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Das Margin-System und "maintenance margin"
Margining
bezeichnet den Inbegriff eines geordneten Systems der zweckerfüllenden
Bestimmung, Bemessung, Abwicklung und Überwachung von Sicherheitsleistungen
für die aus der Begründung von Terminpositionen sich entfaltenden materiellen
Risiken. Erste Zielsetzung dieses Verfahrens ist es, Erfüllungsrisiken
von Termingeschäften auszuschalten,
Transaktionskosten
zu mindern und hierdurch letzten Endes die Durchschlagskraft, Nachhaltigkeit
und Erfolgsaussichten (Effizienz) im Handel mit derivaten Instrumenten
im Ganzen zu steigern.
Wenngleich die institutionellen Merkmale
einzelner Clearing- und Settlement-Verfahren* untereinander sich
in ihrer tatsächlichen Ausgestaltung von Terminbörse zu Terminbörse
in mancherlei Hinsicht unterscheiden mögen – man stelle sich nur die
Vielzahl der rechts- und organisationstechnischen Rahmenrichtlinien
vor Augen, zumal in Ansehung der verschiedenen Abrechnungsmodalitäten
oder auch der hierauf bezüglichen Vorschriften zur physischen
Lieferung von Waren bei der
Erfüllung von Futures in natura –, so stehen diesen Abweichungen
unter den in der Terminmarktpraxis anzutreffenden besonderen Margensystemen
auffallend viele strukturelle Gemeinsamkeiten gegenüber: Danach sind
Futures-Geschäfte allesamt der Geldrechnung unterworfen, offen gehaltene
Posten sind dauernd mit Margin zu unterlegen, das sofort eingangs erhoben
wird (vgl. "initial margin"), Gewinne
und Verluste werden börsentäglich ermittelt und laufend verrechnet ("marking
to market"), Wertminderungen werden dem Konto zur Last geschrieben,
widrigenfalls entsprechende Summen eingefordert; weist dagegen ein Margin-Konto
im Verlaufe eines Geschäftsgangs an den Börsenterminmärkten einen Überschuss
auf, der über die allgemein erforderliche Sicherheitsleistung hinausreicht,
so kann der Kontoinhaber über diesen Betrag frei und ungehindert verfügen.
Er kann also unter allen gängigen Abrechnungsverfahren übereinstimmend,
sofern erwünscht, einen vorliegenden Überschussbetrag jederzeit etwa
dazu nutzen, neue Posten auf- bzw. vorhandene in die Höhe zu bringen
oder sich einen solchen Betrag ebenso gut bar auszahlen lassen.**
[* Clearing
bezeichnet das geordnete Verfahren der finanziellen kompensatorischen
Aufrechnung, Settlement jenes der Abwicklung von bereits abgeschlossenen
Terminkontraktgeschäften.]
[** Die Auszahlung
einer darüber hinausgehenden Summe Geldes ist dahingegen unstatthaft,
solange eine ihr gegenüberstehende Position in Terminkontrakten (bzw.
in Short-Optionen) noch nicht durch ein
kompensierendes
Geschäft aufgehoben oder erfüllt worden ist (Auszahlungssperrvorschrift).]
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Bedeutung des Maintenance
margin
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Das Sicherungsinstrument "initial margin"
findet seine praktische Ergänzung in einem zweiten zentralen börsenseitigen
Regelsystem. Dieses stützt sich auf das Sicherungsverfahren des "maintenance
margin", von dem fast alle namhaften Derivatebörsen denn auch
auf breiter Linie Gebrauch machen. Das erste Amt der Sicherheitsmaßnahme
eines "maintenance margin" ist die Herabminderung von Ausfallrisiken
("default risk") im laufenden Börsenterminhandel durch sofortige
Wiederherstellung des status quo ante auf dem Margenkonto, falls
die für eine gegenüberstehende Futures-Position eingelegte Summe Geldes
durch eine Marktwertminderung so weit aufgezehrt wird, dass sie die
Grenzmarke des dafür in Anschlag gebrachten "maintenance margin"-Satzes,
der eine sofortige Nachschussforderung auslöst, unterschreitet. Nach
den Statuten und einschlägigen Regelwerken, die sich eben jenem "maintenance
margin" widmen, hat jeder Futures-Händler grundsätzlich selbst Bedacht
darauf zu nehmen, dass sein Margenkonto zu keiner Zeit überspannt wird.
