündelsicheren Staatsanleihen, zu Zeiten entwertender Zinsmarktraten
auch in Indexfonds oder einen
ETF-Sparplan
usw. unterzubringen. Doch die Vorkommnisse der jüngsten Finanz- und
Wirtschaftskrisen haben den Argwohn gegen Zertifikate rege gemacht.
Zweifellos haben die dahinterstehenden Zielsetzungen und Bestrebungen,
die vor einer Weile noch inmitten der Modeströmung lagen, einen so herben
Dämpfer bekommen, dass selbst die treusten Zertifikat-Anhänger stutzig
geworden sind und das Vertrauen in ihren Reihen schwankend geworden
ist. Bis zum Zusammenbruch der Investmentbank (Spekulationsbank)
Lehman Brothers Inc. unter dem 15. September 2008 schien es jedenfalls
so, als sei der fortschreitend steigenden Zahl der kunstmäßig zusammengeflochtenen
(strukturierten) Produkte keine Schranke gezogen.
Trotz alledem scheinen
Zertifikate selbst nach heutigen Verhältnissen noch weit oben auf der
Beliebtheitsskala so mancher Privatanleger zu stehen. Ihre Zahl ist
Legion. Allein der deutsche Markt für Zertifikate umspannt gegenwärtig
eine riesenhaft angewachsene Produktzahl – einschließlich einer Unzahl
abgewandelter Hebelprodukte und sonstiger Mischgebilde – nach ungefährer
Schätzung von über 1,65 Mio. Erzeugnisarten, davon 500000
Anlagezertifikate und mehr als 1,15 Millionen Hebelprodukte, die zusammen
ein Marktvolumen von insgesamt rund 80 Milliarden Euro auf sich vereinen
(Stand: Dezember 2022, Quelle:
DDV). Ob sie damit ihre höchste Blüte endgültig erlebt haben oder
ob der Markt für Zertifikate eine abermalige Belebung erfährt und uns
auf einer nächsten Stufe der Entwicklung wohl gar mit noch kunstreicheren
Aufmachungen abgewandelter derivater Erzeugnisse beglückt, wird der
weitere Fortgang lehren. Die Emissionshäuser haben freilich allen Anreiz,
diesen üppig blühenden Markt mit der Schaffung immer neuer Papiere,
die der gegenwärtigen Zeitrichtung augenscheinlich zugeneigt sind, unter
allen Umständen weiter auszudehnen. – Im Hinblick auf die marktgerechte
Ausgestaltung eines wohl durchdachten Anlageplanes sei nicht verfehlt
noch zu bemerken, dass diejenigen, die am Finanzmarkt einen aus herkömmlichen
Instrumenten (Aktien, Anleihen, Futures und Optionen) gegebenen Einkommensstrom
unter Ersparung von Gebühren in einen anders gearteten, dazu äquivalenten
umzuformen wissen, Zertifikaten mit ziemlicher Gleichmütigkeit begegnen
werden.]
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Beweggründe für die
Verwendung von Finanzderivaten
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Derivativer Finanzmarktinstrumente gibt
es viele und vielgestaltige. Sie alle sind ohne Ausnahme die Frucht
der freien Wahl der Vertragsgestaltung. Allein die gegenwärtig auf dem
Finanzmarkt zur Auswahl stehende Produktvielfalt an vorgefertigten derivativen
Finanzinstrumenten ist dank ihrer mehrfachen Brauchbarkeit (Versatilität)
breit genug angelegt, das Entscheidungsfeld der Reflektanten um einen
ganzen Schwung an bedarfsgerechten Handlungsalternativen gehörig zu
erweitern und zu ergänzen (Komplettierung und Vervollkommnung des Finanzmarktes).
Ohne das Dasein der Zukunftsmärkte, auf denen Derivate erstehen und
umgesetzt werden, wären diese kaum je oder gar nicht zu bewerkstelligen.
Der besondere einzelwirtschaftliche Vorteil von Finanzderivaten liegt
nun ganz entschieden darin, dass die Nutzleistungen, die sie jedem mit
dem Stoff Vertrauten zu stiften vermögen, sich durch bedarfsgerechte
Kontraktausformung haarklein ausrichten lassen auf die gerade vorherrschende
Markterwartung ebenso als auf die ureigensten Befindlichkeiten, insbesondere
auf die persönliche Einstellung gegenüber wirtschaftlichen Unsicherheiten,
d.i. die Risikoempfindung des
Entscheidungsträgers.
Derivative Finanzinstrumente öffnen den
Zugang zu einer Fülle verschiedenartiger, sonst nur umständlich zu erreichende
oder vielleicht sonst unzugängliche wirtschaftliche Nutzverwendungen.