Jedes der im Terminhandel eingespannten Margenkonten muss während der
gesamten Haltedauer der auf einem solchen geführten Terminkontrakte
ein Guthabensaldo ("equity"; "credit balance") bereithalten,
der in seiner Summe eine von der Terminbörse vorher ausgezeichnete,
eindeutig bezifferte Mindesthöhe (minimale Margendeckung) nicht unterbietet.
Andernfalls läuft der Händler und Inhaber des Kontos Gefahr, unfreiwillig
aus dem Geschäft geworfen zu werden, sollte er nicht rechtzeitig genügend
viel an Barmitteln nachschießen. Denn die Institute sind in diesem Belang
vorbehaltlos befugt, unterbedeckte Positionen ohne Sang und Klang selbsttätig
zu schließen.
Die Terminbörsen bringen
für jeden einzelnen ihrer Futures-Artikel einen ganz bestimmten, fertig
gegebenen Geldbetrag öffentlich in Ansatz, der je Einheit einer offenen
Position im fraglichen Produkt auf den davon berührten Positionskonten
("trading account") in jedem Augenblick ihres Fortbestandes mindestens
vorhanden sein muss. Ein solches fest umrissene, gesondert für diesen
Zweck verlangte Minimalguthaben auf dem Margenverrechnungskonto selbst
heißt "maintenance margin"
("maintenance performance bond", "Erhaltungsmarge"). Ein "maintenance
margin" auf einem Verrechnungskonto kann dem Grundsatz nach gleichsam
als unterer Verlustpuffer für alle Eventualitäten aus dem betreffenden
noch ausstehenden (offenen) Terminkontraktgeschäft aufgefasst werden.
Die Börsen schlagen den für das "maintenance margin" erforderten Satz
je nach Einschätzung der Wertgefahr in den verschiedenen Kontrakt-Märkten
unterschiedlich hoch an. Wenngleich selten, kann eine Erhaltungsmarge
nötigenfalls sich zusätzlich noch in ihrem Betrag untergliedern nach
den einzelnen Terminen innerhalb
des bezüglichen Marktes. Eine Zusammenstellung aller für die einzelnen
Produktreihen derzeit in Geltung stehender Sätze eines "maintenance
margin" werden von den betreffenden Derivatebörsen selbst als auch vonseiten
der Handelshäuser sowie endlich auch auf den landläufigen Finanzseiten
des Internet beizeiten für die Allgemeinheit zugänglich gemacht.
Die Größenordnung einer
"maintenance margin"-Schwelle liegt stets unterhalb, i.d.R.
nämlich bei rund 65 bis 80 Prozent des für ein "initial margin" festgesetzten
Betrages, je nach Terminbörse, dem vorkommenden Handelszweck und dem
zu erwartenden Preisrisiko im fraglichen Futures-Markt. Beläuft ein
"initial margin" sich etwa auf 3000US$
für den Kontrakt, so liegt das korrespondierende "maintenance margin"
bei einem vorgeschriebenen Satz von, sagen wir, 80%,
entsprechend bei 2400US$.
Deshalb und insoweit kann eine offene Terminposition in einem durch
die vorliegende Spanne zwischen "initial margin" und "maintanance margin"
begrenzten Umfang sich in der der Gewinnerwartung gegenläufigen Richtungen
bewegen, ohne dass diese dadurch ihre erforderte Deckung verliert und
hierdurch ein Nachschießen von Barmitteln augenblicklich notwendig macht.
Eine übersichtliche, nach verschiedenen Märkten gestaffelte Zusammenstellung
allgemein gängiger Margin-Beträge ("initial margin" und "maintenance
margin") für Futuresgeschäfte findet der Leser auf
folgender Seite.
Stellen sich
nun infolge ungünstiger Kursentwicklungen an den Futures-Märkten Buchverluste
in einem Ausmaß ein ("draw down"), welches die Eigenkapitalunterlegung
("margin equity") auf dem Margenkonto unter den durch den Belauf
des "maintenance margin"* festgelegten Mindestbetrag an Eigenkapital
drückt (Unterdeckung; "undermargined"), so ist der Kontobesitzer
aufgefordert,– unbeschadet der bereits eingebrachten Barbeträge für
das "initial margin" oder für ein schon vorgängiges "maintenance margin"
– sein jetzt der Deckung beraubtes Konto in kürzest bemessener Baranschaffungsfrist
bis zur vollen Höhe des ursprünglichen "initial margin"-Satzes
aufzustocken (Geld "nachzuschießen", Nachzahlungsforderung) und es dadurch
wieder auszugleichen, soll die dahinterstehende Position unverrückt
beibehalten werden.** Entgegengesetztenfalls steht es dem hiervon
Betroffenen allemal frei, seine notleidende Position ganz oder teilweise
zu egalisieren und damit den an ihr hängenden Verlust abschließend hinzunehmen.
Demzufolge kennzeichnet der Satz für das "maintenance margin" die unbedingte
Mindesthöhe an Deckungsmitteln auf einem Verrechnungskonto, nach deren
Erschöpfung ihm gegenüberstehende offene Posten zwangsläufig durch ein
Gegengeschäft geschlossen und abgerechnet werden, wofern nicht umgehend
die zum Fortbestand nötigen Geldmittel noch zusätzlich eingehen.
[* Hinweis:
An der europäischen Terminbörse
Eurex findet
ein "maintenance margin" in der altüblichen Form keine Stätte, da hier
alle anfallenden Gewinne und Verluste börsentäglich vollständig gegen
bar auszugleichen sind. Unter ungünstigen Marktzuständen kann hieraus
ein beträchtlicher laufender Liquiditätsbedarf erwachsen.]
[** Einige
Brokerfirmen hinwieder setzen
im Kundengeschäft, und zwar insbesondere im Online-Brokerage mit Futures,
sog. programmierte "Margin-Monitoring"-Systeme ein, also computergesteuerte
Überwachungssysteme, die bei Unterschreiten einer bestimmten Mindestdeckung
auf dem Brokerage-Konto alle hiervon betroffenen, nunmehr unbesicherten
Positionen ohne Rückfrage selbständig liquidieren. Weitere Einzelheiten
hierzu erfährt der geneigte Terminhändler nötigenfalls von seinem Handelshaus.]
Solche vom Broker (FCM) oder vom Clearinghaus
ausgehende Einforderungen von Nachschüssen für unrealisierte Verluste*
werden in der Börsensprache als "maintenance margin call"
oder auch als "variation margin call" (bzw. "performance
bond call") bezeichnet und sind nach Fälligwerden stets ohne allen
Aufschub binnen kürzester Zeit auf das Verrechnungskonto einzuzahlen.
Laut Geschäftsbedingungen der Institute ist ein Nachschuss im Regelfall
binnen wenigen Stunden, zum Teil immerhin spätestens bis zu Beginn des
nächsten Handelsabschnitts, in baren
Geldmitteln ("by ready money") einzubringen. Kommt der
Positionsinhaber einer Aufforderung zum "variation margin call" nicht
fristgerecht nach, so ist das Clearing- bzw. Brokerhaus ermächtigt,
ohne jede Verzögerung dieses und andere auf dem angehenden Positionskonto
geführte Terminkontraktgeschäft des Säumigen in einem solchen Umfange
zu liquidieren, der eine ausreichende Deckung der gegebenenfalls hiernach
noch verbleibenden Nettoposition auf dem betreffenden Konto zu gewährleisten
verspricht (forciertes Gegengeschäft, Selbsthilfekauf/-verkauf).
Welche von mehreren möglichen Positionen dies betrifft, wird fallweise
nach Rücksprache mit dem Kunden gewissenhaft festgelegt. Einzelne Positionen,
die sich wegen eines herrschenden "lock-limit"
börsentechnisch im ersten Anlauf nicht schließen lassen, gehen solange
dies nicht möglich ist in das Eigentum des Brokerhauses über. Verbleibt
trotz allem auf einem Kundenkonto ein Fehlbetrag, so können die noch
rückständigen Summen letzten Endes mit allen rechtlich zu Gebote stehenden
Mitteln auf dem Klagewege beigetrieben werden. Wer sich in den Handel
um Futures einlässt, hat also strenge dafür Sorge zu tragen, dass hinter
einem bereits eingebrachten Margin eine Rücklagekasse von ausreichendem
Umfang zur Verfügung überwiesen steht, aus der, wann immer nötig, zur
Aufstockung der Margendeckung unverzüglich herausgezahlt werden kann.
[* Nachschüsse
können überdies freilich auch bei einer Erhöhung der Marginsätze durch
die Börse jederzeit fällig werden.]
|
Beispiel:
Tägliche Wertebewegungen innerhalb eines Margin-Kontos bei spekulativen
Positionen im Zusammenhang mit "maintenance margin call" und "marking
to market"
|
Nehmen wir an, das
"initial margin" für einen
Kaffee-Futures am
NYBOT
der
ICE
(ICE Futures U.S.) sei auf
2000US-$
festgesetzt, das "maintenance margin" betrage
1500US-$.