Vorbedingung hierfür ist ein umfassendes, tiefgreifendes Verständnis
ihrer Wirkungsweise. Durch ihre gekonnte Handhabung erschließt sich
den sachkundigen Marktteilnehmern eine ihren persönlichen Markteinschätzungen
wie Risikoneigungen gleichgerichtete Positionierung in und zwischen
den Güter- und Finanzmärkten, die ohne das Dasein derartiger Instrumente
entweder gar nicht denkbar oder doch nur unvollkommen zu verwirklichen
wären ("risk/return management"). So lässt sich durch den sachgerechten
Gebrauch von Finanzderivaten häufig und gern ein gewünschtes Risiko-/Ertragsprofil
wohlgefällig verwirklichen, ohne dabei dem Erfordernis unterworfen zu
sein, die sofort fälligen und meist nicht unerheblichen Summen zu finanzieren,
die auf einen tatsächlichen Erwerb der unterliegenden Vermögenswerte
("underlying") und erforderlichenfalls deren physischen Bestandhaltung
sonst auszulegen wären ("cost management").* Gleichzeitig
lassen sich Risiken und Liquidität durch Einsetzung von Derivaten auf
einfache Weise separieren. Planvoll angewendet, lässt sich etwa mit
Hilfe von Futures und Optionen im Zusammenspiel mit anderen Formen der
Geldanlage (d.h. im Rahmen
der Ausrichtung des Gesamtportefeuilles und vor dem Hintergrund eines
gegebenen wirtschaftlichen, steuerlichen und persönlichen Entscheidungsumfeldes)
bei vergleichsweise geringem Mitteleinsatz unter Einsparung von
Transaktionskosten
nach freiem Belieben fast jede den Marktverhältnissen gerecht werdende
Risiko-Rendite-Kombination mit leichter Mühe verwirklichen (vollständige
Märkte, "complete markets").
[* Finanzderivate,
wie Futures, Optionen, Swaps usw., erhalten hierdurch zum Mindesten
den Zuschnitt einer eigenständigen Klasse an Vermögenswerten ("Asset-Klasse").]
Die nachfolgende summarische Aufzählung
bezeichnender Anwendungsfälle von Finanzderivaten möge die Weitflächigkeit
ihrer Einsatzmöglichkeiten unter Beweis stellen: So lassen sich etwa
durch einen planvoll abgestimmten Einsatz von Derivaten Index-Terminkontrakte
einem bewirtschafteten Aktienportfolio beisteuern in der Absicht, an
den Aktienmärkten unter Ersparung von Kosten an bald zu erwartenden
Kurssteigerungen überverhältnismäßig teilzuhaben (Ertragsoptimierung,
Investing), ohne zu diesem Zweck die sonst notwendigen Umschichtungen
im Depot vornehmen zu müssen. Darüber
hinaus vervollständigen Futures, Optionen und andere Derivate die bestehenden
Finanzmärkte auch mit Rücksicht auf die Versicherbarkeit gegen Verlustgefahren:
Durch ausgewählte – und durch die wissenschaftliche Finanzierungsforschung
der Neuzeit noch stetig verfeinerte – Verfahrensweisen der Risikosteuerung
lassen sich mit diesen Instrumenten beispielshalber besonders erwünschte
Versicherungen in ihrer Zahlungsstruktur getreulich nachbilden, Kreditrisiken
übertragen, leistungswirtschaftliche Gefahrenquellen von finanzwirtschaftlichen
Risiken trennen oder systematische Risiken* aus
Wertpapierportfolios, welche
mit herkömmlichen Anlageinstrumenten allein nicht weiter diversifizierbar
sind, taktisch mithilfe von Futures weiter herabmindern, äußerstenfalls
sogar gänzlich fernhalten (Wertsicherungsmotiv, Hedging; "risk
management"). Der Weiteren werden Derivate namentlich von institutionellen
Investoren (s.o.) häufig und
gern eingesetzt zum Zwecke einer
Index-Arbitrage,
zur Schmälerung von Transaktionskosten und Verringerung der Steuerlast
sowie aus bilanziellen Gründen ("regulatory arbitrage"), unlängst
aber auch zur Schaffung neuartiger (sog. strukturierter) Produkte ("synthetic
securities"; Innovationsfunktion) als endlich zu einer Kosten sparenden
Duplizierung bereits vorzufindender Kapitalanlageformen. Doch nicht
minder hat sich der gekonnte Einsatz von derivaten Instrumenten bewährt,
insofern es um die Verstetigung von Renditen
geht, und das weitgehend unbeeinflusst von der allgemeinen Marktentwicklung.
Kurzum: Kraft ihrer breit gefächerten Nutzungsmöglichkeiten zählen Finanzderivate,
wie Futures, Optionen und Swaps usw., in der modernen Handelswelt unserer
Zeit unstreitig zu den unabdingbaren Bestandteilen eines gediegenen
Portfolio- und Risikomanagements.
[* Das Systematische
Risiko, auch Marktrisiko
genannt, umschreibt die Wertgefahr, die vornehmlich von allgemeinen
makroökonomischen Einflussgrößen ausgeht, also insbesondere Wechselkurs-
und Zinsänderungsrisiken, Unsicherheiten bei Wachstumsraten und Wirtschaftszyklen
usw. Aber auch Wirtschaftspolitik und Steuergesetzgebung, Kriegsgefahren
oder verheerende Naturereignisse treten als Risikofaktoren dazu. Kennzeichnend
für systematische Risiken ist also, dass sie stets von einer Wirtschaftsgemeinschaft
als Ganzes getragen werden müssen.]
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Über die Bedeutung
und die besondere Funktion von Futures im Einzelnen
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