Fällt nun der Kurs des Kaffee-Futures von seinem Ausgangsstand um mehr
als 1,3 US-Cent, beispielshalber um 1,35US-Cent
oder entsprechend um 506,25 US-$, so geht dem Inhaber einer Long-Position
in diesem Markt durch seinen Broker unverzüglich ein "variation margin
call" zu. Der Halter der Long-Futuresposition wird durch ein solches
von seinem Broker aufgefordert, sein Margin-Konto mit einer Geldsumme
so reichhaltig aufzustocken, dass dieses dann erneut ein Guthaben in
Höhe eines "inital margin", also hier von
2000US-$,
ausweist. Falls dies nicht geschieht, muss der Kunde und Halter der
Position wohl oder übel mit einer (forcierten) Glattstellung seines
Long-Futureskontrakts durch seinen Broker rechnen.
Die folgende Trading-Tabelle
veranschaulicht eine mögliche Entwicklung des "margin equity" auf einem
Margin-Konto eines
Position-Traders
für einen Kaffee-Futureskontrakt über einen Zeitraum von 14 Handelstagen.
Das "initial margin" sei annahmegemäß
mit 2000 US-$ und das "maintenance
margin" wiederum mit 1500 US-$
angesetzt. Der Kauf des Kaffee-Futures ("long") erfolgt mit Handelsbeginn
des 1. Tages zu einem
Futureskurs von
genau 60 (US-Cent je
lb).
Kurse und Kontostände, wie sie durch folgende
Aufstellung gegeben sind, seien stets auf den Schluss des jeweiligen
Handelstages bezogen.
TAG |
FUTURESKURS
("Settlement",
in US-Cent) |
TAGESGEWINN/
TAGESVERLUST
(in US-$) |
KUMULIERTER
GEWINN/VERLUST
(in US-$) |
"EQUITY" in
MARGIN-KONTO
(in US-$) |
"MARGIN CALL"
(in US-$) |
1 |
61,00 |
375 |
375 |
2375 |
– |
2 |
60,20 |
300 |
75 |
2075 |
– |
3 |
59,60 |
225 |
150 |
1850 |
– |
4 |
59,90 |
112,50 |
37,50 |
1962,50 |
– |
5 |
59,00 |
337,50 |
375 |
1625 |
– |
6 |
58,20 |
300 |
675 |
1325 |
675 |
7 |
58,65 |
168,75 |
506,25 |
2168,75 |
– |
8 |
57,85 |
300 |
806,25 |
1868,75 |
– |
9 |
58,00 |
56,25 |
750 |
1925 |
– |
10 |
56,80 |
450 |
1200 |
1475 |
525 |
11 |
56,80 |
0 |
1200 |
2000 |
– |
12 |
57,60 |
300 |
900 |
2300 |
– |
13 |
57,80 |
75 |
825 |
2375 |
– |
14 |
59,40 |
600 |
225 |
2975 |
– |
Tabelle:
Wertfortschreibung auf einem spekulativen Margin-Konto
Wie aus vorstehender Tabelle zu ersehen,
ist der Habensaldo des Margin-Kontos am Schluss des 6. Tages um 175
US-$ unter den durch das "maintenance margin" vorgegebenen Mindestbetrag
von 1500US-$
gefallen ("margin deficiency"). Das Guthaben ist sonach unzureichend
geworden, was zur leidigen Folge hat, dass das Brokerhaus unverzüglich
ein "maintenance margin call" über einen Betrag von 675US-$
an die Adresse des Positionsinhabers herausschicken wird ("undermargined
amount"). Es sei hier beispielhaft unterstellt, dass der Halter
der Long-Position der an ihn gerichteten Nachbesicherungsaufforderung
fristgerecht bis zur Eröffnung des nächsten Handelstages nachkommt und
sein Margin-Konto damit wieder mit dem vollen Satz zum Ausgleich bringt.
Gleiches mag am 10. Handelstag stattfinden ("futures-type settlement").
Nun sei weiter angenommen, der Eigner
des Long-Kaffee-Terminkontrakts entschließe sich dazu, seine Position
zu Handelsschluss des 14. Börsentages glattzustellen. Hiernach hätte
er im Ergebnis einen Nettovermögensverlust (vor Spesen) aus seinem Börsengeschäft
im Kaffee-Terminmarkt von insgesamt 225US-$
zu verzeichnen. Verfolgt man den Handelsablauf nochmals bei genauem
Zusehen, so wird man leicht feststellen, dass das Margin-Konto zum Ende
des 1., 2., 7., 12., 13. und 14. Tages einen Überschuss ausweist, welcher
selbstverständlich hätte auch sofort abgehoben oder anderweitig verwendet
werden können. Dies ist jedoch in unserem Illustrationsbeispiel unterblieben.
Am Ende soll nicht unerwähnt bleiben,
dass das dringliche Erfordernis der Erbringung eines "maintenance margin"
für geschulte und geübte Trader von Fach alles eher als eine alltägliche
Erscheinung darstellt. Geschäftsgewohnte wie geschäftsgewandte Händler,
die mit den Futuresmärkten aus der Nähe vertraut sind und sie zu handhaben
verstehen, werden mit peinlicher Genauigkeit auf die auf ihren Trading-Konten
geführten offenen Posten fortwährend achthaben (gemäß ihren Geldplänen,
dem Risikomanagement, dem "money management" usw.), so dass böse
Überraschungen infolge des Aufkommens erhöhter
Volatilitäten oder gar eine
Zermürbung durch zusehends kärglicher werdende Deckungsmittel auf ihren
Margin-Konten, beiderseits mit der ungewollten Folge eines "maintenance
margin call", nach Möglichkeit gänzlich ausbleiben. Ein im Schleppgang
abbröckelndes "equity" dürfte ihnen sonach höchstens einmal in einem
gut begründeten Ausnahmefall widerfahren. Ein halsstarriges Festhalten
an ihren Posten gegen die Entwicklungsrichtung des Marktes ist ihnen
jedenfalls fremd.
Alles das steht anders beim folgenden
Fall. Wie aus dem Nichts auf einem Markt auftauchende Neuigkeiten über
Zeitereignisse, denen eine außerordentliche Bedeutung für den Gang der
künftigen Kurse zukommt, sind verschiedentlich imstande, Ursache und
Anstoß für ein "maintenance margin call" zu geben. Das Hinaussenden
von Nachrichten mit Inhalt von entsprechendem Gewicht in die Welt ist
im Einklang mit den einschlägigen Erfahrungstatbeständen der Händlerschaft
und der darauf gründenden Börsenmeinung – und im weiteren Zusammenspiel
nicht zuletzt auch mit dem auf Mustern dieserart fußenden automatisierten
Computerhandel ("program trading") – befähigt, einen Markt kräftig
durchzuschütteln, so kraftvoll, dass selbst gescheit angesetzte Werte
für Stopps um ihre beabsichtigte
Wirkung gebracht werden können. Und so kann es sich ereignen, dass trotz
manch ausgefeilter Sicherungsvorkehrungen im Gefolge unvermittelter
und besonders wilder Kurssprünge Nachschüsse auch in größeren Summen
nunmehr unumgänglich fällig werden. Doch soll es damit längst nicht
sein Bewenden haben. In denjenigen Futuresmärkten, die gemäß den Satzungen
einem administrierten "daily price
limit" unterliegen, können Begebenheiten von der eben geschilderten
Sorte ferner bewirken, dass der Börsenterminkurs mit einem Ruck schnurstracks
an sein Limit rückt ("limit move"), was den Marktverkehr erst
einmal auf ungewisse Dauer hemmt. Ein nach Eintritt einer Markt-Limitbewegung
einstweilen zum Erliegen kommender Handelsverkehr lässt für alle diejenigen,
die davon aus welchen Gründen immer auf dem falschen Fuß erwischt worden
sind, als unerquickliche Nebenerscheinung Nachschüsse für die auf ihren
Konten angehäuften und in einer solchen Sachlage kaum mehr zu verwirklichenden
Buchverluste alsdann zwingend fällig werden.
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Wert- und Renditeberechnungen
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Die obige Zahlentafel ließe sich leicht
um die Größe der täglichen
Margin-Rendite ("return
on margin" ROM) erweitern. Die Margin-Rendite ist ein ebenso gern
wie häufig verwendeter Maßstab, an dem sich die
Performance – der Zusammenhalt
von Einsatz und Erfolg – singulärer Futures-Positionen bemessen lässt.
Die Margin-Rendite eines untersuchten
Futures sei förmlich umschrieben als:
Kursdifferenz zwischen dem gegenwärtigen
bzw. dem am Ende verwirklichten Futureskurs und dem anfänglichen Kauf-
bzw. Verkaufskurs ("Einstandskurs") mal Kontraktumfang geteilt durch
das "initial margin",
kurz: Gewinn geteilt durch Einschuss.
Doch statt lauter beschreibender Worte
sei obige Begriffsfeststellung der Margin-Rendite näher erläutert anhand
eines auf vorstehendes Verrechnungskonto gewendeten numerischen Beispiels:
Nach Vollendung des ersten Handelstages beläuft sich den Ziffern der
Tabelle gemäß die Margin-Rendite auf:
(0,61 – 0,60) x 37500
: 2000 = 0,1875,
oder 18,75
% .
In vergleichender Gegenüberstellung mit
einer Direktanlage in ihrem Basisgegenstand ("underlying asset")
gelten Geschäfte mit Futures der ihnen eigenen Hebelung ("leverage")
wegen als die mit der ungleich größeren Verlustgefahr behaftete Wahlentscheidung.
Durch die Futures mitgegebene Hebelwirkung vervielfältiget sich die
Gewinnspanne geradeso wie das Verlustrisiko sich vervielfältigt. So
auch in unserem Beispielsfall. Im Vergleich mit der in Prozenten berechneten
Wertänderung im Futureskurs um 1,666...% selbst schlägt die Margin-Rendite
hiergegen verhältnismäßig hoch an. Zugleich tritt an dem Verhältnis
der Werte von Margin-Rendite zur prozentischen Veränderung des Börsenterminkurses
der an Geschäften in Futures hängende, oft angeführte Hebeleffekt deutlich
vor Augen. Die Margin-Rendite übertrifft die relative Änderung im Futureskurs
jeweils um ein bestimmtes festes Vielfaches. Im obenstehenden Beispiel
beträgt das Verhältnis 11,25:1.
Stellen wir dazu noch die Probe auf: Zur Einleitung der in Rede stehenden
Position in Kaffee-Futures war ein "initial margin" von
2000 US-$ erforderlich. Setzt
man nun den gesamten zum Zeitpunkt des Positionsaufbaus vorliegenden
Kontraktgegenwert von 37500x0,6US-$
= 22500US-$
ins Größenverhältnis zum oben bezifferten Ersteinschuss, so erhalten
wir abermals ein Verhältnis von: 22500:2000
= 11,25:1.* Der
Kontraktwert des Futures ist bei Eingehung der Position also gleich
dem 11,25fachen seines erforderten "inital margin".
[* Unter dem Blickwinkel
einer dynamischen Betrachtungsweise schwächen daher allfällige Nachschüsse
("maintenance margin call") den Hebeleffekt einer Futures-Position.
Dies gilt gleichermaßen von Surplus-Einschüssen, die aus freien Stücken
eingebracht werden.]
Die Margin-Rendite lässt sich weiterhin
unterscheiden in Brutto- und Netto-Margin-Rendite. Letztere
erhält man in der vorhin geschilderten Weise mit Verwirklichung des
Ergebnisses eines Futures-Geschäftes (Trade) als den verbleibenden Rest
nach Abrechnung von Börsenhandelsspesen ("commissions").
Die
Wertänderung eines Futures*
in Geld errechnet sich allgemein nach folgender Musterformel:
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Wertänderung = Kursdifferenz
in "ticks"
x
"tick"-Wert.
|
Im obigen Beispiel ist der Kurs des Kaffee-Futures
von Tag 1 auf Tag 2 zum "settlement" von 61 US-¢ auf 60,2 US-¢, also
um 0,8 US-¢ gefallen. Da bei einer normierten "tick"-Größe von 0,05
US-¢ (= 0,0005 US-$) ein Unterschied im Börsenpreis von 0,8 US-¢ insgesamt
16 "ticks" ausmacht, und der Wert eines "tick" dabei stets genau 18,75
US-$ je Kontrakt entspricht, ergibt sich aus der Veränderung des Börsenkurses
rechnerisch eine Wertänderung des Kaffee-Futureskontrakts von 16x
18,75US-$ = 300 US-$
(d.h. auf unser Beispiel gewendet:
Wertänderung = Verlust für den Inhaber der Long-Position = Gewinn für
den Inhaber der Short-Position).
[* Man beachte,
dass im Zeitpunkt des Abschlusses eines Futuresgeschäfts sich der Geldwert
des Kontraktes selbst sowohl für den Käufer als auch für den Verkäufer
stets und ausnahmslos auf gleich null stellt, also um nichts
größer und um nichts kleiner; denn vorbehaltlich der Transaktionskosten,
die der Händler wohl zu tragen hat, entsteht ihm ja nicht das Mindeste
an "Anschaffungskosten", um an der Terminbörse einen Futures-Kontrakt
einzugehen. Erst im Augenblick der Änderung des Futureskurses erhält
der Kontrakt (positiven oder negativen) Wert.]
Weil gemessen an dem ausmachenden Gegenwert
des einem Futures zugrunde liegenden Marktgegenstandes immer nur ein
geringer Bruchteil an Margin einzuzahlen ist, sind die in Prozenten
ausgedrückten Wertänderungen auf dem Margin-Konto, verglichen mit den
verhältnismäßigen Wertveränderungen im Basiswert selbst, offenbar um
ein Vielfaches größer. Der hierdurch charakterisierte und hervorgerufene
Hebeleffekt ("risk-return-leverage")
verschafft aber nicht nur überverhältnismäßig günstige Gewinnaussichten,
sondern diesem Umstand ist es auch zuzuschreiben, dass Termingeschäfte
in Futures – unsachgemäß angewendet – mit einer ganz erheblichen Wertgefahr
behaftet sind, die der Halter einer gehebelten Position in vollem Ausmaß
zu tragen hat. Diese bürdet der zentralen Gegenpartei, dem dazwischenstehenden
Clearinghaus, zwangsläufig ein Kreditrisiko auf, welches der Deckung
in Form eines Margin bedarf. Das Kreditrisiko macht sich für den Inhaber
von Terminkontrakten letzten Endes darin fühlbar, dass er auch mit seinem
gesamten sonstigen privaten Vermögen für mögliche Verluste aus seinen
offenen Posten einzustehen hat. Durch Kreditfinanzierung ließe sich
der Grad des Hebeleffekts, und damit auch das Verlustrisiko, sogar noch
in einer stärkeren Proportion steigern ("gear up").
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Zusammenfassung und allgemeine Lehre
aus dem Margen-System der Börsen
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Vereinigt man das bisher Gesagte zu einem
Gesamtbild, so ist zu allem Anfang festzuhalten, dass eine Teilnahme
am Terminhandel dem Händler grundsätzlich ein besonders hohes Maß an
Eigenverantwortlichkeit, Risikobereitschaft wie auch Kapitalkraft abverlangt;
denn jeder offene Posten in Futures (ebenso in Short-Optionen) macht
es erforderlich, während der Dauer seiner Aufrechterhaltung im Falle
ungünstiger Marktentwicklungen für die daraus hervorgehenden Auszahlungsüberhänge
mit zusätzlichen Mitteln buchstäblich sofort und in voller Höhe aufzukommen.
Bei alledem ist es keineswegs ausgeschlossen, dass die Summe aller Nachschüsse
("variation margin calls") den eingangs hinterlegten Geldbetrag
("inital margin") im Verlauf eines Geschäftsgangs an den Märkten
um ein Mehrfaches übersteigt. Über Eintritt und Belauf etwaiger Auszahlungsverpflichtungen
besteht angefangen von dem Zeitpunkt der Öffnung einer Position bis
hin zu ihrer Glattstellung Ungewissheit. Daraus erhebt sich offenkundig
ein gewisser Gefahrenpunkt insofern, als der Händler die ihm eigene
Finanzkraft überschätzt, die erforderlichen Ein- und Nachschüsse jederzeit
fristgerecht und in vollem Umfang leisten zu können. Nicht nur die geschäftliche
und wirtschaftliche Stellung, auch der gute Ruf und Leumund ist bei
Unmöglichkeit der Leistung auf der ganzen Linie bedroht. Um im Falle
unverhofft eintreffender, unerwünschter Marktentwicklungen nicht urplötzlich
und unvermerkt in die Zahlungsunfähigkeit zu schlittern, sollte darum
dem Grundsatz nach einer jeden bindenden Verpflichtung an den Zukunftsmärkten
eine finanzielle Vorschaurechnung zur
Liquiditätsvorsorge
vorausgehen. Die Summe an liquiden Mitteln, die der Trader flüssig halten
sollte, um unter gewöhnlichen Verhältnissen seine Geschäfte in geregelter
Weise fortsetzen zu können, richtet sich dabei sowohl nach Art und Umfang
des übernommenen Risikos als auch nach der Häufigkeit, in der derivative
Instrumente zum Einsatz gebracht werden.
Diesem Unsicherheitsfaktor steht jedoch
der Sondervorteil einer erhöhten Erfüllungssicherheit dergestalt gegenüber,
dass kraft transparenter und zeitlich fast durchgehend verfügbarer Märkte
sich einstellende Verluste augenblicklich erkennen und mit den nötigen
Mitteln dann auch unverzüglich ausgleichen lassen. Der Händler erhält
unmittelbar Aufschluss über den Wert seiner gehaltenen Posten in Futures
und Optionen und kann zu jeder Zeit dahin entscheiden, seine bestehenden
Verpflichtungsgeschäfte entweder beizubehalten, sie auszubauen, herabzumindern,
abzusichern oder durch ein Gegengeschäft
etwaige Verluste beizeiten zu begrenzen. Auf diese Weise lässt sich
die höchst gegenwärtige Gefahr eines allmählich im Zeitablauf sich Anhäufens
von Verlusten und für diese später einstehen zu müssen durch eine angemessene
Handlungsweise schon zeitig erkennen und im Keim ersticken.
Sammeln und würdigen wir abschließend
die Ergebnisse unserer bisherigen Betrachtungen: Das Einschuss- und
Margin-System bildet einen unentbehrlichen Bestandteil, gewissermaßen
eine innere Notwendigkeit eines ordentlichen börsengestützten Terminkontrakthandels.
Wie die vorstehende Ausarbeitung über den Untersuchungsgegenstand des
Margining aufzeigt, ist der Handelsverkehr mit Futures und "traded options"
sowohl von aufsichtsrechtlicher als auch von Seite der Banken und Börsen
aufs strengste einzuhaltenden, umfänglichen Vorschriften und Vollzugsregeln
unterworfen, die in allerhand bindenden Börsen-Usancen ihre Ergänzung
finden – was freilich nicht nur vom börsenmäßigen Handel mit Finanzderivaten,
sondern in vielerlei Hinsicht, jedoch in abgeschwächter Form, auch vom
bankenmäßigen Handel in den übrigen (OTC-)Derivaten
gilt. Ihre Rechtfertigung und Begründung findet eine derart strenge
und scharfäugige Verfahrensweise im Handelsverkehr mit Termingeschäften
wie bei deren Abwicklung nicht zum wenigsten in der grundlegenden, weitreichenden
Bedeutung eines funktionstüchtigen und geordneten Sekundärmarktes für
Finanzderivate, dem in weiten Bereichen heutzutage, und wohl auch in
künftigen Zeiten, eine Schlüsselstellung für die Förderung des realwirtschaftlichen
Entwicklungsgangs in markt- und privatwirtschaftlich ausgerichteten
Volkswirtschaften und deren Fortbestand zukommt.
Eine höchst belangreiche und sehr notwendige
Rolle im Hinblick auf die Zuverlässigkeit und Integrität (Treu und Glauben)
von Börsentermingeschäften nimmt die einer Terminbörse angegliederte
Clearingorganisation ein. Ein geregelter
Terminhandel wäre schlechterdings gehemmt oder gar unmöglich, wenn Argwohn
und Misstrauen herrschte. Nur auf der Grundlage eines geltenden Börsengesetzes
zusammen mit einer Börsenordnung, und nicht zuletzt dank seiner Kapitalkraft,
vermag das Clearinghaus der Händlerschaft auf den Welt-Terminmärkten
ein hohes Maß gegenseitigen Vertrauens in einen ordnungsgemäß, klar
durchschaubar, jederzeit nachvollziehbar und glatt ablaufenden Handelsverkehr
mit derivaten Finanzprodukten einzuflößen. Überdies trägt ein nach genau
festgesetzten Regeln arbeitendes Margin- und Clearing-System in harmonischer
Verbindung mit einem modernen Handelsüberwachungs-, Preisfeststellungs-
und Abwicklungsverfahren (Settlement-System) entscheidend zu einer Milderung
des Ausfallrisikos bei und erhöht dadurch zugleich die Stabilität und
Liquidität des Terminkontrakthandels zum Besten des Ganzen. Die ordentliche
Erfüllung im Umgang mit Futures- und Optionsgeschäften gilt somit praktisch
als außer allem Zweifel gestellt. Einem allgemeinen Vertrauensschwund,
einer drohenden Gefährdung, Not leidenden Clearinghäusern, vielleicht
gar einem Zusammenbruch einer Börse oder etwa des gesamten Finanzgefüges
wird auf diese Weise höchst wirkungsvoll und dauerhaft entgegengewirkt.
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